Urlaub allein. Tilda -. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tilda -
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844246865
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gedacht, als auch laut ausgesprochen. Gleich kamst du dir albern vor, mit dem Fernseher ... mit dir selbst zu sprechen.

      Der Sprecher hatte zwar seine Nuschelphase sofort wieder überwunden, aber die Fernsehsendung war nicht mehr interessant genug, um noch weiter geschaut zu werden.

      Im nun dunklen Bildschirm spiegelte sich nichts anderes als du selber auf dem Polstersessel sitzend mit einer Ecke des Schreibtisches und mit der kahlen Wand hinter dir. Keine Gesichter, keine fremden Stimmen.

      Die Nacht verbrachtest du anfangs mit Grübeln, bis dir irgendwann, es war draußen stockdunkel, die Beleuchtung am Eingang war also abgeschaltet worden, endlich doch die Augen zufielen.

      – •°• –

      Dein Schlaf war tief, traumlos und vor allem lang. Auf jeden Fall war es für die guten Sachen am Frühstücksbuffet reichlich zu spät. So musstest du dich mit den letzten zwei Stück Vollkorngebäck (diese ovalen Dinger, die immer nach Sägespänen schmecken) und mit der viel zu sauren Kirschmarmelade zufrieden geben. Warum hat die der Vital-Opa nicht gegessen? Der isst ja sonst nur das Biozeug.

      Aber die Wirtin war eh nett, denn die Frühstückszeit war offiziell seit 20 Minuten vorbei.

      Der etwas dickliche Kellner begann bereits damit, fürs Mittagessen zu decken. »Heute ist kein gutes Wanderwetter. Es wird Regen geben« ließ er dich mit einem Blick auf deine Outdoorhose und auf deine Wanderschuhe wissen. »und morgen und übermorgen wahrscheinlich auch.« fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.

      »Das macht nichts. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung.« war alles, was dir dazu einfiel. Schließlich hattest du einen Entschluss gefasst und die Aussicht auf Regen würde dich davon nicht abbringen können. »Aber danke für den Tipp!« hast du dem Kellner rasch noch hinterher gerufen, als der geschäftig in Richtung Küche verschwand.

      Am Zimmer hast du eilig deinen Rucksack gepackt.

      {Notiere folgende Ausrüstung: Taschenmesser, Handy, Taschenlampe, Notfalltasche (darin: Taschentücher, Pflaster, Jodtinktur, Notfalltropfen, Ersatzbatterien, Kondom*), Wasserflasche (voll), ein Vollkornweckerl mit Kirschmarmelade, Brieftasche (mit allen Ausweisen und 45 Euro Bargeld)}

      Anm.: *das Kondom ist immer in der Notfalltasche, du hast einfach vergessen, es rauszunehmen. Ja, die Notfalltasche zählt, mitsamt allem Inhalt, als ein Gegenstand.

      Der Rest des Vormittags war schnell vorüber. Der Ort war zu klein für einen Baumarkt, aber groß genug für einen Haushalts- und Eisenwarenhändler, ein alter Familienbetrieb. Du hast eine feste, schwere Brechstange aus dem Regal genommen, denn die einzige Schaufel, die's dort gab, sah für dein Vorhaben nicht stabil genug aus. An der Kasse bist du deiner Wirtin begegnet, die neben allerlei Reinigungsmitteln auch zwei große Edelstahltöpfe aus der Küchenabteilung in ihrem Einkaufswagen liegen hatte. Das einstudiert freundliche Lächeln des Wiedererkennens gefror ihr im Gesicht, als sie sah, was du dir ausgesucht hattest. Auch ein besonders energisches Lächeln deinerseits samt einem zaghaften Winken mit der linken Hand zeigte kaum Reaktion. Es war ihr anzusehen, wie die kleinen Zahnrädchen in ihrem Kopf emsig arbeiteten, in der Hoffnung, deine Erzählungen über den lange und penibel geplanten Singleurlaub mit diesem Ding in deiner Hand in Einklang zu bringen.

      Aber da warst du schon dran mit Bezahlen. Froh über die Ablenkung, hattest du rasch den Markt verlassen, ohne dich noch einmal umzusehen.

      {Ergänze deine Ausrüstung um: +Brechstange; -12 Euro}

      Inzwischen hatte es leicht zu nieseln begonnen. Am Himmel waren dunkle Wolken aufgezogen – der Kellner sollte Recht behalten! Du zogst dir die Kapuze deiner Regenjacke über den Kopf.

      Ohne noch einmal auf dein Zimmer zu gehen, machtest du dich zielstrebig auf den Weg zur Rabenwand. Die Strecke war im örtlichen Tourismusprospekt als "Rundwanderweg mit steinigem, teils steilem Hohlweg zur Rabenwand, um zwei Drittel des Rabenstein herum führend und über die Sauerwiese (nicht mehr bewirtschaftete Alm) sanft zurück ins Dorf; Gehzeit 4,5 Stunden, nur für trittsichere Wanderer" beschrieben.

      – •°• –

      Jetzt, zwei Stunden später, erreichst du schnaufend den Fuß der Rabenwand. Die Brechstange ist verdammt schwer!

      {Ausdauer -2}

      Der markierte Weg geht nach links weiter, nach rechts zeigt eine verwittertere Holztafel, ein mit rostigen Schrauben direkt am Fels befestigter Wegweiser: "Zur Einhornhöhle (und mit Handschrift darunter:) wegen Steinschlaggefahr gesperrt".

      Da es ohnehin keinen sichtbaren Weg gibt, schlüpfst du durchs Unterholz, bei jeder Berührung einen Schauer aus Regentropfen von den Büschen auf dich herab schüttelnd. Als du schon nicht mehr dran glaubtest, hast du gefunden, wonach du gesucht hast: die Einhorngrotte.

      Mit diesem unheimlichen Seufzen hat sie dich begrüßt.

      Da stehst du nun. Bereit für dein Abenteuer.

       [Folge nun diesem Link]

      

Bitte wieder zurückblättern!

      Zurück zum Wanderweg

      Du gehst also durchs Unterholz zurück bis zur Abzweigung vom Rundwanderweg. Es war dir am Weg zur Einhorngrotte nicht so aufgefallen, aber der Hang ist steil und das nasse Laub ist rutschig. Du kommst nicht so schnell voran, wie du gedacht hast, musst dich oft an der Wand abstützen und einige Male bist du sogar ein paar Schritte auf allen Vieren unterwegs.

      {Ausdauer -1}

      Ohne Zwischenfälle erreichst du den Weg, rückst deinen Rucksack zurecht, klopfst das auf deiner Kleidung klebende Laub ab und willst eben weitergehen. Es ist mehr eine Ahnung, die dich mitten in der Bewegung erstarren lässt. Deine Nackenhaare stellen sich auf, als ob sie elektrisch geladen wären. Du kennst dieses Gefühl: Da stimmt etwas nicht!

      Langsam drehst du den Kopf. Tatsächlich! Da ist kein Wegweiser! Du bist dir aber sicher, vorhin einen gesehen zu haben. Genau dort, nämlich ... Nein! Da sind nur die Löcher im Fels.

      Schon wieder erlaubt sich jemand einen bösen Scherz! Warum ich?

      Du fährst mit den Fingern über den Stein und über die Bohrlöcher.

      Aber nein, das gibt's doch nicht! Nicht in diesem Leben!

      Die Löcher sind nicht frisch. Flechten wachsen am Rand und sind hineingewachsen – nicht beschädigte Flechten! Kein Abdruck eines Schildes ist zu sehen.

      Die Situation ist dir jetzt nicht mehr geheuer. Du hast wieder Gänsehaut auf deinen Unterarmen.

      Der Plan und die Entschlossenheit, ihn auszuführen, eine gehörige Portion Grusel und deine Neugierde, die Verlockung des Abenteuers sind die drei Gefühle, die in deinem Kopf abwechselnd wachsen, an Bedeutung gewinnen, um dann wieder vom nächsten verdrängt zu werden.

      Du versuchst eine Entscheidung zu treffen, während der Boden zu wanken scheint.

       [Weiter dem Rundwanderweg entlang um den Berg herum – weil Spazierengehen im Regen so erfrischend ist – und du jetzt Erfrischung brauchst?]

       [Direkt zurück ins Hotel – in etwas mehr als einer Stunde könntest du in deinem Zimmer eine heiße Dusche nehmen – und alles wäre wieder gut?]

       [Auf direktem Weg nochmal zurück zur Einhorngrotte – was immer dort sein mag, vielleicht kann es nicht länger warten – und hat deshalb das Schild abmontiert?]