Das Labyrinth der Medea. Gabriela Hofer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gabriela Hofer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783746731599
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aufstehen müssen. Es war noch dunkel draußen. Bald würde es dämmern. Hope teilte ein Abteil mit Betsy, George und Gideon. Die beiden passten wirklich gut zusammen. Es schien sich eine Freundschaft zu entwickeln. Hope schielte unter halb geschlossenen Lidern zu Gideon hin. Er war wirklich umwerfend ... so sexy. Die beiden Jungs lachten gerade über einen Witz von George. Hope fielen die Augen zu.

      Das gleichmäßige Rattern lullte sie ein und sie glitt in die Traumwelt hinüber. Betsy war zu aufgeregt zum Schlafen. Es war sicher aufregend ein Dorf zu besichtigen, in dem so viele arme Seelen - wahrscheinlich unschuldig - getötet worden sind. Wie konnte Hope da nur schlafen? O. k, sie hatte eine schwere Zeit hinter sich. Wer hätte gedacht, dass sie adoptiert worden war?! Betsy konnte sich nicht vorstellen, wie es war plötzlich zu erfahren, dass die Eltern gar nicht die Eltern waren, im biologischen Sinne natürlich. Sie würde aufjeden Fall immer für Hope da sein, denn sie war wie eine Schwester für Betsy. Gideon stupste sie mit der Schuhspitze an: „He, Betsy, ist das wahr, was in der Schule geredet wird? Ist Hope wirklich adoptiert worden?“ Betsy warf ihm einen finsteren Blick zu: „Dies, mein Freund, musst du sie schon selbst fragen. Über das Leben meiner Freundin rede ich nicht mit Jungs.“ Achselzuckend nahm Gideon dies zur Kenntnis und wandte sich wieder George zu. Betsys Gedanken beschäftigten sich wieder mit Hopes Problemen. Wer wohl die Eltern gewesen waren? Alles war wirklich sehr seltsam.

      So war jeder mit sich selbst beschäftigt, bis es Zeit war in den Car umzusteigen, der sie zum Camp bringen würde. Alle waren froh, als sich der Car in Bewegung setzte. Einige waren schon jetzt bis auf die Unterhose nass, denn es goss unterdessen in Strömen. Hoffentlich hörte das wieder auf, bevor sie ihre Zelte aufstellen mussten!

      Die Hoffnung war leider vergebens. Bei ihrer Ankunft hatte der Regen noch kein bisschen nachgelassen — und kalt war es außerdem. Das konnte ja heiter werden!

      Der Campleiter, Mr. Kelly, wies der Lehrerin den für die Klasse vorgesehenen Platz zu. Toll, nun konnten sie auch noch bis ganz ans Ende des Camps latschen. Die Lehrerin, Mrs. Phillips, lief fröhlich voraus. Sie hatte ganz eindeutig ein sonniges Gemüt! Der Rest folgte allerdings weniger begeistert.

      „Ist das romantisch hier!“, meinte Betsy, als sie ihren Lagerplatz erreicht hatten. Es war wirklich so; eine große Feuerstelle nahm die Mitte des Platzes ein, umgeben von vier hölzernen Tischen und Bänken. Im Hintergrund begann ein kleines Wäldchen, rechts des Platzes floss ein kleiner Bach, der nun aufgrund der heftigen Regenfälle deutlich angeschwollen war und ziemlich laut rauschte. Links des Platzes verlief eine zirka zwei Meter hohe Mauer, die das Ende des Camps markierte. Mrs. Phillips dankte Mr. Kelly, dann sagte sie zu den Schülern: „So, endlich haben wir es geschafft. Ein hübsches Fleckchen Erde hier. Schade nur, dass es so in Strömen gießt. Ihr habt nun eine Stunde Zeit, um eure Zelte aufzuschlagen — und bitte keine Streitereien wegen der Lage. Danach treffen wir uns im Restaurant zum Mittagessen und Aufwärmen. Bitte zieht für das Restaurant trockene Kleider an und nehmt den Regenschutz mit. Wir kehren nach dem Essen nicht mehr hierher zurück. Ein Mr. McMorris wird uns dann im Restaurant abholen und uns durch dieses Dorf führen. Vor dem Abendessen sind wir auf keinen Fall zurück. — Ach ja, vergesst das Schreibzeug nicht! Also los, an die Arbeit!“

      Die Aussicht, bald im Trockenen zu sein und etwas in den Magen zu bekommen, hob die Laune doch stark an. Betsy packte Hope am Arm und zog sie Richtung Waldrand. „Komm, Hope, wir schlagen unser Zelt dort hinten auf, beim Wald und in der Nähe des Baches.“ Sie war sofort damit einverstanden.

      „He, ihr zwei! Wartet auf uns! Wir kommen auch mit. So nahe am Wald braucht ihr doch sicher männlichen Schutz.“ George warf sich in die Brust. „Wo gibt es hier bitte Männer?“ Suchend sah sich Hope um. Betsy konnte ein Kichern nicht unterdrücken, fasste George aber bei der Hand: „Natürlich könnt ihr mit uns kommen. Nicht aus Sicherheitsgründen, sondern weil ihr unsere Freunde seid.“ Der so männliche George wurde rot wie eine Tomate, lief aber brav hinter Betsy her. Gideon und Hope folgten etwas langsamer. Gideon musterte Hope. Sie war wirklich ein hübsches Ding; was ihm aber noch besser an ihr gefiel, war ihr Charakter. Sie trat immer für die Schwächeren ein. „Hope, ich ... also ich wollte dich fragen, ob das Gerücht stimmt, das in der Klasse herumgeht. Bist du wirklich adoptiert worden? Bitte versteh mich richtig, ich bin nicht neugierig, doch ich habe gesehen, dass dich in letzter Zeit etwas sehr beschäftigt. Wenn ich dir helfen kann, dann sags einfach, o. k?“ Gideon sah Hope fest in die Augen. Diese war sehr gerührt. Er machte sich also Sorgen um sie ... oh, diese Augen! „Keine Angst, ich verstehe die allgemeine Neugierde völlig. Es ist nur so, dass ich im Moment mit mir selber genug zu tun habe, denn es stimmt, ich bin adoptiert worden. Meine wirklichen Eltern leben nicht mehr, das glaube ich zumindest.“ Stirnrunzelnd ließ sie ihren Rucksack von den Schultern gleiten. Sie hatten ihren Platz erreicht. Gideon tat es ihr gleich. „Wie soll ich das verstehen, weißt du es denn nicht genau?“ Hope schüttelte den Kopf und erzählte Gideon und George alles, was sie wusste, auch von den seltsamen Dingen, die ihr in letzter Zeit passiert waren. Nebenbei stellten sie ihre Zelte auf. Unterdessen froren sie entsetzlich.

      Schnell zogen alle trockene Sachen an und begaben sich in das Restaurant. Hungrig stürzten sich die Kids auf das Essen. Plötzlich wurde es schlagartig ruhig im Saal. Der Grund hierfür war das Erscheinen eines Mannes, was ja an und für sich nichts Besonderes sein sollte. Doch bei diesem hier verschlug einem schon alleine die Kleidung die Sprache, geschweige denn der Auftritt und sein Aussehen; er war wirklich umwerfend. Nach dem ersten Schock — man konnte die Gefühle wohl so interpretieren — setzte das allgemeine Tuscheln ein.

      „Mensch, seht mal, der sieht aus wie ein Zauberer; schon dieser Umhang und die langen zu einem Schwanz zusammengebundenen Haare! Das Beste aber ist der Bart! Pfui Teufel, da hast du doch immer was davon in der Suppe.“ Gideon schüttelte sich vor Ekel. George und Betsy stimmten ihm sofort zu. Doch eines mussten sie sagen: Dieser kauzige Typ hatte Charisma — wenn auch kein gutes. Seine Anwesenheit wirkte irgendwie bedrückend. Hope hatte bis jetzt nichts gesagt. Ihre Augen waren groß aufgerissen und starrten wie hypnotisiert auf diesen Mann. Ihr Unterbewusstsein signalisierte Gefahr — und zwar große Gefahr. Sie erschrak heftig, als plötzlich Betsy an ihrem Pulli riss: „Hope, was hast du denn? Du bist ja kreidebleich!“ Auch Gideon und George schauten sie besorgt an.

      Hope zeigte auf den „Zauberer“: „Dieser Mann ist grund- böse! Er hat viele Menschen auf dem Gewissen, nein, auch Hexen und Zauberer! Er ist sehr gefährlich!“

      „Sag mal, spinnst du? Wach auf, Hope, wir sind im 20. Jahrhundert!“ Betsy schüttelte sie leicht. Wie aus einem Traum erwachend zuckte sie zusammen: „Was habe ich soeben gesagt?“ Hope strich sich verwirrt das ungeordnete Haar aus dem Gesicht. Gideon betrachtete sie, wie man ein Alien anschaut, das einem soeben über den Weg gelaufen ist. „Willst du sagen, du hast keine Ahnung, was du eben von dir gegeben hast?“ Hope verzog kläglich das Gesicht und schüttelte den Kopf: „Nein, keine Ahnung. Was habe ich denn gesagt?“ Die drei Freunde klärten sie auf. Die Augen des Mannes bei der Tür begegneten ihren. Sofort erfüllte sie wieder ein Gefühl der Angst. In seine Augen trat ein seltsames Leuchten. Was hatte dies alles nur zu bedeuten? Wieso reagierte sie so extrem auf diesen Typen? „Was meinte ich wohl damit, dass er viele Hexen und Zauberer auf dem Gewissen hat? Das kann ich doch gar nicht wissen!“ Am besten, man vergaß den ganzen Blödsinn. „Ach, das war sicher nur eine Spinnerei, nichts weiter“, tat sie das Ganze ab. Die drei Freunde waren skeptisch, akzeptierten aber ihre Entscheidung.

      Mrs. Phillips machte sich durch Klatschen bemerkbar: „Seid einen Moment still, bitte! Mr. McMorris wird uns nun gleich zu diesem Dorf der Hexen fuhren. In zehn Minuten treffen wir uns vor dem Haupttor. Es regnet immer noch in Strömen, also kommt mit entsprechender Kleidung. Wir halten uns doch relativ oft im Freien auf, außerdem benötigen wir noch zirka eine halbe Stunde bis dorthin, zu Fuß selbstverständlich. Also, wasserdichte Schuhe anziehen.“ Sie verließ mit diesem seltsamen Typen das Restaurant.

      Die meisten Schüler interessierte es überhaupt nicht, was vor so langer Zeit geschehen war, die Ausnahme waren natürlich Betsy — sie platzte beinahe vor Neugier — und Hope, welche allerdings aus einem anderen Grund interessiert war. Ein unterschwelliges Gefühl warnte sie vor diesem Dorf. Vielleicht erfuhr sie jedoch dort etwas, das ihr helfen konnte zu verstehen. Hexen waren ja schließlich auch anders gewesen als die