Casa Pipistrelli Das Haus der vergessenen Dinge. Peter Platsch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Platsch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741821790
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mit dem Kätzchen hätte ich doch nicht tun sollen.“ Widerwillig drückt er mit der großen Fußzehe auf die Off-Taste seiner Stereoanlage.

      In die plötzliche Stille fragt Selma: „Soll ich dich Vokabeln abhören?“

      „Nein, wir haben nur Mathe und Deutsch auf.“ Er will jetzt nicht Selma unter die Augen treten. Schlecht gelaunt setzt Peter sich an seinen Schreibtisch und holt seine Hefte aus dem Schulrucksack. „Verdammt ist der schwer.“

      Er schlägt sein Hausaufgabenheft auf und schaut dabei aus dem Fenster. Das Kätzchen ist verschwunden aber sein schlechtes Gewissen bleibt.

      Peter braucht sehr lange für seine Hausaufgaben, denn er schaut immer wieder aus dem Fenster in den Garten. Das Wasser im Pool glitzert golden in der untergehenden Sonne, er achtet nicht darauf, schon als Baby hat er darin geplanscht, das Kätzchen bleibt verschwunden.

      Normalerweise war das Abendessen stets der Teil des Tages, an dem die ganze Familie beisammen saß, seine Eltern wissen wollten, was er tagsüber so gemacht hat, wie es in der Schule gelaufen ist, ob es Probleme gab und manchmal fragten sie auch, ob er glücklich sei. Es gab auch Schelte, wenn er seine klebrigen Finger gedankenlos über das T-Shirt strich anstatt die Servierte zu nehmen. Aber es waren doch die Stunden, an denen er seine Eltern fast für sich hatte.

      In der letzten Zeit saßen sie kaum noch zum Essen beisammen. Meistens aß er mit Selma zu Abend.

      Seine Mutter wirbelt ins Haus, als sie gerade ihre Teller in die Küche tragen. Ein flüchtiger Begrüßungskuss. „Hallo, mein Schatz, ihr habt ja schon gegessen?“

      „Selma, für mich bitte nur etwas Salat, ich muss noch telefonieren.“

      Dann verschwindet sie, mit dem Handy am Ohr, in ihrem Arbeitszimmer und er hört nur noch: ....ja, ja wenn Sie meinen, dann schau ich mir das gleich noch einmal an.“

      Mama ist Rechtsanwältin und arbeitet für einen großen Konzern, dessen einzelne Firmen über die ganze Welt verstreut sind. So passiert es oft, dass das Telefon läutet, wenn alle noch oder schon schlafen.

      „Mama, kuscheln wir noch auf der Couch und schauen uns die Simpsons an?“

      „Ich muss nur schnell etwas durchlesen, dann komme ich zu dir, schalte doch schon mal an.“

      Selma kommt aus der Küche und trocknet ihre nassen Hände an der Schürze.

      „Du könntest schon deinen Schlafanzug anziehen und die Zähne putzen, bis deine Mama kommt.“

      Peter hat schon eine patzige Antwort auf den Lippen aber er will Selma nicht noch weiter verärgern. Vielleicht hat sie das Kätzchen schon vergessen und wird Mama nichts erzählen.

      Widerwillig, langsam steigt er die Treppe hinauf in sein Zimmer und setzt sich vor seine Playstation. Von unten hört er seine Mama immer noch telefonieren.

      „Hallo, ist noch jemand auf?“

      Peter springt barfuß die Treppe hinunter und wagt einen Hechtsprung in die ausgebreiteten Armen seines Vaters.

      „Hi mein Großer, alles klar?“

      „Na jaa“, nuschelt Peter und schlingt seine Arme um den Hals seines Vaters.

      „Na, gab es Probleme?“

      „Ja, heute am Pool, als ........“, beginnt Selma mit fester Stimme und legt am Esstisch zwei Gedecke für die Eltern auf.

      Peter blickt mit zornig zusammengekniffenen Augen zu Selma, aber die schaut ihn ruhig an.

      „Wissen Sie, unser Peter hat ...“, in diesem Augenblick kommt Peters Mama in das Esszimmer zurück. Sie hält noch das Handy in der Hand, geht auf ihren Mann zu, der Peter immer noch festhält und gibt beiden einen herzhaften Kuss.

      Selma denkt, das habe auch noch bis morgen Zeit und fragt, ob Peters Eltern gemeinsam essen wollen und verschwindet wieder in die Küche.

      `Uff, das war knapp´, denkt Peter und versucht, seine Eltern von Selams Ankündigung abzulenken.

      „In zwei Wochen beginnen die großen Ferien, wo fahren wir denn dieses Jahr hin?“

      Peters Eltern schauen sich unsicher an.

      „Wir haben darüber noch gar nicht nachgedacht“, antwortet sein Vater zögernd und blickt hilfesuchend zu seiner Frau. Sie blickt auf ihr Handy.

      „Das wird dieses Jahr problematisch. Ich muss unbedingt bis September den Vertrag mit der amerikanischen Firma noch hinkriegen. Ich habe Dir doch von San Antonio erzählt “.

      „Ja, und ich muss die Produktionsverlagerung nach China noch dieses Jahr über die Bühne bringen.“

      Beide blicken erst auf ihre Hände, dann entschuldigend zu Peter.

      „Das fällt euch ja verdammt früh ein“. Peter kann seine Enttäuschung und seine Tränen nicht unterdrücken. Beleidigt rennt er die Treppe hinauf und schlägt laut seine Zimmertür hinter sich zu.

      „Oh je, jetzt ist aber einer sauer, ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass schon bald Schulferien sind, was machen wir jetzt?“

      „Ich muss unbedingt nach China und das für mindestens zwei Monate. Am besten ist, du fährst mit Peter zwei Wochen ans Meer.“

      „Das geht nicht“, braust Peters Mutter auf. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich den Vertrag mit den Amerikanern verhandle und deshalb die nächste Zeit verfügbar sein muss, das ist genauso wichtig wie deine Chinesen.“

      Peter steckt sich seine Kopfhörer in die Ohren. „Jetzt streiten sie wieder, wer den wichtigsten Job hat und vergessen dabei, dass ich auch noch da bin.“

      „Alles soweit in Ordnung mein Großer? “ Peters Vater hat die Tür einen Spalt geöffnet und streckt den Kopf in das Zimmer.

      „Nein, ich möchte, dass wir alle zusammen in den Urlaub fahren“, quengelt Peter und zieht sich die Bettdecke über den Kopf.

      „Ok, ok ich lasse mir etwas einfallen. Gute Nacht, Mama kommt auch gleich.“

      Peter verkriecht sich immer noch unter seiner Bettdecke, als sich seine Mama auf das Bett setzt und versucht, ihn unter der Decke zu kitzeln. Aber ihm ist es gar nicht nach einer zärtlichen Rauferei oder Kissenschlacht zumute.

      „Ich will, dass wir alle in Urlaub fahren“, klingt es dumpf aus der Zudecke.

      „Für einen Gutenachtkuss lasse ich mir etwas einfallen.“

      Peter schlägt die Zudecke zurück, schlingt die Arme um seine Mama und beide fallen lachend ins Bett.

      „Versprochen?“

      „Versprochen!“

      „Lass die Tür auf“, ruft ihr Peter nach, als sie sein Zimmer verlässt.

      Bevor er einschläft, hört er seine Eltern wieder streiten:

      „......ich rede mit meinem Chef ...keine Chance ....vielleicht Ende der Ferien ....die paar Tage ....alle oder keiner...., das ist eine gute Idee....“

      Als Selma ihn weckt, ist Peter noch richtig müde. Er hat die ganze Nacht nur vom Meer, hohen Wellen, Sandkrokodilen, die nach ihm schnappten und von einem großen düsteren Haus geträumt.

      „Beeile dich“, ruft seine Mutter, die in der Küche auf und ab läuft, in der einen Hand das Handy und in der anderen eine Tasse Kaffee. Sein Vater hat schon gefrühstückt und das Haus verlassen.

      Selma schenkt ihm, wie immer eine Tasse Kakao ein und legt ihm zwei Marmeladentoasts auf den Frühstücksteller. Sie gibt ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf und er weiß, dass sie noch nichts über den gestrigen Vorfall den Eltern erzählt hat.

      Trotzdem