Das Regenbogentor. Ron. F. Landis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ron. F. Landis
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745005783
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jetzt gefüllt. Die Götter würden zufrieden sein, und die Subterronen konnten die Arbeit ein wenig ruhen lassen und etwas freie Zeit genießen.

      Nachdem die Subterronen wieder eine wichtige Rolle im Weltgefüge spielten, standen sie nun unter dem besonderen Schutz der Götter. Sie produzierten die Kristalle in ihren unterirdischen Laboren. Ihr Höhlensystem war weitverzweigt und aufgrund der geringen Höhe durch andere intelligente Lebewesen nicht zugänglich. Hier bauten sie alle nötigen Rohstoffe ab, die für die Kristallproduktion nötig waren. Sie alleine bestimmten ihre Organisation und ihre Arbeitsabläufe. Mit ihrer Größe von knapp einem halben Meter konnten sie sich äußerst flink in den niedrigen, schmalen Gängen bewegen.

      Die intelligenten Pelzwesen galten als enorm diszipliniert und produktiv. Das war für die Götter wichtig, denn sie brauchten zuverlässige Arbeiter, die eine lückenlose Versorgung sicherstellten. Noch wichtiger waren jedoch die Ergebnisse selbst, die konsumierbaren Kristalle.

      Eine besondere Entlohnung gab es für die Arbeit der Subterronen nicht. Aber sie waren nun gegen alle Angriffe ihrer natürlichen Feinde gefeit. Das war den verletzlichen Wesen mehr wert, als alle nur erdenklichen Reichtümer. Denn in früheren Zeiten, als ihre Dienste nicht mehr gefragt waren und sie nicht unter dem Schutz der Göttern standen, waren sie allen möglichen Schikanen aufgrund ihrer schwachen Konstitution ausgeliefert, sobald sie sich außerhalb ihrer sicheren Behausungen aufhielten. Dafür sorgten die hinterhältigen Mollusker oder die brutalen Waranen, die ihren Spaß daran hatten, andere Lebewesen zu quälen. Einfach nur so zum Zeitvertreib.

      Einzig die Bura waren ihnen wohlgesonnen. Das lag auch daran, dass diesen für Kämpfe und Intrigen keine Zeit blieb. Sie waren für den Anbau der Feldfrüchte und für die Zucht von Nutztieren verantwortlich. Sie lebten in kleinen Dorfgemeinschaften und benutzten für ihre Arbeit archaische Werkzeuge wie Pflüge und Sensen, obwohl die Götter über einige Gerätschaften verfügten, welche ihre Tätigkeiten erleichtert hätten. Diese Dinge besaßen übernatürliche Kräfte. Es stand den Bura aber nicht zu, sie zu benutzen. Das war alleine den Göttern vorbehalten.

      Die Welt brauchte Nahrung, und die Bura lieferten sie. Nicht nur das. In ihren Manufakturen produzierten sie alle Gebrauchsgegenstände für den täglichen Bedarf. Die Bura waren somit voll ausgelastet und bildeten das wirtschaftliche Rückgrat dieser Welt. Für Händel blieb ihnen keine Zeit. Das war aber nicht der alleinige Grund für ihre Friedfertigkeit, denn ihr Charakter war von Geradlinigkeit und Ehrlichkeit geprägt.

      Sie mussten einen Teil ihrer Ernte an die Götter abführen. Das war jedoch nicht genug. Die Weltenlenker verlangten noch mehr. Die Bura waren für ihr persönliches Wohlergehen verantwortlich. Das bedeutete, dass einige Auserwählte als Dienstboten verpflichtet wurden. Ihr Abhängigkeitsverhältnis war ähnlich dem der Subterronen. Das bedeutete auch für sie Schutz vor den Waranen und Molluskern.

      Von den Pelzwesen holten sie in regelmäßigen Abständen die fertig produzierten Kristalle ab und lieferten diese auf das Hochplateau zu den Göttern. Dadurch entstand zwar keine enge Freundschaft zwischen den ungleichen Lebewesen, aber eine gute Zusammenarbeit in gegenseitigem Respekt.

      Waffen besaßen die Subterronen nur wenige, und diese waren aufgrund ihrer geringen Größe nicht besonders wirksam. Doch sie brauchten die Waffen nicht mehr, da sie jetzt vor ihren Feinden geschützt wurden. Sie mussten nur in der Lage sein, die Götter zu jeder Zeit mit Rauschkristallen versorgen zu können. Sollten Engpässe auftreten, wäre ihnen der Zorn der Weltenlenker gewiss gewesen. Es war nicht so, dass dadurch die Existenz der Pelzwesen gefährdet worden wäre. Nein, ganz und gar nicht, denn die Götter waren ja von den Produzenten der Kristalle abhängig. Niemand anders hätte einspringen können. Aber mit der relativen Freiheit, welche die Subterronen genossen, wäre es zu Ende gewesen. Sie wären versklavt worden und hätten unter Zwang und ständiger Aufsicht arbeiten müssen.

      Chotors Traum

      Chotor lag im Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachen. Traum und Wirklichkeit konnte er noch nicht voneinander trennen. In seinem Traum befand er sich soeben noch am Ufer des Göttersees. Das Licht drang nur spärlich durch das dichte Laubwerk. Wo es die Wasseroberfläche erreichte, tanzten sekundenlang goldene Reflexe. Sie verschwanden und tauchten an anderer Stelle wieder auf. Die Stimme, die Chotor eben noch deutlich vernahm, verstummte langsam. Sie war scheinbar aus den Tiefen des Gewässers gekommen. „Baue die Götterburg zu deinem Ruhm und deiner Ehre, Chotor“, flüsterte sie. „Du wirst der Erste und der Mächtigste unter den Göttern sein! Die ganze Welt liegt dann nur dir allein zu Füßen!“ Das Hauchen der Stimme vermischte sich mit dem leisen Blubbern des Wassers: „Baue die Burg! Baue die Burg…“

      „Wer…, wer bist du?“ Chotor war fasziniert und argwöhnisch zugleich.

      „Ich bin die Göttin der Tiefe! Ich sehe die Vergangenheit und die Zukunft, besonders deine Zukunft.“ Es war nur ein Raunen, das an Chotors Ohr drang.

      „Ich höre nur deine Stimme. Aber ich sehe dich nicht. Zeige dich!“

      „Diesen Wunsch kann ich dir nicht erfüllen. Da müsstest du zu mir in die Tiefe hinabsteigen.“

      „In die Tiefe hinab? Was heißt das? Meinst du auf den Grund des Göttersees?“

      „Genau! Das meine ich. Das wird dir aber nicht gelingen. Du nennst dich zwar Gott, aber du würdest sofort in den Fluten umkommen! Hier bei mir stößt du an die Grenzen deiner Allmacht.“

      „Ich bin einer der Weltenlenker und beherrsche mit 36 anderen Göttern die Welt. Uns müssen alle Lebewesen gehorchen, und wir sorgen außerdem dafür, dass Bagh jeden Tag Licht und Wärme spendet!“

      „Ja, ja, das weiß ich alles. Aber so wie ihr die Götter dieser Welt seid, die vom Felsmassiv bis zu den Sümpfen reicht, bin ich die Göttin der Tiefe, die sich außerhalb eurer Welt befindet.“

      „Und du willst, dass ich eine Burg baue, eine Götterburg? Und, dass ich der Mächtigste unter den Göttern sein werde?“

      „Es ist nicht mein Wille. Ich sende dir nur die Botschaft.“

      „Die Botschaft? Von wem?“

      „Das zu verraten, bin ich nicht befugt.“

      „Göttin der Tiefe, ich will dich nicht weiter zu einer Antwort drängen. Aber eines verrate mir. Was hat es mit dieser Götterburg auf sich. Wie soll diese aussehen?“

      „Ich will dir eine Vorstellung geben, wie dieses grandiose Bauwerk aussehen könnte. Sieh es dir genau an. Dann wirst du erkennen, wie du zum mächtigsten aller Götter aufsteigen könntest. Es liegt allein bei dir. Ich selbst werde nun wieder in mein Reich der Tiefe zurückkehren.“

      Die letzten Worte der Göttin waren kaum noch verständlich. Sie gingen im sanften Plätschern der Wellen unter. Chotor konnte nur noch erahnen, dass es sich wieder um ihren Appell handelte: „Baue die Burg! Baue die Burg!“

      Gleichzeitig schlug Chotor eine Erscheinung in Bann, die sich ihm für immer einprägen sollte. Die Wasseroberfläche des Göttersees glättete sich. Im Wasser wurden plötzlich Konturen sichtbar. Mächtige Mauern mit Zinnen, gewaltige Türme und ein goldenes Tor bildeten ein harmonisches Ganzes, das die Schwärze des Sees verdrängte und in gleißendem Licht erstrahlte. Chotor kam es so vor, als ob er in dieses Bild eintauchte. Er begab sich auf eine virtuelle Reise ins Innere der Burg. Prunk und Glanz in riesigen Sälen, edle Gemächer, festliche Gelage und tanzende Nymphen verzückten Chotor. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl erfüllte den Gott. Und der Wunsch, dies alles zu besitzen. Nicht nur diese Götterburg, sondern als oberster Burgherr auch die Macht über alle anderen Götter!

      Mit diesen Bildern im Kopf erlangte er allmählich wieder sein volles Bewusstsein. Es war, als ob er durch einen langen Tunnel vom gleißenden Licht zurück ins Dunkel marschieren müsste. Die Wirkung der Kristalle ließ langsam nach. Und er wünschte sich, er wäre niemals aus diesem Rauschzustand erwacht. Nun fand er sich in seiner Felsenwohnung auf dem Hochplateau wieder. Sein Schlafsaal, obwohl von beeindruckenden Ausmaßen, kam ihm plötzlich schmucklos und bescheiden vor. Und überhaupt, waren die Wohnungen der Götter hier zwischen den Felsen des Hochplateaus