Ziegelgold. Tom Brook. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tom Brook
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844215175
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fiel vor Schreck fast von seinem Stuhl. „Äh ... ja ja ... das ist unser Projekt über die Herbstferien ... äh ... können Sie das lesen?“ Alex' Mutter musste lachen. „Warum bist du denn so nervös Tim? Nein, das kann ich nicht lesen. Aber Tante Lotte sitzt gerade zum Kaffee im Wohnzimmer. Die kann die altdeutsche Schrift noch lesen. Willst du nicht mal hallo sagen, Alex?“ Alex verzog das Gesicht. Eigentlich mochte er Tante Lotte, aber sie war so furchtbar neugierig, hörte schlecht und hatte eine Umarmung wie ein Schraubstock. Seit ihr Mann vor einigen Jahren gestorben war, galt ihre ganze Liebe ihrem Mops Phillip, der durch wenig tiergerechte Nahrung bald das Gewicht einer deutschen Dogge haben würde. Außerdem wunderte sie sich bei jedem Besuch, 'wie groß der Junge geworden ist'. Alex' Mutter knuffte ihn am Arm. „Los, komm schon, ich habe extra Waffeln gebacken.“ Tim strahlte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Los Kumpel, man lässt seine Tante nicht warten. Und frische Waffeln schon gar nicht.“

      „Mensch, bist du groß geworden“, rief Tante Lotte, als die Freunde ins Wohnzimmer kamen. Alex verdrehte die Augen. Tante Lotte trug ein pfirsichfarbenes Hängekleid und einen kleinen Hut mit Plastikkirschen und sah aus, als käme sie direkt von einem englischen Pferderennen. Alex' Vater meinte einmal, Tante Lotte habe im Internet einen Shop gefunden, der die alten Klamotten der englischen Königin verkaufen würde. Eigentlich war sie die Tante von Alex' Mutter, aber Alex hatte sich seit seiner frühen Kindheit an den Beinamen Tante gewöhnt, und irgendwie passte der auch gut zu ihrem Äußeren.

      „Komm mein Junge, lass dich mal knuddeln.“ Tante Lotte drückte Alex so fest an ihre mächtigen Busen, dass Tim für einen Moment den Eindruck hatte, Alex' Augäpfel würden hervor treten. Nachdem sein Freund sich nur mühsam aus der Umklammerung befreit hatte, setzten sich beide aufs Sofa und stürzten sich auf die warmen Waffeln. Während Alex sich einen Berg Schlagsahne auf die Waffel packte, überlegte er krampfhaft, wie er das Thema auf das Tagebuch lenken sollte. „Unn wasch maschti Schule“ fragte Tante Lotte kauend, während sie Mops Phillip die andere Hälfte der Waffel mit Sahne ins Maul schob, an der der Hund fast erstickt wäre. „Ab 200 Gramm wird’s undeutlich“, murmelte Alex leise. Er hatte keine Lust, seine schulischen Leistungen jetzt schon mit seiner Großtante zu diskutieren. „Ab zwei Hunden wird’s unfreundlich? Wieso? Ich will mir gar keinen zweiten Hund kaufen. Außerdem ist Phillip immer freundlich“, schmollte sie und drehte Alex beleidigt den Rücken zu.

      Alex' Mutter erkannte den richtigen Zeitpunkt, in die etwas holperige Unterhaltung einzuschreiten. „Tante Lotte, die beiden haben ein Schulprojekt und müssen dafür einen handgeschriebenen, altdeutschen Text lesen. Kannst du ihnen dabei helfen?“, brüllte sie ihre schwerhörige Tante an. Die wurde auf einen Schlag wieder freundlich. „Natürlich. Selbstverständlich helfe ich euch gerne. Was lest ihr denn? Gedichte?“, fragte sie zuckersüß. Bevor Alex antworten konnte, riss sie ihm schon das Büchlein aus der Hand und setzte sich eine Brille auf, die entfernt an einen Schmetterling erinnerte. Tim hatte ein Lesezeichen ins Tagebuch gelegt, um den 13. Oktobers 1936 schnell wieder zu finden. Prompt blätterte Tante Lotte gut gelaunt genau diese Seite auf und fing leise an zu lesen.

      Tim und Alex hielten den Atem an. Fanden sich in dem Tagebuch Hinweise auf den Mord an Henk Deependaal vor 70 Jahren, oder waren es ganz banale Aufzeichnungen eines Menschens, die überhaupt nichts mit der Sache zu tun hatten? Tante Lotte las hochkonzentriert die alte, schon leicht verblichene Schrift. Alex meinte zu erkennen, wie ihre Atmung schneller und ihre Gesichtszüge härter wurden. Im Wohnzimmer wurde es ganz still, nur das Ticken der alten Wanduhr war zu hören. Nach einigen Minuten ließ Tante Lotte langsam das Büchlein sinken und blickte starr geradeaus. Ihr Gesicht war kreideweiß. Alex verbog vor Aufregung seine Kuchengabel. „Oh Gott!“, stammelte Tante Lotte und blickte die Freunde mit trüben Augen an. Selbst Phillip wurde unruhig und fing leise an zu winseln.

      Alex' Mutter hörte auf zu lächeln. „Was ist hier los? Wo habt ihr das Buch überhaupt her?“ Sie blickte die Freunde eindringlich an. Alex sah Tim Hilfe suchend an. In solchen Situationen hatte Tim meistens die besseren Einfälle. Aber der saß nur auf dem Sofa, sagte kein Wort und blickte krampfhaft auf seine Füße. Endlich brach Tante Lotte ihr Schweigen. „Ich wünschte, ich hätte das hier nicht gelesen.“ Alex und Tim hielt es kaum noch auf dem Sofa. Die Spannung im Raum war förmlich zum Greifen. Tante Lotte seufzte tief. „Hier schreibt doch tatsächlich jemand in allen Einzelheiten, wie er ein kleines Lamm geschlachtet hat. Igitt, war das eklig.“

      Alex und Tim sahen sich ungläubig an. „Äh, das war alles? Und sonst? Steht da gar nichts besonderes drin?“ Tante Lotte genehmigte sich noch einen Schluck Cognac. „Also, der Tagebuchschreiber schrieb noch, dass es mittags Bohnensuppe gab, dass er abends Rückenschmerzen vom Schlachten hatte und das irgend welche Steine am nächsten Tag gebrannt werden sollten.“ Tim stand enttäuscht vom Sofa auf. „Ich muss jetzt nach Hause. Danke für die Waffeln und den Kakao.“ Mit einer schnellen Bewegung schnappte er sich von der verdutzten Tante Lotte das Tagebuch und ging zur Tür. Alex folgte ihm hastig.

      „Na, zufrieden, du Superdetektiv?“ Tim war enttäuscht und sauer zugleich. „Die ganzen Dinge haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Einfach lächerlich, wenn wir glauben, dass wir einen Mord aufklären können, der 70 Jahre her ist und dass wir so ganz nebenbei noch einen Goldschatz finden. Ich gehe jetzt nach Hause. Tschüß.“ Alex hielt seinen Freund an der Schulter fest. „Warte! Deependaal ist am 13. Oktober 1936 ermordet worden. Und der Tagebuchschreiber hat in der Ziegelei gearbeitet, weil in dem Tagebuch etwas von Ziegelsteinen stand, die noch gebrannt werden müssten. Der muss doch etwas mitbekommen haben. Es wurde doch nicht jeden Tag ein Mensch in der Ziegelei umgebracht.“ Tim blickte auf das Tagebuch und sah dann seinen Freund nachdenklich an. „Egal, ich muss jetzt erst mal auf andere Gedanken kommen. Wir sehen uns morgen.“ Alex blickte seinem Freund nachdenklich hinterher, bis der in der Dämmerung verschwunden war.

      „Na, ist sie noch da?“ Erschrocken drehte sich Alex um. Unbemerkt hatte sich sein Vater von hinten mit dem Rad genähert. Er trug seinen ölverschmierten Overall und kam anscheinend direkt aus der Werkstatt, die er mit seinem Freund Martin in einem alten Bauernhof eingerichtet hatte. Mit quietschenden Bremsen stoppte er direkt vor Alex Füßen.

      „Wie? Wer?“ Alex hing noch seinen Gedanken nach. „Na, Tante Lotte. Oder wen hat Mama sonst noch zum Kaffee eingeladen?“, fragte sein Vater amüsiert. Anscheinend war er bester Laune. Alex musste lachen. Sein Vater fand Tante Lotte zwar nett, aber wegen ihrer Neugier doch etwas anstrengend. Deshalb suchte er meistens das Weite, wenn sie im Anrollen war. „Ja, die ist noch da. Sie trinkt gerade ihren zweiten Cognac, weil sie das mit dem Lammschlachten so eklig fand“, antwortete Alex lachend. Sein Vater sah ihn ratlos an. „Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?“ Dann musste auch er lachen. „Komm, hol dein Rad. Wir beide gehen noch ein spätes Eis bei Nuccio essen, bis Mamas Tantchen mit ihrem Kampfhund abgezogen ist“

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