Die Welt um sich her vergessend, hatte sich Samantha ihren Gefühlen hingegeben. Hatte für einen kurzen Zeitraum zugelassen, dass ihre Gabe an die Oberfläche stieg.
Dass sie in die Welt hinaus strömte. Als der Rausch abebbte und sie ruhiger wurde, vernahm sie ein Klingen, wie von tausend winzigen Silberglocken.
Lauschend stand sie still und ein süßes Gefühl durchströmte sie, als sie an einen festen Körper gezogen wurde. Heiße Lippen pressten sich gegen ihren Hals.
Erschrocken fuhr sie herum und sah hinauf, in stahlgraue Augen.
„Es tut mir Leid, ich hätte das nicht tun sollen!“ Johns Stimme war sanft und entschuldigend, doch eine Spur zu rau. In seinen Augen gewahrte sie ein Funkeln, das sie erschauern ließ.
Enttäuscht nahm sie war, wie er seine Hände von ihr zurück zog und in der Unwissenheit, was er mit ihnen machen sollte, in die Hosentaschen steckte. „Es war nicht richtig. Doch ich werde wahnsinnig, wenn ich dich sehe und rieche. Wenn ich dir so nah bin, dich aber nicht berühren darf. Ich…“ Sich auf die Zehenspitzen stellend, unterbrach sie ihn durch einen scheuen Kuss auf den Mund. Aufstöhnend, schloss John seine Arme um sie und zog sie an sich. Als sich ihre Lippen fanden, durch lief sie ein Schauer. Samantha war es, als würde sie schweben. Von der
Leidenschaft seiner Küsse mit fort gerissen, gab sie sich ganz diesem berauschenden Gefühl hin. Sehnsüchtig erwiderte sie seine, immer mehr fordernden, Küsse. Dann war seine Zunge, plötzlich in ihrem Mund und forderte ihre, zu einem aufreizenden Duell. Sehnsuchtsvoll stöhnend, schmiegte sie sich fester in seine Umarmung und zog ihn weiter zu sich herunter. Dass sie plötzlich im Gras lag, nahm sie erstaunt und doch eher passiv wahr. Seine Hände waren überall. Sie strichen über ihren Hals, hinunter zu ihren Brüsten, verweilten dort einen Augenblick, nur um daraufhin
weiter zu ihrem Bauch zu wandern. Mit seinen Lippen zeichnete er glühende Spuren auf ihre Haut, die sie erschauern und die Welt um sie herum vollständig vergessen ließen. Johns Hände, mit denen er so unglaublich sanft und doch fest über ihren Körper glitt, sowie seine Lippen, die ihre Haut verbrannten, sprachen von einem unglaublichen Glück. Ein Glück, das noch vor ihnen lag. Es ließ sie in Vorfreude erschauern. Sie erstarrte, als sie seine Hand auf ihrem bloßen Schenkel spürte, wie sie dort höher glitt und an der Innenseite entlang ihren Weg fortsetzte.
Jäh war sie wieder in der Wirklichkeit, stieß sie seine Hand beiseite, sprang auf und zog sich von ihm zurück. „Bitte nicht. Lass mir Zeit! Ich habe noch nie… Es wäre…“ Ihr einen Finger auf die Lippen legend, unterbrach er das Gestammel und sah sie verständnisvoll aus seinen nun dunkel wirkenden Augen an. „Psst, es ist okay! Du hast ja Recht. Niemals werde ich dich gegen deinen Willen zu etwas zwingen. Nie werde ich zulassen dass dir Leid angetan wird.“ Sie in seine Arme ziehend, legte er ihren Kopf gegen seine Brust. Mit rauer Stimme, raunte er ihr sein Geständnis ins Ohr. „Sammy, ich liebe dich!“ Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Nie hatte sie sich, für besonders anziehend gehalten. Doch jetzt fühlte sie sich schön – verführerisch schön. „Ich liebe dich auch! Johnny, ich glaub ich träume. Das kann nicht Wirklichkeit sein! Kneif mich, bitte.“ John tat etwas weitaus köstlicheres als das. Ihr Kinn, sanft mit einem Finger anhebend tauchte sein Blick in ihren. Seine Gefühle spiegelten sich in seinen Augen wider. Sein Kuss war wie ein Versprechen. Als sie sich dann atemlos von einander lösten, sah er ihr lächelnd in die Augen. „Glaubst du es jetzt?“ Schmunzelnd, den Kopf leicht zur Seite geneigt sah, sie aus unergründlich schönen Augen, zu ihm auf. „Nein, so ganz noch nicht!“ Mit einem verschmitzen Lächeln, zog sie seinen Kopf zu sich hinunter und hauchte einen Kuss, so zart wie Gänseflaum, auf seine Lippen. Diese zarte und flüchtige Berührung, ließ ihn erschauern. Als sie ihn daraufhin wieder an sah und ihm dieses Lächeln schenkte,
das nur ihr eigen war, wusste er, dass er reicher nicht sein konnte. „Jetzt glaub ich es!“ Lachend löste sie sich von ihm und lief über die Wiese zum See. John lief ihr nach, holte sie ein und hob sie hoch. Wild mit den Beinen strampelnd, schimpfte sie mit ihm. Doch strahlten ihre Augen dabei, wie zwei Sterne, und straften ihre Worte Lügen. „Du großer Grobian, lass mich auf der Stelle wieder runter!“ John ignorierte sie und watete mit seiner geliebten Last bis zu den Oberschenkeln ins Wasser. „Wenn du nicht augenblicklich still bist, lasse ich dich fallen!“ Samantha schaute
zuerst hinunter und dann ihm mit erstaunten Augen ins Gesicht. „Das wagst du nicht!“
„Doch!“ Dabei hatte er einen Ausdruck, der sie an den alten Dachs erinnerte, wenn er kurz davor war, sich auf Domino zu werfen. Als er sie los ließ, klammerte sie sich hastig an seinen Hals und zog ihn mit sich. Prustend kam sie vor John wieder an die Oberfläche und watete ans Ufer. Dort wrang sie ihr Kleid und ihre Haare aus, während sie die Bemühungen von John beobachtete, sich aus seiner triefenden Lage zu befreien.
Ans Ufer watend, wrang er so gut wie möglich sein T-Shirt aus. „Du bist eine gerissene, kleine Hexe!“ Seine Augen weideten sich dabei an dem Bild, das sie ihm bot. Das Kleid hing triefend und dadurch schwer, an ihr herab, und offenbarte ihm
eine verführerische Aussicht auf ihren Körper, der sich unter dem weißen Stoff nun
deutlich abzeichnete. Er spürte, wie er hart wurde und sein Verlangen nach ihr entfachte aufs Neue. Doch als sie die Arme vor der Brust verschränkte und ihm so den Blick auf ihren Busen verwehrte, hob er den Blick und begegnete ihren Augen.
Was er in ihnen sah, jagte Schauer des Entsetzens durch seinen Körper.
Ihr Blick war hart und eisig. Er strahlte eine Kälte aus, die ihn Innerlich frösteln ließ. Ihre ganze Haltung hatte sich versteift. War in Abwehrstellung. Irgendetwas war hier ganz und gar nicht in Ordnung. „Sammy, was hast du, was ist los?“ Vorsichtig trat er an sie heran und wollte sie schützend in seine Arme schließen als sie diese beiseite schlug. Ihr Blick ging ihm durch Mark und Bein. Als sie dann sprach, lag in ihrer Stimme aufgestauter Hass. „Nenne mich nie wieder Hexe! Niemals! Ich bin keine Hexe!“ John war fassungslos. Dann nahm er einen Funken in ihren Augen wahr. Einen Funken der Angst. Angst vor etwas, was nicht greifbar war. Ihre Augen sahen durch ihn hindurch.
Das Gefühl sie vor allen Gefahren beschützen zu wollen, war so übermächtig, dass er sie ihre Abwehrhaltung ignorierend an sich zog. Sie war kalt, steif und irgendwie
wirkte sie wie eine große Puppe.
In sich zusammen sackend, schluchzte sie an seiner Schulter und ihre Hände krallten sich in sein Shirt. „Papa, bitte. Ich bin keine Hexe! Bitte, tu mir nicht mehr weh.“ Tief schnitten diese Worte in sein Herz. Oh, Sammy was hat er dir nur angetan? Was ist damals passiert? „Sammy, Baby. Es ist gut. Er ist nicht hier, was er auch immer getan hat, es ist vorbei!“ Sanft und doch eindringlich, drang seine Stimme zu
ihr durch. Wie sehr wollte sie sich erklären. Sich bei ihm für ihr Verhalten
entschuldigen. Es fehlte ihr die Kraft dafür. Sie konnte sich nur an ihn klammern - und in der Geborgenheit seiner Arme endlich weinen! In all den Jahren hatte sie ihre Gefühle verschlossen. Hatte sich nie erlaubt zu weinen. Dass der Verlust der Vaterliebe sie schmerzte sie innerlich zerriss erfuhr nie jemand.
Es war nicht mehr möglich. Die Mauer, die sie so mühsam errichtet hatte, war am Abend zuvor eingerissen. Jetzt stürzte sie ein und hielt die Scham und den Schmerz nicht mehr zurück. Sie ließ die Angst heraus!
John hielt sie fest und streichelte ihr über den Rücken. Er wartete. Als sie sich dann schließlich etwas beruhigte, geleitete er sie zu einem Baumstamm und drückte sie sanft nieder. In ihren Augen glänzten noch immer Tränen, als sie ihren Blick hob und in seine Augen sah.
„Geht es wieder?“
„Ja, ich denke schon!“ Schniefend wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. „Es tut mir Leid, dass ich dich beschimpft habe. Ich hatte kein Recht, dich den Hass spüren zu lassen, den ein anderer herauf beschworen hat.“ Sie an sich ziehend schüttelte John den Kopf. „Nein, Schatz! Dich trifft keine Schuld!“
„Johnny!“ In diesem einen Wort lag so viel Schmerz und Angst, dass es ihn schauderte.