Vampire in den Highlands. Heike Möller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike Möller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738075205
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lieber ans Telefon.“

      Ohne ein weiteres Wort schnappte er sich seine Schuhe, drehte sich um und verließ fluchtartig Rowenas Eigentumswohnung im Berliner Stadtteil Zehlendorf.

      Rowena konnte nicht so ganz begreifen, was da gerade geschehen war. >Ich habe ihn verloren. Endgültig! Aus. <

      Mozarts Kleine Nachtmusik holte sie in die Realität zurück. Tief durchatmend ging sie zum Nachttisch und nahm das Handy.

      „Ja!“ Ihre Hand tat durch den Schlag etwas weh, aber das würde nach ein paar Minuten wieder nachlassen. Der Schmerz in ihrem Herzen würde bleiben.

      „Herrin, hier ist Brian.“

      Für einen Moment setzte Rowenas Herzschlag aus, dann zwang sie sich, ruhig weiter zu atmen.

      „Hallo, Brian. Auch wenn der Anlass vermutlich weniger schön ist, ist es aber schön, deine Stimme zu hören, mein Freund.“

      „Ja, Herrin.“ Die knarzige Männerstimme mit dem starken, schottischen Akzent kratzte wie eine Erinnerung in ihrem Ohr.

      „Was ist geschehen?“

      „Es gab einen Toten.“

      Rowena atmete hörbar scharf ein. Das in ihrer Heimat Menschen starben war nicht ungewöhnlich. Deswegen rief Brian Conelly auch nicht an. Selbst wenn der Verstorbene ein guter Freund oder nur ein Bekannter gewesen sein sollte.

      Außerdem lag etwas in der Stimme des Mannes, das Rowena alarmierte. „Ein Einheimischer?“

      „Nein. Ein Tourist aus Glasgow. Er kam ein bis zweimal im Jahr hierher. Wanderte, angelte, trank Bier und Whisky. Netter Mann. Ein Arzt.“

      „Familie?“

      Der Mann am anderen Ende seufzte leise. „Geschieden, zwei Töchter. Wohnen bei der Mutter. Trotzdem sind die Hinterbliebenen erschüttert.“

      Rowena setzte sich wieder auf ihr Bett, strich sich nervös über ihre Stirn. „Was ist genau passiert?“

      „Er wurde gerissen, Herrin. Zerfleischt. Ausgeweidet. Beinahe leer getrunken.“

      Rowena konnte den zischenden Laut nicht unterdrücken, der ihre Lippen verließ.

      >Ein Wilder. Das ist nicht gut. <

      „Ich verstehe, Brian. Ich muss noch hier in Berlin ein paar Kleinigkeiten regeln, bin dann in etwa zwei bis drei Tagen zu Hause.“

      „Ja, Herrin. Ich werde dein Haus für dich herrichten und die Sonderlieferung in Empfang nehmen.“

      Rowena lächelte freudlos. „Danke, Brian. Du bist ein wahrer Freund. Ach, sage den anderen Bescheid, dass sie die Augen nach Fremden aufhalten sollen. Solche, die sich merkwürdig verhalten, komisch aussehen und Einzelgänger sind. Solche, die Menschenansammlungen meiden. Aber keine Aktionen, bis ich da bin. Ich will mir selbst ein Bild machen, in Ordnung?“

      „Ja, Herrin. Scott Palatin, unser Inspektor, hat von dem Autopsiebericht und den Fotos Kopien gemacht und für dich in Sicherheit gebracht.“

      „Sehr gut. Hast du die Leiche gesehen?“

      Brian zögerte einen Moment. „Ja, Herrin.“

      „Dein Eindruck?“

      Wieder zögerte der Mann, dann seufzte er leise. „Verzeih, aber ich glaube, es war jemand von deiner Art, Herrin.“

      Rowena lächelte, obwohl der alte Mann das nicht sehen konnte. „Brian, du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin auch schon längst zu dieser Erkenntnis gelangt. Leider gibt es auch bei uns einige, die gegen Gesetze verstoßen. Aber ich finde den Mörder. Und dann kehrt am Loch Oich wieder Ruhe ein. Versprochen.“

      „Ich weiß, Herrin. Du beschützt uns. Nach all den Jahren wachst du noch immer über uns.“

      „Ihr seid meine Familie, meine Nachkommen. Mein Herzschlag.“

      Der alte Mann am anderen Ende räusperte sich leicht. „Also dann in spätestens drei Tagen.“

      „Ja, Brian. Ich werde kommen.“

      Kapitel 2: Reisevorbereitungen

      Rowena parkte ihren Smart in der Straße, in der die Tanzschule von Tobias Kerner lag. Sie hoffte, dass er es ihr nicht krummnahm, wenn sie unangemeldet erscheinen würde, aber sie musste mit ihm reden. Sie brauchte jetzt jemanden, dem sie vertrauen konnte, der ihr zuhören würde. Schließlich verband sie und Tobias sehr viel, quasi eine gemeinsame Vergangenheit.

      >Warum mache ich mir eigentlich was vor? Ich möchte mit ihm reden, weil ich jemanden zum Reden brauche! Punkt. <

      Rowena wollte gerade aussteigen, als die schwere Eingangstür des Hauses von innen geöffnet wurde. Eine junge, nicht besonders große Frau mit braunen Haaren und Brille verließ das Haus, Tobias stand direkt hinter ihr im Hauseingang. Sie unterhielten sich noch kurz, lächelten sich zu. Dann drehte sich die Frau um und Tobias sah ihr hinterher.

      Neugierig schlüpfte Rowena in den Kopf des Mannes. >Ich mag Hanna. Aber mehr darf es einfach nie sein! <

      Rowena runzelte die Stirn. Dann schüttelte sie die dunklen Gedanken beiseite und sendete Tobias eine Botschaft. >Tobi! Ich bin´s. Rona. Hast du Zeit? <

      Tobias stand stocksteif da, sah sich verblüfft um. Dann sah er, wie Rowena Mc Dougall aus dem Smart stieg und ihm zuwinkte. Er lachte leicht und winkte die blonde Frau zu sich.

      „Hallo, Tobi!“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dabei wurde ihr wieder schmerzhaft bewusst, wie ähnlich er und Tristan sich sahen. Die gleichen Gesichtszüge, die grünbraunen Augen, die dunkelblonden Haare mit der hohen Stirn.

      Und doch waren sie so verschieden.

      Tobias war meistens eher schwermütig, beinahe depressiv, während Tristan einfach nur düster wirkte. Rowena mochte Tobias von ganzem Herzen, aber sie hatte kein Interesse an ihm. Was für ihre Verhältnisse außergewöhnlich war. Nach dem gestrigen Streit mit Tristan waren ihre Interessen ohnehin in den Keller gerutscht, nach ganz tief unten.

      „Was ist los, Rona?“

      „Ich muss mit jemanden reden, Tobi“, gestand sie ihm. „Und du bist nach Tristan und Jan der Einzige, dem ich so ziemlich hundertprozentig vertraue.“

      Tobias runzelte kurz die Augenbrauen, nickte aber. „Komm rein. Du kennst dich ja aus.“

      Rowena war schon einmal hier gewesen. Damals war Jannik Cerný von den `Kriegern des Reinen Glaubens´ entführt und durch Dimítrios Kapodistrias gefoltert worden Tobias Kerner hatte im Schlaf eine Vision der Entführung und der ersten Folterungen gehabt und Tristan alarmiert. Daraufhin waren Tristan und Rowena sofort zu Tobias gefahren, hatten alles erfahren und sämtliche Vampire Berlins und Brandenburgs in Alarmbereitschaft gesetzt. Benjamin Goldstern war aus dem Ruhrpott dazu gestoßen und Adolar Cerný kam mit seiner jungen Frau Nicole und zwei Freunden, die dort gerade aus geschäftlichen Gründen im Lande waren, aus Tschechien angereist.

      Rowena betrat die Wohnung des jungen Vampirs und sah sich um. Damals hatte sie aufgrund der Notlage keinen Blick für die Wohnung gehabt. Der Eingangsbereich war in einem mediterranen Stil gehalten, die Auslegeware hochwertig und flauschig. Rowena zog sich ihre Schuhe aus und folgte Tobias in das riesige Wohnzimmer, das von einer Sofalandschaft beherrscht wurde. Stuckarbeiten an den Decken der hohen Altbauwohnung waren farblich herausgearbeitet worden. Tobias hatte keine Schrankwand, sondern offene Regale mit Fernseher, Bücher, CDs und DVDs, sowie einige Accessoires.

      „Dein Stil gefällt mir. Männlich sparsam und doch wohnlich.“

      Tobias lachte leise. „Vielen Dank, Rona. Kann ich dir was anbieten?“

      Rowena merkte, dass sie ein wenig Hunger hatte. „Hast du zufällig AB im Haus?“

      „Ich sehe mal nach.“

      Tobias