Mordsriecher Tatort Böblingen. Heinrich Düllmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich Düllmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738091717
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Clara Schröder mit dem Kopf aufprallte. Aber ... woher wissen Sie das?«

      Helene grinste und fragte:

      »Gibt es bereits Ergebnisse von der kriminaltechnischen Untersuchung des Stofftieres?«

      »Nein. Das Mädchen hat Friedi mit ins Krankenhaus genommen.«

      »Mit ins Krankenhaus genommen? Es ist nicht untersucht worden? Das verstehe ich nicht!«, entgegnete Helene ärgerlich und steigerte die Lautstärke.

      Ihr Assistent erschrak, weil er diesen rauen Ton von seiner Chefin noch nicht gehört hatte. Deshalb setzte er auch ziemlich verunsichert fort:

      »Es ging nicht, weil das Kind unbedingt das Kuscheltier mit in die Klinik nehmen wollte. Es flehte entsetzlich und ich konnte es nicht übers Herz bringen, das zu verhindern, nachdem auch der Vater und der Arzt es wollten.«

      »Ich fasse es nicht! Sie haben ein vielleicht wichtiges Beweisstück aus der Hand gegeben. Und das nur wegen einer Sentimentalität. Ich fasse es nicht!«

      »Helene, komm runter von deinem hohen Ross! Ich war dabei und hatte das gleiche Empfinden wie Jens. Nach diesem Schock-Erlebnis konnten wir dem Kind den Wunsch nicht abschlagen. Das ging nicht, Helene! Und außerdem, alles deutete auf einen Unfall hin. Und das tut´s immer noch.«

      »Okay, Okay. Passiert! Ich will kein Drama daraus machen. Fakt ist, dass ich nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort war!«

      »Hier ist das Protokoll mit dem Augenzeugen!«

      Jens reichte es ihr.

      »Danke. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Aber ich gehe bei solchen Ereignissen automatisch von einem Gewaltverbrechen aus. Es hat ein Gschmäckle, sagt mir mein Riecher. Entschuldigt bitte meine überzogene Reaktion!«

      »Kaffee?«, fragte der Kommissar und schaute beide an, die zustimmend nickten. Er ging ins Nebenzimmer und holte drei Tassen Kaffee.

      »Warum kamst du gestern so spät zum Einsatz?«, fragte er die Kollegin, nach dem er ihr die Tasse gereicht hatte.

      »Ich besuche ein Weinseminar der Volkshochschule. Gestern ging es um die Aromastoffe im Wein. Die Aufgabe war, sie zu riechen, zu schmecken und zu bestimmen.«

      »Kannst du das? Riechst du, ob der Wein zum Beispiel nach Erdbeere, grünem Paprika oder Johannisbeere schmeckt?« Volker sah amüsiert auf seine Chefin und behauptete:

      »Die blumigen Geschmacksbeschreibungen sind doch nichts anderes als Etikettenschwindel!«

      »Das dachte ich früher auch. Heute bin ich anderer Meinung. Ich schaffe es inzwischen, einige Aromen im Wein zu riechen und zu schmecken. Dafür habe ich auch lange Zeit geübt!«

      »Wie macht man das?«

      »Durch intensives Riechen und Kauen der verschiedenen Obstsorten. Die unterschiedlichen Düfte und Geschmackserfahrungen müssen im Gehirn abgespeichert werden, damit sie später bei der Weinprobe präsent sind.«

      »Ich stelle mir gerade vor, wie du dich am Obst- und Gemüsestand verhältst. Du nimmst einen Apfel, hältst ihn an die Nase, riechst intensiv daran, legst ihn wieder weg und holst Dir eine Orange, mit der du das Gleiche machst. Danach greifst du dir eine Erdbeere und so weiter und so fort. Ganz schön eklig, finde ich!«

      »Du hast recht. Diese Praxis gefiel den Leuten und mir nicht. Deshalb entschloss ich mich, eine Obstkur einzulegen, um zu Hause unbeaufsichtigt zu üben. So, jetzt aber wieder zur Sache. Was gibt´s sonst noch?«

      »Zur Sache habe ich etwas sehr Interessantes«, erklärte Volker.

      »Jemand aus dem gegenüberliegenden Hochhaus behauptet, den Ehemann von Clara Kunkel vor dem Sturz auf dem Balkon gesehen zu haben. Den Sturz allerdings sah er nicht.«

      »Mmh, das ist merkwürdig. Gestern Abend in der Klinik sprach ich mit Gert. Er sagte mir, um 18.30 Uhr aus dem Haus gegangen und erst kurze Zeit nach dem Unglück zurückgekommen zu sein. Den werde ich mir vorknöpfen!«

      »Vorsicht, Helene!«, warnte Volker.

      »Gert Kunkel wollte seine Frau und Tochter zu Tode stürzen? Im Moment sträubt sich alles in mir, so etwas anzunehmen.«

      »Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen! Du kennst meinen Spruch in solchen Fällen. Natürlich verstehe ich dich, natürlich fällt es mir auch sehr schwer, solchen Vermutungen nachzugehen. Aber - wie oft mussten wir uns zunächst in die abwegigen Gehirnwindungen von Verbrechern versetzen, um Tätern auf die Spur zu kommen?«, entgegnete Helene.

      »Doch ohne Motiv ist nichts los!«, warf Peter schulmäßig ein.

      »Richtig! Deshalb beginnen wir behutsam mit Voruntersuchungen. Ihr beide hört euch in der Nachbarschaft um. Was weiß man über die Familie? Was für einen Ruf haben sie? Gibt es besondere Vorkommnisse? Was sagen die Leute über Linda? Befragt bitte den Nachbarn, der Gert Kunkel vor dem Sturz auf dem Balkon gesehen hat!«

      »Und so weiter und so weiter ...«, unterbrach Volker sie ironisch. Helene lächelte ihn an.

      »Ich weiß, Volker, mehr als einen Miniverdacht gibt es nicht. Aber es gibt ihn! Auf geht´s! Ich bin gespannt, was Kunkel mir erzählt!«

      Kapitel 5

      Die Hauptkommissarin stand vor dem Hochhaus und drückte auf die Klingel der Familie Kunkel. Nach einer Weile hörte sie Geräusche durch die Lautsprecheranlage.

      »Mein Name ist Helene Krautkopf, ich möchte zu Herrn Kunkel.«

      »RI Ra rutsch

      heute fahr´n sie mit der Kutsch,

      hoch bis in den fünften Stock,

      schön blüht dort der Rosenstock«, reimte eine Kinderstimme.

      »Bist du es, Linda? Ist dein Vater auch da?«

      »RI Ra rutsch ...«

      Es rumpelte plötzlich, als ob der Hörer runtergefallen wäre.

      »Wer ist da, bitte?«, meldete sich ein wenig später eine männliche Stimme.

      »Helene Krautkopf. Ich möchte Sie gerne sprechen, Herr Kunkel. Ist das jetzt möglich?«

      »Sie wollten doch vorher anrufen! Wenn´s sein muss, dann kommen Sie rauf.«

      Als Helene oben angekommen war, empfing er sie dennoch herzlich.

      »Guten Tag und Entschuldigung, dass Linda Sie so begrüßt hat, aber wir beide üben uns täglich in Schüttelreimen.«

      Er blickte seine Tochter an, die neben ihm stand.

      »Und wenn ihr ein Vers besonders gefällt, kriegt ihn alle Welt zu hören«

      »Guten Tag! Wie praktisch, so weiß man gleich, wo sie wohnen.«

      Sie schaute lächelnd auf den Rosenstock vor der Eingangstür. Als sie in der Wohnung waren, erkundigte sich Helene sofort nach seiner Frau.

      »Die Operation war erfolgreich. Ihr Zustand ist stabil, aber kritisch. Sie liegt weiterhin im Koma. Vor einer Stunde sind wir vom Krankenhaus zurückgekommen.«

      »Mama schläft noch. Sie sieht wie eine Astronautin aus!«, rief Linda und sprang ihr entgegen. Die Hauptkommissarin fasste sie an den Händen, drehte sich mit ihr im Kreis herum.

      »RI Ra rutsch, das Kinderlied kenne ich. Und du?«

      Als sie nickte, sangen und tanzten sie gemeinsam.

      Gert sah sich das muntere Treiben einen Moment lang schmunzelnd an, um dann doch entschieden zu unterbrechen. »Ich dachte, Sie wollten mich sprechen, Frau Krautkopf?«

      »Nochmal!«, verlangte das Mädchen und ließ ihr keine andere Wahl, als mitzumachen.

      »Jetzt müssen wir aufhören, sonst wird dein Vater böse.« Sie löste sich von der Kleinen.

      »Entschuldigung,