Ein Platz in meinem Herzen. Patrick Osborn

ihrem Kopf herum. Sollte sie ihrer Mutter von dem Tagebuch erzählen?

      „Wie geht es Vati?“

      „Ausgezeichnet. Er bewundert gerade seine Weinreben. Du kennst ihn ja. Willst du uns nicht endlich besuchen kommen? Du warst schon so lange nicht mehr bei uns.“

      „Ich weiß. Aber im Augenblick geht es wirklich nicht. Ich habe noch zwei wichtige Aufträge, die sich die nächsten Wochen hinziehen werden.“

      „Aber du musst auch einmal pausieren, Schatz. Ein freies Wochenende würde dir sicher gut tun.“

      „Tut mir leid, Mama. Aber ich verspreche euch zu besuchen, sowie es in der Kanzlei etwas ruhiger wird.“

      Erzähl ihr von dem Tagebuch.

      „Und sonst ist alles in Ordnung?“, fragte ihre Mutter. Sie wusste, dass Katarina jemanden kennen gelernt hatte, der ihr nicht gleichgültig war, obwohl sie noch nie offen mit ihrer Mutter über Mark gesprochen hatte. Aber ihre Mutter hatte einen sechsten Sinn dafür, wenn es Veränderungen in Katarinas Leben gab.

      Sag es ihr, dachte Katarina. Erzähl ihr von deinem Fund.

      „Alles bestens.“ Katarina machte eine längere Pause. „Das heißt, eigentlich nicht. Mir schwirren so viele Dinge im Kopf herum.“

      „Aber das ist doch verständlich, Schatz. Du brauchst Zeit, um alles zu verarbeiten. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn du ein paar Tage zu uns kämst.“

      Erzähl es ihr. Sie wird dich verstehen. Vielleicht kann sie dir einen Rat geben.

      Aber Katarina brachte die Worte nicht über die Lippen. Es war wie ein Kloß, der in ihrer Kehle saß und ihr die Luft abschnürte.

      Sie sprach noch eine weitere Viertelstunde mit ihrer Mutter, ohne sich überzeugen zu lassen, in die Toskana zu fahren.

      Als sie das Gespräch beendet hatte, saß sie wieder alleine auf der Couch und schmuste mit Leopold, der inzwischen seinen Lieblingsplatz auf ihrem Schoß eingenommen hatte.

      Wieder kämpfte Katarina mit den Tränen. Sie beugte sich zu Leopold hinunter und vergrub ihr Gesicht in seinem warmen weichen Fell.

      Plötzlich erhob sie sich. So schnell, dass Leopold erschrak und fauchend in den Flur rannte.

      „Sorry, Leo.“ Sie ging in die Küche, goss sich ein weiteres Glas Rotwein ein und kam zurück ins Wohnzimmer. Sie kuschelte sich in ihre Lieblingsdecke ein und schaltete den Fernseher an. Beim Zappen blieb sie bei einer Folge von Sex and the City hängen. Carrie plagte in dieser Folge ein schlechtes Gewissen, weil Mr. Big sich ihretwegen von seiner Frau getrennt hatte. Als sie auf der Straße überfallen wird, hält sie dies für ihre gerechte Strafe.

      Katarina blickte zwar zum Fernseher, nahm aber die Sendung kaum war. Ihre Gedanken kreisten einzig und allein um das Tagebuch.

      Mit einem Mal erinnerte sie sich an so viele Kleinigkeiten aus ihrer Zeit mit Oliver, die sie glaubte, erfolgreich verdrängt zu haben. Ihr fiel ein, dass Oliver sie auf ihrer Hochzeitsreise jeden Morgen mit einer frischen roten Rose geweckt hatte. Sie war bis heute nicht dahintergekommen, wie er dies geschafft hatte.

      Inzwischen gesellte sich Leopold wieder zu Katarina und kuschelte sich an.

      Die Reise in die Karibik hatte ihre Liebe zu Oliver noch tiefer werden lassen. Nie hatte sie sich einem Menschen so nahe gefühlt. Sie hatte geglaubt, dass diese Zeit sie so fest aneinander geschweißt hatte, dass sie jeden Sturm des Lebens überstehen würden.

      Aber die Prüfungen des Lebens, können oft härter sein, als man selbst wahrhaben möchte.

      Katarina griff zum Telefon. Sie nahm ihren Mut zusammen und wählte Marks Nummer. Während die Verbindung hergestellt wurde, verließ sie der Mut. Sie wollte schon auflegen, als sie das Klingeln am anderen Ende hörte.

      Einmal.

      Zweimal.

      Dreimal.

      „Hallo, hier ist Mark Zimmermann. Sie haben die Möglichkeit, nach dem Signalton eine Nachricht zu hinterlassen. Ich rufe umgehend zurück.“ Katarina wollte etwas sagen, als ihr eine Erinnerung in den Kopf schoss. Hastig beendete sie die Verbindung und starrte mit leerem Blick auf das Telefon.

      Ein romantischer Abend. Bei Kerzenschein hatten Oliver und sie gegessen. Sie tranken mehrere Gläser Wein und hatten den Nachtisch ausgelassen. Katarina erhob sich und zog Oliver in Richtung Schlafzimmer. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn. Sie spürte seine Hände, die anfangs zögerlich, dann immer fordernder über ihren Körper tasteten. Katarina zerrte das Hemd von seinen Schultern und schmiegte sich an seine Brust. Kichernd wie zwei verliebte Teenager erreichten sie das Schlafzimmer. Katarina zog seinen Gürtel auf, öffnete die Hose, die ihm auf die Knie fiel. Fast wäre er darüber gestolpert, doch sie fing ihn auf.

      Tränen liefen Katarina über die Wange. Doch die Erinnerung ließ sie nicht los. Voller Lust setzten beide fort, was sie begonnen hatten. Sie verloren nicht für einen Augenblick den Blickkontakt.

      In ihren Träumen hatte Katarina sich gewünscht, dass es so sein sollte. So wie mit Oliver. Es war leicht, spielerisch, und obwohl es nicht das erste Mal war, war es aufregend, anmutig und intensiv.

      Es war ein perfekter Abend, eine perfekte Nacht, um aus zwei drei werden zu lassen.