Ein Platz in meinem Herzen. Patrick Osborn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patrick Osborn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688570
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unglaublich viele Fotos unserer Hochzeit zeigen.

      Als wir im Sommer dort spazieren gegangen waren, schwärmte deine Mutter davon, wie märchenhaft eine Hochzeit im Winter hier wohl sein müsste. Diese Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf und so beschlossen wir, die Trauung und die Hochzeitsfeier dort stattfinden zu lassen.

      Und Petrus muss es wirklich gut mit uns gemeint haben, denn pünktlich zu unserem Hochzeitstermin verwandelte der erste Schnee des Jahres die Umgebung des Hotels in ein Wintermärchen.

      Um die Hochzeit zu beschreiben, fehlen mir die Worte. Deine Mutter und ich waren glücklich, wie noch nie zuvor in unserem Leben. Man kann sagen, wir waren geradezu berauscht. In ihrem weißen Kleid, das mit Hunderten Perlen versetzt war, glich deine Mutter einem Engel. Aber auch ich machte in meinem Smoking eine gute Figur.

      Die Trauung fand in der Bibliothek des Hotels statt, die extra für dieses Ereignis hergerichtet wurde. Es hatte uns zwar einige Überredungskraft gekostet, aber schließlich erklärte sich der Pfarrer bereit, die Trauung dort vorzunehmen.

      Wie du dir sicher vorstellen kannst, waren sehr viele Gäste da. Es müssen an die dreihundert gewesen sein: Freunde, Verwandte, mein gesamtes Verlagsteam sowie zahlreiche Studienfreunde deiner Mutter. Und die Presse nicht zu vergessen, die natürlich von diesem Ereignis berichten musste. Wir hatten zwar versucht, unsere Hochzeit geheim zu halten, doch angesichts der Verkaufszahlen meines neuen Buches, war dies ein schier unmögliches Unterfangen. So arrangierten wir uns mit der Presse und erlaubten einem Fototeam die Trauung zu begleiten.

      Ich kann den Augenblick kaum in Worte fassen, als deine Mutter von ihrem Vater in den Hochzeitsraum geführt wurde. Am liebsten hätte ich in diesem Augenblick die Zeit angehalten.

      Eine bisher nicht gekannte Hitze stieg in mir auf, als ich die Hand deiner Mutter ergriff und wir uns gemeinsam zum Pfarrer umdrehten.

      „Bist du dir sicher?“, fragte ich sie mit zittriger Stimme. Erleichtert bemerkte ich, dass auch ihre Stimme brüchig war.

      „Ich bin mir einer Sache noch nie so sicher gewesen.“

      Wir gaben uns das Ja-Wort am 10. November, meinem Geburtstag. Ich hatte mir diesen Termin gewünscht, da ich mit unserer Hochzeit das Gefühl verband, nochmals geboren zu werden.

      Kurz nach dem Eheversprechen, brandete Applaus auf und wir bekamen den Eindruck, inmitten einer tosenden Wolke zu stehen. Dutzende Gratulanten zogen an uns vorbei, wünschten uns Glück, umarmten uns und die meisten kämpften mit den Tränen.

      Natürlich mussten wir den Tanz eröffnen. Als ich mit deiner Mutter durch den Saal schwebte, schien abermals die Zeit stehen zu bleiben.

      „Und, wie fühlt es sich an, Frau Neuhaus genannt zu werden?“ Deine Mutter hatte sich trotz gegenteiliger Überlegungen entschlossen, meinen Namen anzunehmen, auch wenn sie dadurch viele Mandanten verunsichern würde.

      „Ausgezeichnet“, antwortete sie. „Ich frage mich nur, warum du mich nicht schon früher geheiratet hast.“ Ich grinste. „Als armer, mittelloser Autor, der als Kellner jobbt? Du hättest mich doch überhaupt nicht beachtet, Frau Anwältin. Und was hätten deine Eltern gesagt? Ein erfolgloser Schriftsteller ist wohl kaum der Schwiegersohn, den man sich wünscht.“

      Deine Mutter lachte und gab mir einen Kuss.

      Die Feier ging bis in die frühen Morgenstunden. Wir zogen uns gegen zwei Uhr nachts in das Hochzeitsturmzimmer zurück. Ich bewaffnete mich mit einer Flasche Champagner, um mit deiner Mutter nochmals auf unsere gemeinsame Zukunft anzustoßen. Gekonnt öffnete ich die Flasche, reichte ihr ein Glas und wollte etwas sagen, als sie mir ihren linken Zeigefinger auf die Lippen legte.

      „Sag nichts, Oliver. Ich muss dir etwas sagen.“ Ich spürte, wie mein Blutdruck anstieg. Sie wirkte auf einmal so ernst.

      „Schatz, dir fehlt doch nichts, oder?“ Erst jetzt fiel mir auf, dass deine Mutter während der gesamten Feier keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte. Sie lächelte mich an und ich merkte, wie sich ein Teil meiner Verkrampfung löste.

      „Nein. Im Gegenteil. Ich habe etwas. Dein Geburtstag ist zwar schon vorbei, aber ich habe noch ein Geschenk.“ Katarina reichte mir ein Kuvert, das mit kleinen Herzen verziert war.

      Nervös öffnete ich das Kuvert und hielt ein Ultraschallfoto in den Händen.

      „Du bist schwanger?“, fragte ich, obwohl dies offensichtlich war. Aber Männer brauchen oft etwas länger, um gewisse Dinge zu verstehen.

      Ich konnte nichts sagen. Ich merkte, wie mein Körper zu zittern begann.

      „Ich wollte es dir früher sagen, aber dieser Abend, schien mir der passende Rahmen zu sein. Wir werden bald eine richtige Familie sein, Oliver.“ Ich nahm deine Mutter in den Arm und blickte sie mit feuchten Augen an.

      „Das ist das schönste Geschenk, das du mir machen konntest.“ Ich hob sie auf meinen Arm und trug sie zu unserem Bett. Und obwohl wir eine herrliche Dachterrasse und einen Whirlpool im Zimmer hatten, bekamen wir davon nichts mehr mit.

      Durch mehrere Interviewtermine wurden wir gezwungen, unsere vierwöchige Hochzeitsreise in die Karibik zu verschieben. Erst zu Weihnachten konnten wir unsere Flitterwochen antreten. Die ersten beiden Wochen schipperten wir mit einem Kreuzfahrtschiff herum. Und verstanden bald, warum die Karibik einer der schönsten Flecken der Erde ist.

      Ich nehme an, dass fast alle Flitterwochen glücklich verlaufen, aber mit der Nachricht, dass ich Vater wurde, hatte deine Mutter etwas Besonderes getan. Ein neuer Lebensabschnitt begann. Deine Mutter wurde von Tag zu Tag schöner und ich muss gestehen, dass ich sie jeden Tag ein Stückchen mehr liebte.

      Wir hatten Glück, dass die Gesichter erfolgreicher Autoren in Deutschland nicht bekannt sind, so dass wir unerkannt unsere Reise genießen konnten.

      Unsere ersten Ziele waren Anguilla und Guadeloupe. Am Heiligen Abend erreichten wir Montserrat. Auf unserem Programm stand ein kurzer Ausflug auf die Vulkaninsel, bevor wir uns für ein phantastisches Weihnachtsessen fertigmachen mussten. Die Tage vergingen wie im Fluge. Auch die nächsten Ziele Tortola, Puerto Rico, Domenica und St. Lucia waren ein Traum. Besonders die Bucht von St. Lucia hatte es uns angetan. Wir träumten davon, wie es wäre, hier ein Häuschen zu besitzen.

      Am Silvestermorgen legten wir in Barbados an. Ein Tag, der zu den schönsten in unserem Leben gehören sollte.

      Deine Mutter schlief noch, als ich die Kabine verließ und mich mit anderen Passagieren auf dem Weg zu einem nahegelegenen Hubschrauberlandeplatz machte.

      Der Helikopterrundflug über Barbados war absolut beeindruckend. Kristallblaues Wasser und das grüne Landesinnere bildeten einen Kontrast, wie ihn der talentierteste Maler nicht auf Leinwand bringen konnte.

      Zum Frühstück war ich wieder zurück an Bord. Nach einem Stadtbummel, bei dem deine Mutter wieder jede Menge Schnickschnack gekauft hatte, beschlossen wir, das Jahr mit einem besonderen Ereignis ausklingen zu lassen.

      Wir hatten uns einen Katamaran gemietet und genossen den herrlichen Sonnenuntergang von Barbados auf dem Wasser. Über das Bordrestaurant bekamen wir alles mit, was man zu einem romantischen Sonnenuntergang braucht: Ein Picknickkorb gefüllt mit feinsten Leckereien und eine gut gekühlte Flasche Champagner.

      Unser Skipper steuerte die `Excellence´ gekonnt durch die Wogen des Meeres und suchte einen großartigen Platz zum Ankern aus.

      Arm in Arm saßen wir an der Reling, ließen Füße und Seele baumeln und bewunderten das Naturschauspiel, das sich unseren Sinnen bot. Unser Blick glitt über die sanften Wellen, deren Farben sich allmählich dem phantastischen Gelb, Orange, Rot und Violett des Himmels anglichen.

      Ich öffnete den Champagner, füllte mein Glas und goss deiner Mutter ein Glas Orangensaft ein. Anschließend setzte ich mich wieder zu ihr. Im Hintergrund hörte ich die Musik von UB 40. „Wise men say only fools rush in. But I can‘t help falling in love with you.“

      Ich nahm deine Mutter in den Arm und gemeinsam schauten wir schweigend dem Sonnenuntergang zu.

      Die