Jesusse. Leon Skip. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leon Skip
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847699767
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ganz gut leben.« Er kniff seine Augen zusammen, sodass sich der Schweiß in den Stirnfalten sammelte und taxierte Langlois. »Sie haben doch auch fast eine Woche Auszeit. Genießen Sie das etwa nicht?«

      »Doch, doch«, log der Priester. Ein weiterer Punkt auf seiner Liste für die nächste Beichte.

      Am Eingang zur weißen Kuppel standen im Schatten einer hölzernen Pergola, die mit verschiedenfarbigen Trichterwinden-Arten bewachsen war, gut vierzig Gäste in einer Schlange an. Langlois und Rand brauchten zehn Minuten, bis sie am Empfang ankamen. Rand zog jede einzelne Frau in der Schlange mit den Augen aus und warf Langlois dann und wann verschwörerische Blicke zu.

      Wieder eine Frau in Indigo, wieder mit Walky-Talky und Headset. Sie instruierte jeden der Neuankömmlinge.

      »Darf ich Sie auf unsere kostenfreie Gesunden-Untersuchung hinweisen. Wir empfehlen wegen der Hitze und der sehr starken empathischen Wirkung des Heilands einen kurzen Health-Check. Wenn es Ihnen nichts ausmacht. Dauert nur fünf Minuten.« Sie wies mit der Hand nach links zu einem Container, in dem hinter einer Verglasung ein Dutzend Liegen aufgestellt war. Ein Teil der Liegen war besetzt.

      »Wenn ich bitten darf.«

      Langlois und Rand fügten sich. »Und das dauert nur fünf Minuten?«

      »Eher weniger.« Die Indigo-Frau entblößte ihr Zahnpasta-Reklame-Lächeln, zeigte nochmals nach links und winkte mit einer Bewegung der anderen Hand bereits die nächsten Gäste heran.

      In der Box waren drei weißgekleidete Gestalten am Werk, die den Gästen nach dem Scannen der ID-Cards eine Blutprobe abnahmen, den Blutdruck maßen und gesundheitsbezogene Fragen stellten. Danach mussten alle in ein Gerät blasen - wohl wegen der Lungenleistung, dachte Langlois - dann leuchtete man ihnen noch mit einer Stablampe in die Augen und schon war die Untersuchung erledigt. Die Weißkittel wünschten einen guten Appetit und entließen die Gäste in den Restaurant-Bereich.

      »Also ich sage Ihnen…« Rand drückte Langlois´ Oberarm dafür, dass sie sich erst seit einer halben Stunde kannten, eine Spur zu fest und fuhr fort: »Meine Tochter meinte ja, dieser Gesundheits-Check wäre total berechtigt. Wie die hier war, sind die reihenweise während der Messe umgekippt. Sagte sie. Und die haben da nicht mal großartig rumgeturnt, gar nix. Kreislaufprobleme en masse gab´s da. Trotz Air Condition und genug Trinkwasser für alle. Umgekippt wie die Fliegen sind die. Sagt meine Tochter. Kann ich mir gar nicht vorstellen. Umso mehr hat´s mich dann interessiert, mir das selbst anzusehen.« Rand zog den Priester in einen ruhigen Bereich des Restaurants und parkte seine Leibesfülle auf einem braunen Schwingsessel, der sich daraufhin bedenklich nach hinten bog.

      »Und bekehrt waren die alle. Ich höre gar nichts mehr anderes von Kathrin, so heißt meine Tochter, als J.S. hier, J.S. da. Die wollte unbedingt noch mal hierher, aber das möchten die nicht. Offizielle Begründung: Nicht genug Plätze wegen dem großen Andrang. Stellen Sie sich das mal vor. Sehen Sie sich mal um, Hunderte passen hier in die Kuppeln und die haben nicht genug Plätze. Von wegen. Als nächstes hat sie einen Dauerauftrag eingerichtet und jetzt zahlt sie denen ein Zehntel ihres Gehalts. Auch so eine Sache. Die wollen entweder nix oder ein Zehntel vom Gehalt - ein Zehent nennen die das. Wollt´ ihr das ausreden, hatte aber keine Chance. Ein Zehent, Mann o Mann...«

      Der Knickerbocker-Mann schüttelte resigniert den Kopf. »Aber wenn sie´s glücklich macht, will ich ihr nicht weiter dreinreden. Sie sagt, sie hätte sich noch nie so lebendig gefühlt.«

      Langlois startete einen Versuch, das resignierte Kopfschütteln als Solidaritätsbekundung zu kopieren. Es fühlte sich irgendwie geheuchelt an und er war froh, als in der Mitte des Tisches eine kreisrunde Verglasung zu blinken anfing wie eine Kochplatte. Die mittlerweile bekannte Computerstimme forderte die beiden auf, ihre ID-Cards über die Platte zu ziehen und aus der auf der Fläche erscheinenden Getränkeliste auszuwählen. Langlois ließ dem Knickerbocker-Mann den Vortritt und bestellte selbst nur Wasser. Die Stimme bestätigte die Order der beiden und versicherte, dass ihre bestellten Menüs bald serviert würden. »Mann. Kein Bier. Strengstes Alkoholverbot hier. Aber gut, wusste ich schon vorher.« Er klopfte auf seine Gesäßtasche, um sich zu vergewissern, dass der Flachmann noch da war. »Meine Alte würde mir ohnehin die Hölle heiß machen, wenn die mich beim Trinken erwischte.«

      Langlois versuchte noch mal das solidarische Kopfschütteln. Von wegen Hölle! Wenn der von seinem Auftrag wüsste! Wusste der aber nicht und das war gut so.

      »Sie müssen aber verhungert sein.« Rand nickte bewundernd auf Langlois´ doppelte Portion Makkaroni mit zwei großen Tellern Ruccola-Salat. Langlois hatte vergeblich auf der interaktiven Platte am Tisch nach einer Möglichkeit gesucht, eine Portion abzubestellen. Die Kellnerin, wahrscheinlich eine Philippina, verstand kein Wort, als er sich weigern wollte, die doppelte Portion anzunehmen. Sie stellte einfach die Teller am Tisch ab, fragte auch nicht, wer welche Drinks bestellt hatte und verschwand gleich wieder im Küchenbereich.

      Nach dem Essen wollte Langlois etwas spionieren und da kam ihm die Gesellschaft des Knickerbocker-Mannes gerade recht. Zusammen würden sie weniger auffallen, also verwickelte er Rand in eine harmlose Unterhaltung und begann, in Richtung der großen Kuppel zu schlendern. Es gab nur einen Eingang. Die hohe Doppeltür, eingerahmt von zwei leuchtend grünen Kreuzen mit zweifachem Balken, ähnlich wie das orthodoxe Glaubenssymbol, war verschlossen. Es gab keine Fenster. Die Kuppel schien aus sandfarbenem Beton zu bestehen, nur der Bereich bis in zwei Meter Höhe war mit einem weißen, glänzenden Plattenbelag versehen, in dem mosaikartig einzelne goldene Fliesen eingearbeitet waren. Rund um das gewaltige Bauwerk waren Rabatte mit fein säuberlich geharkter und trotz der Hitze ideal befeuchteter Erde, in der, laut Auskunft von Rand, alle Rosenarten der Welt gepflanzt waren. Alle? Das konnte sich Langlois nicht vorstellen.

      Glücklicher Weise waren noch andere Gäste auf der Allee unterwegs, um sich nach dem Essen die Beine zu vertreten. Langlois äugte immer wieder zu den fünf rötlichen Kuppeln hinüber. Rand hatte gemeint, nach der Messe würden alle für vier Tage hierher übersiedeln. O.k., und wozu? Das hätte Langlois schon gerne gewusst. Was sollte das für einen Sinn ergeben? Er musste da ein wenig nachforschen. Als ihnen eine größere Gruppe von Besuchern entgegenkam, zweigte Langlois von der Allee ab und ging kurzerhand zum Eingang einer dieser Bauwerke. Er zückte seine ID-Card und zog sie durch den Schlitz beim Eingang.

      »Nur für Autorisierte!« Die Tonlage der computergenerierten Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass in dieser Beziehung keine Ausnahme gemacht wurde. Langlois hätte gerne ein weiteres Mal die Karte in das Lesegerät geschoben, ließ es aber bei dem einen Versuch bewenden und begab sich wieder zu seinem Freund mit dem rustikalen Beinkleid.

      »Na, können´ses nicht erwarten zu sehen, wies da drin aussieht?«

      »Bin einfach nur interessiert.« Langlois lenkte vom Thema ab: »Sagen Sie, was machen Sie eigentlich beruflich?«

      »Ja. Also. Wo soll ich da anfangen?« Nicht gut, gar nicht gut, dachte Langlois. Wer so anfängt, hört am Ende nicht mehr auf zu quasseln. Zehn Runden später, als sie vor dem Eingang zu ihrer Kuppel ankamen, unterbrach Langlois den geschwätzigen Rand: »Seien Sie mir bitte nicht böse, ich habe heute noch einen Termin bei J.S. und würde mich vorher gerne noch etwas frisch machen.«

      »Wie? Sie treffen den jetzt? Sozusagen Privataudienz?«

      »Sozusagen.«

      »Da bin ich platt.«

      »Also… ja… Dann bis später.«

      Mein Gedächtnis, mein Gedächtnis, dachte Langlois. »Äh, könnten Sie mir einen Riesen-Gefallen tun?«

      »Wenn Sie mich nicht drum bitten, Ihnen mal schnell eine Portion Vanille-Eis aus Brisbane zu holen, gerne.«

      »Könnten Sie mir einen Adapter leihen?«

      Zehn Minuten nach sieben war Langlois bereit. Das elektronische Räuchergerät, eigentlich eine Erfindung für Kiffer, die mit diesem Gerät - das aussah wie ein Handy mit Antenne - ausgestattet, die Polizei täuschen konnten, wenn diese die Unverfrorenheit besaß, sie zu kontrollieren, war geladen und mit bestem arabischen Weihrauch befüllt. Auf der Anzeige las