»Wenn es keine Erben gibt und kein Testament, der Staat.«
»Super. Darauf kann ich verzichten. Aber weiter. Wer hat etwas davon, wenn Backhaus tot ist. Folge dem Geld, mein alter Spruch. Mommsen? Der Verleger.«
»Die Auflagen werden sicher wieder steigen. Denk mal an Stieg Larsson. Seine Bücher sind Millionen Mal auf der ganzen Welt verkauft worden. Einmal in Schweden verfilmt und jetzt ein Zweites Mal in Hollywood.«
»Und was hat er davon. Tot. Herzinfarkt. Überarbeitet. Vielleicht auch Curare? Richten sich die Autoren jetzt untereinander weg. Henning Mankell ist der Nächste. Und dann kommt die Joy Fielding. Und was ist mit Stephen King. Der wird von seinen selbst erschaffenen Monstern getötet und verspeist. Der Autorenkiller. Er ist mitten unter uns. Zuletzt hat er in Erding zugeschlagen.«
»Könnt ihr beiden Knallköpfe bitte wieder zurück auf unseren Fall kommen und das Spinnen lassen«, fauchte Melanie.
»Jawoll, My Lady, das machen wir. Wo ist das Manuskript von Markus Backhaus?«
»Nirgends aufgetaucht«, antwortete Melanie zaghaft.
»Das würde uns sicher helfen. Ich denke, der Bursche war jemandem oder etwas auf der Spur. Und seine Entdeckungen haben ihm, gelinde gesagt, schlichtweg das Leben gekostet.«
»So kann es gewesen sein.«
»Gab es schon einen Titel für sein Buch?«, fragte Alois seine Kollegin.
»Nur einen Arbeitstitel.«
»Und?«
»Jetzt lach mich bitte nicht aus.« Melanie zögerte.
»Komm schon, erzähl!«
»Die schwarzen Schwestern, Vampire auf der Jagd in Oberbayern«, sagte sie ohne die Miene dabei zu verziehen.
Kreithmeier und Zeidler blickten sich gegenseitig an. Dann prusteten sie beide los. Sie lachten so laut los, dass Melanie nichts anderes einfiel als mitzumachen. Nach ein paar Minuten hatten sich alle Drei wieder beruhigt.
»Ich kenne nur Jagdszenen in Niederbayern, aber Vampire auf der Jagd in Oberbayern. Das ist zu dämlich.«
»Es ist ja nur ein Arbeitstitel«, verteidigte Melanie den toten Schriftsteller.
»Auch, wenn es nur ein Arbeitstitel ist, da ist beiß mich bis zum Abendbrot wesentlich ansprechender«, schmunzelte Kreithmeier.
»Das heißt Biss zum Abendrot«, verbesserte Melanie ihn.
»Oder wie auch immer.«
»Du warst gestern mit mir in dem Film.«
»Lasst mich nur mit diesem ganzen Scheiß in Ruhe«, knurrte er. »Wir folgen der Spur aus der Therme. Der jungen Frau. Donnerstag ist Tattooing. Rainer, wir gehen dort hin. Ach übrigens, du bist in der Szene gut bekannt.«
»Was?«
»Der Sven von der Dragon Lady kennt dich ganz gut.«
»Was hast du denn dort gemacht?«, fragte Rainer erstaunt.
»Mich ein bisschen nach schwarzen Lilien umgehört.«
»Na dann erzähl mal.« Melanie sah ihren Kollegen neugierig und gespannt an. »Erzähl mal, was hast du beim Sven herausgefunden.«
»Sag bloß, du kennst ihn auch?« Alois sah man die Überraschung förmlich an.
»Ja, aber keine Angst, ich habe noch kein Tattoo. Aber ich war dort mal zu einem Informationsgespräch. Wirklich rein informativ. Ich habe mich nur beraten lassen.«
»Und zu welchem Entschluss bist du nach deiner Beratung gekommen?«
»Das mir ein Tattoo an einer sehr exponierten Stelle gut stehen würde. Doch das spielt jetzt alles keine Rolle. Aber jetzt erzähl endlich! Was hast du herausgefunden. Du bist dran, Kreiti.«
Alois Kreithmeier ließ sich auf seinen Stuhl fallen, rollte die Augen und gab einen knappen Bericht über die Bedeutung und Symbolik von Lilien. Von dem Deal zwischen ihm und Sven erwähnte er nichts. Das war eine Sache nur zwischen ihnen beiden, es würde reichen, wenn es dann passiert war. Aber vorher? Reden ist Silber und Schweigen ist Gold. Und so erzählte er nur das Nötigste, das Wichtigste verschwieg er. Das behielt er für sich.
Tattooisme
Es war das erste Mal für ihn, dass man ihn beauftragt hatte, nicht nur ein Phantombild von einem Gesicht zu zeichnen. Nein, der Polizeizeichner sollte eine Zeichnung von den Angaben und Beschreibungen eines Zeugen für einen kompletten Körper machen. Und das auch noch von einem nackten und seiner Meinung nach sehr hübschen Frauenkörper.
Alois Kreithmeier und Rainer Zeidler saßen am Schreibtisch und blickten interessiert auf die Zeichnung. Eine schlanke nackte Frau, mit schmalen Hüften, langen schwarzen Haaren, festem Busen und durchdringenden dunklen Augen schaute sie an. Sie war hübsch und hätte in jeder Männergazette auf den ersten Seiten abgebildet sein können, auch, wenn es sich hierbei nur um eine Bleistiftskizze handelte. Melanie hatte ein kurzer Blick darauf genügt. Die beiden Männer jedoch genossen es, die Zeichnung immer wieder anzustarren. Und sie ließen verlauten, sie müssten sich konzentrieren und sich das Bild einprägen, denn sie könnten ja später schlecht mit dem Bild in der Hand durch den Saunatrakt marschieren. Doch ihre Ausrede war eher dünn.
»Habt ihr sonst nichts zu tun, als der jungen Frau dauernd auf die Titten zu starren?«, schnauzte Melanie ihre beiden Kollegen an.
»Wir müssen uns seelisch und psychisch darauf vorbereiten«, klärte sie Alois auf. »Wir können diese junge Frau leider nur an Hand ihrer Figur und ihres Tattoos identifizieren. Mehr haben wir nicht.«
»Das ist mir schon klar. Und was macht ihr dann? Haltet ihr dann der Frau euren Ausweis vor die Nase und lest ihr ihre Rechte vor? Und verhaftet ihr sie dann und führt sie splitternackt ab?«
Kreithmeier schaute seine Kollegin ernst an.
»Was sollen deine blöden Fragen? Du kannst ja mitgehen. Dann darfst du sie in die Umkleide- oder in die Damensauna begleiten.«
»Ne lass mal. Ihr beide macht das schon. Da habe ich das vollste Vertrauen in euch. Ihr hängt ja schon seit einer Stunde über dieser Zeichnung. Und Kreiti, denk daran, es ist ein Nacktbereich, es fällt auf, wenn du die ganze Zeit im Bademantel herumläufst. Eigentlich seit ihr ja Undercover unterwegs.«
»Wir wissen ja gar nicht mal ob sie tatsächlich kommt. Wenn sie unsere Verdächtige ist, warum sollte sie dann zurück an ihren Tatort kommen?«
»Weil es erstens Mörder immer wieder auf eine unheimliche Weise an ihren Tatort zurück zieht und zweitens business as usual. Alles muss weiter gehen wie gewohnt. Das ist das Beste.«
»Wir könnten ja auch vor der Therme warten, bis sie kommt?«
»Geht ihr beiden nur mal rein. Der Rainer freut sich richtig. Gell?«
Rainer Zeidler grunzte nur bejahend.
Melanie sah ihn mitleidvoll an: »Der ist doch froh, wenn er mal keinen Plastikoverall trägt und aus seinem Labor im Keller herauskommen kann, die frische Luft einatmen und die Sonne auf seinem Körper spüren darf. Das Wetter ist super heute. Ihr könnt euch zwar noch nicht in einen Liegestuhl an den See legen, dafür ist es noch zu kalt, aber die Sonne scheint. Wobei das dann am Abend sowieso egal ist. Ab wann trifft sich denn die Szene?«
»Der Wildgruber hat gemeint, die ersten kommen so ab 17 Uhr. Direkt nach der Arbeit und bleiben dann bis zum Schluss. Er hat sich extra für heute Abend zum Dienst einteilen lassen. Er wird uns unterstützen.«
»Von der Dame mit der weißen Lilie am Hintern habt ihr kein