Gemeingefährlich. Fred Kruse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred Kruse
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847668879
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eines menschlichen Hirns besaßen. Die Programmierung so eines Roboters erinnerte mehr an die Erziehung von Haustieren oder gar Menschenkindern als an eine Programmierung elektronischer Geräte, wie sie Kulturen des Metallzeitalters üblicherweise hervorbrachten.

      Allerdings ging man mit Robotern natürlich nicht so zimperlich um wie mit einem Kind. Eine biologische Maschine besaß zwar ähnlich wie Nervenzellen aufgebaute Sensoren, die Rückmeldungen über Verletzungen zurückgaben und sie befähigten, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, aber ein Roboter war nicht fähig, Schmerz wie ein Mensch bewusst wahrzunehmen, dafür fehlte ihm das menschliche Bewusstsein. Das traf auch auf so komplexe Maschinen zu wie der neue Robotertyp, über den Rinata diskutierte.

      »Dawerow, du weichst mir aus. Ich hatte gefragt, wie lange es dauern wird, bis die Roboter einsatzfähig sind.«

      »Drei bis sechs Tage wirst du mir noch Zeit geben müssen, Rinata.«

      »Drei Tage, das ist das absolute Maximum! Denk an unsere Leute, die jeden Tag an den Grenzen sterben!«

      Rinata war nicht Dawerows Vorgesetzte. Sie konnte ihm keine Anweisungen geben, aber als sie das Gesicht des Roboterexperten sah, wusste sie, dass sie gewonnen hatte. Sie war zufrieden. Dawerow würde Tag und Nacht arbeiten. In drei Tagen könnte sie die Maschinen einsetzen. Das war früher, als sie zu hoffen gewagt hatte. Endlich würde es vorangehen.

      2

      »Du bist verdammt spät, wie jeden Tag.« Kelinro klang verärgert. Rinata wurde bewusst, dass sie sich seit Wochen, wenn nicht seit Monaten jeden Abend sehr kühl begegneten.

      »Ich hatte viel zu tun. Dawerow bekommt das Problem mit den neuen Robotern nicht in den Griff«, erklärte sie und versuchte sogar ein Lächeln, was aber müde ausfiel.

      »Und du bist natürlich die Einzige, die die Angelegenheit regeln kann.« Kelinros Stimme troff vor Spott.

      »Vielleicht bin ich nicht die Einzige, die das Problem lösen kann, aber ich bin die Einzige, die sich darum kümmert, dass überhaupt irgendwas geregelt wird.«

      Wieder war Rinata zu laut geworden. Aber sie konnte ihre Wut einfach nicht länger herunterschlucken.

      »Du bist doch genauso wie alle anderen auf dieser Station«, giftete sie Kelinro an. »Immer seid ihr am Meckern, dass es nicht vorangeht. Aber ihr traut euch nur den Mund aufzumachen, wenn der große Meister nicht dabei ist. Die unangenehmen Sachen überlasst ihr mir.«

      Kelinro sah sie einen Moment stumm an. Sein Blick sprach Bände. Völlig unpassenderweise fragte Rinata sich, ob sie sich wünschte, von ihm in den Arm genommen zu werden, so wie früher. Aber selbst wenn sie den Wunsch gehabt hätte, was nicht zutraf, wäre er ihr in dieser Situation kaum erfüllt worden.

      »So, du meinst, ich überlasse die unangenehmen Dinge dir? Weißt du, was heute passiert ist? Weißt du, was heute in unserer kleinen, banalen Gemeinschaft los war, während du die Welt gerettet hast? Oder sollte ich lieber sagen, während du an deiner Karriere gebastelt hast?«

      »Ich bin sicher, du wirst es mir gleich sagen.« Rinata legte sich auf eine der Liegen, die in dem gemeinschaftlichen Wohnzimmer stand. Sie fühlte sich grauenhaft müde. Sollte Kelinro ihr schon seine Problemchen erzählen. Was konnte schon so wichtig sein, wie jeder Tag, um den sie die Produktion der neuen Schutzschirme beschleunigt hatte. Jeder Tag, den sie früher fertig wurden, würde im Schnitt fast ein großes Kriegsschiff retten, das bedeutete, das Leben von durchschnittlich etwa tausend Menschen.

      Tausend junge Menschen, die ihr Leben noch vor sich hatten und die sterben mussten, nur weil dieses intelligente Ungeziefer von Aranaern sich einen technischen Vorsprung herausgearbeitet hatte. Tausend tote Menschen, weil dieses Ungeziefer Waffen besaß, die ihre Schutzschirme durchschlugen.

      Rinata streckte sich locker auf der Liege aus und sah Kelinro abwartend an. Sie wusste, dass nichts ihren Freund so provozierte, wie diese Geste. So bebte seine Stimme auch, als er sprach.

      »Dir ist wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen, dass das Haus neben an fast vollkommen zerstört wurde?«

      »Du meinst doch nicht die Bruchbude zweihundert Meter weiter? Die modert doch schon vor sich hin, seit wir hier wohnen!«

      »Du meinst, weil ein Gebäude alt und unbewohnt ist, kann man es gleich ganz zerstören? Oder was willst du sagen?«

      »Ich weiß nicht, worüber du dich aufregst, Kelinro! Was ist so schlimm daran, wenn eine unbewohnte Bruchbude abgerissen wird.«

      »Du hast es tatsächlich nicht gesehen!«

      »Ich habe nicht darauf geachtet. Ich war in Gedanken. Was ist denn nun so schlimm daran?«

      »Das Haus wurde nicht abgerissen! Es wurde durchsiebt, mit einer Strahlenwaffe!«

      »Na und? Wir leben in einem Militärspeergebiet, da gibt es hin und wieder auch eine Übung.«

      »Es war keine Militärübung. Es waren auch keine Soldaten.« Kelinro sah Rinata derart wütend an, dass ihr Böses schwante. »Es war deine Strahlenwaffe, mit der geschossen wurde! Kannst du dir vorstellen, wer das getan hat?«

      »Wie ist er an die Waffe gekommen?«

      »Das frag ich dich!«

      »Ich weiß nicht. Ich dachte, ich hätte sie weggelegt.«

      »Du weißt es nicht!« Kelinros Stimme bebte vor Zorn. »Wir haben unterschrieben, dass wir die Waffen unter Verschluss halten, Rinata! Auch du hast das unterschrieben!«

      »Du weißt, ich war von Anfang an dagegen, diese Waffen zu bekommen. Ich bin Wissenschaftlerin und keine Soldatin!«

      »Umso mehr solltest du dafür sorgen, dass diese verdammte Waffe nicht irgendwo herumliegt!«

      »Wo ist der Junge eigentlich?«

      »Du sollst ihn nicht immer ›den Jungen‹ nennen. Er heißt Gurian!«

      »Und ich brauche keine Belehrungen von dir, Kelinro! Wo ist der Kerl?«

      »Ich habe ihn zur Strafe ins Bett geschickt!«

      Rinata sah Kelinro an und trommelte mit den Fingern auf den kleinen Tisch, der neben der Couch stand. Sie hatte sich mittlerweile aufgerichtet.

      »Meinst du, das ist die richtige Strafe für einen vierzehnjährigen Jungen?«, fragte sie.

      »Jetzt komm du noch und erzähle mir, wie ich Gurian bestrafen soll!«, brüllte Kelinro. »Vielleicht kommst du erst mal rechtzeitig nach Hause und kümmerst dich auch einmal um den Jungen!«

      »Es tut mir leid. In den letzten Tage war einfach viel zu tun.«

      »Die letzten Tage? Seit wir auf diesem verdammten Planeten Parad sind, hast du jeden Tag zu viel zu tun. Du kümmerst dich mittlerweile überhaupt nicht mehr um Gurian.«

      »Das ist jetzt übertrieben«, lenkte Rinata ein. Sie wusste, dass Kelinro recht hatte. »Ich habe momentan einfach die zeitaufwendigste Aufgabe von uns. Zumindest für ein paar Monate müssen du und die anderen die Erziehung des Jungen, entschuldige, Gurian, übernehmen.«

      Mit ›die anderen‹ waren Syligan und Dagbeg gemeint, zwei weitere Freunde, die mit in der Lebensgemeinschaft lebten, zu denen Rinata aber, seit sie auf Parad lebten, noch weniger Kontakt pflegte als zu Kelinro.

      »Das machen wir bereits seit ein paar Monaten«, fauchte Kelinro. »Die anderen beiden haben sich seit jetzt fast zwei Wochen zurückgezogen. Ich bin mittlerweile der Einzige, der sich um Gurian kümmert.«

      »Das ist wirklich nicht in Ordnung, dass sie dich im Stich lassen!«

      Kelinro sah aus, als würde er jeden Moment auf Rinata losgehen.

      »Du bist diejenige, die uns im Stich lässt!«, presste er nur mühsam beherrscht zwischen den Zähnen hervor.

      »Ich habe dir doch gerade erklärt, dass ich im Moment in einer schwierigen Phase stecke. In dieser Zeit könnt