Indien, ich komme. Marie J. D. Caulfield. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie J. D. Caulfield
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738022896
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„Buon Appetito, Señor John” lächelten Johns Damen zurück. Die drei griffen zum Besteck, John lief das Wasser im Mund zusammen, ja, er hatte doch auf dieses appetitliche Event hin gehungert und folglich verdrehte er ganz verträumt mit wässrigem Mund seine italienisch angehauchten Augen.

      „Two, three, four! “ John Lennon gibt das Kommando. Gitarre, Bass und Schlagzeug beginnen harmonisch und nach ein paar Tönen singt John „Scared“ Dieser Song beschreibt in Johnny Angst.

      Da kam er ganz leise aus dem Hintergrund, ein Knall, der sich mehr und mehr verstärkte, je näher er Johnny kam. Dieser Knall eskalierte zu einem trommelfellschädigenden Donner. Es kamen giftgrüne Höllenblitze dazu. Johnnys Stuhl wackelte und brach auseinander. Die sonst lieb und nett aussehenden Gesichter seiner Mom und seiner Schwester verwandelten sich in Ekel erregende und gelben Schleim sabbernde Fratzen und fingen an zu kreischen. Er konnte sein Herz spüren, wie es unrhythmisch stolperte, wie es anfing, weh zu tun. Sein Hals wurde dicker und er fing an zu schreien. “Nein, bitte nicht schon wieder, nein. Hiiiiiilfe!!!!“ Da wurde es wieder still. Totenstill. Die Szene verschwand. Er war wieder in der Dunkelheit. Er war wieder ein Gefangener dieser Dunkelheit. Er war wieder unfähig, sich zu bewegen. Sein Körper schwebte in dieser depressiven Dunkelheit. Er war unfähig zu denken, ja fast unfähig zum Atmen. „Das war es nun“ murmelte er, „nun bin ich tot“. In dem Moment, als er seine Augen schließen wollte, sah er in weiter Ferne etwas Helles auf ihn zu kommen. „Ist dieses schon das ewige Licht? Bin ich jetzt tot?“, murmelte er fragend in seinen schwebenden Körper hinein. Das Licht kam immer näher, es wurde größer und größer. John faltete mit letzter Kraft seine Hände in der Hoffnung, der LIEBE GOTT hätte bitte noch ein Einsehen mit ihm und so versuchte er seine ganze Konzentration zu einem letzten VATER UNSER, denn das kannte er ja noch aus früheren Zeiten, in denen er ab und zu am Religionsunterricht teilgenommen hatte. Da geschah es. Dieses Licht hatte mittlerweile eine überdimensionale Größe eingenommen. Es kam an und überfiel ihn, es schluckte ihn auf. Johnny konnte gerade noch Amen sagen. Aber nichts war hier und jetzt mit Ewigkeit. Denn in genau diesem Augenblick fand er sich in einem großen Raum wieder. Dieser Raum ähnelte dem Übungsraum seiner Band. Alle fünf hatten seit ein paar Jahren in ihren Ferien gejobbt, um das alte Gebäude einer Tabakfirma zu kaufen, das sich von der Akustik hervorragend eignete, um darin mit einer Band zu üben.

       7. Die Band

      Es wirken mit:

      Eddie, the black flash: die Blues Harp, Percussion, vocal

      Charly, the strong man: Drums and Kajira, vocal

      Mike, the sensitive dreamer: Bassgitarre und Kontrabass, Sitar, vocal

      Little Jesse, the funny guy: Hammond organ, Tabla

      Young Johnny, the ever thinker: Leadguitar Fender Telecaster, Mohan Vira

      Big John erkannte diesen großen Raum wieder. „Nee“, dachte er, “ das ist doch nur ein Traum. Oder ist es schon das Paradies?“ fragte er etwas zögernd, weil er vielleicht die Hölle erwartet hätte? „Aber, das sind doch, verdammt, spinn ich? Ja logo, das sind doch die Jungs. I`m sure! I am that bloody sure“, frohlockte John. Big John war nun im 18 Jahre alten Körper von Johnny. Er konnte es kaum fassen. „Verdammte Ewigkeit! Oh, verdammtes Gebet! The hell, the bloody hell!“ und kam aus dem Fluchen nicht mehr raus. Eben erst war er Little Johnny, der vermeintlich brave Highschool Schüler , der mit Mom und Clara beim Spaghetti Essen am Tisch gesessen hatte und nun fand er sich in dem großen Raum wieder, in dem er mit den Jungs, seinen Freunden, zusammen in der Band einige Jahre die fetzigste Zeit erlebte. Trotzdem tastete er sich vorsichtshalber ab. Aber ja, er war es wirklich. Nicht der16 years old Johnny, nicht Big old John, er war Johnny, der gerade erwachsen gewordene 18 Jahre alte Johnny. Der Mann, der nun längere Haare hatte, der sich zur Flower Power Hare Krishna Bewegung bekannte. Der Mann, der die Musik zu seinem Alpha und Omega machte. Hier hatte er seinen Liebling um den Bauch hängen. Es war seine Fender Telecaster. Neben Cher, seiner 16 Jahre alten Freundin, seinem Baby, hatte er mit der Fender eine andere Beziehung, mit der Cher auch einverstanden war. Sie war ziemlich tolerant, ließ es zu, wenn Johnny die Fender mit leicht verdrehten Augen spielte. Um seine wirren langen Haare hatte er ein rotes Stirnband gezurrt, ganz so wie Jimi Hendrix, als er im August 1969 in Woodstock gespielt hat. Als 6 jähriger Bubi fing John schon mit der Gitarre an. Er fühlte bereits als Kind, dass die Gitarre sein Leben werden würde. Einige Jahre später hatte er schon eine Elektrogitarre und auf dieser übte er solange Gitarrensoli, bis seine Finger fast blutig waren. Eine kurze Zeit später hatte er schon die schützende Hornhaut an den Fingerkuppen. Jimis “Hey Joe” wurde schnell sein one and only song. Dann nahm er das Plektrum langsam und mit cooler Sensibilität zwischen Zeigefinger und Daumen und drehte den Verstärker so stark auf, dass es zu einer satten Rückkopplung kam. Johnny schlug dann die Saiten mit unbarmherziger Härte, aber auch mit größter Wärme an. Es wurde verzerrt und mit Wah-Wah-Effekten gespielt. Wow, und dazu immer `ne Zigarette am Gitarrenkopf geklemmt. Das sah verdammt cool aus. Für eine kurze Zeit versetzte er sich so mit größter Leidenschaft in seine Gitarrenidole. Hier und jetzt spielte und probte Johnny mit den anderen. Dort stand Eddie, der black flash, unser schwarzer Bruder mit seiner Rastermähne und der grinste wie üblich frech voll über seine Zahnpasta weißen Zähne. Er nahm seine Mundharmonika und gab ihr ihr ein kurzes Blues Intro. Das war sein Hoochie Coochie, so spielte er sich vor jeder Probe ein. „Hey Bruder, was ist denn heute angesagt?“ fragte Johnny, um mit der Fender einzusteigen. „Oh Johnny Boy, oh Johnny Boy, bist du wieder drauf? Das Kiffen bläst dir wohl ab und zu die Memory Zellen aus deinem Hirn.“ wobei Eddie und die anderen aber nicht wissen konnten, dass Big John gerade eben erst in Johnnys Körper eingedrungen war. „Das haben wir doch groß und breit durchgesprochen“, erklärte Eddie, „Wir wollen den Black Dog endlich fixen“, und wandte sich schon zu Mike. „Hey, Mike, gib mir mal dein A und dein D“, konterte Eddie lächelnd und brauchte nun ein tiefes A und D, um seine schwarze Stimme für den Black Dog einzustimmen. Da vorne rechts auf dem Barhocker saß Mike, der professionelle Träumer. Er schaute wie sonst auch verliebt auf seine locker umgehängte Bassgitarre. Immer, wenn er seine Zeigefinger und den Mittelfinger an die Basssaiten ranließ, dann glich das einem vollen und gut befriedigenden Sex. Die Bassgitarre war sein Baby. Er liebte seinen Bass. Ok, er nahm ihn nicht mit in sein Bett, sonst hätte Angie, sein Girl, einen verdammt guten Grund gehabt, auf ihn sauer zu sein. Das Bett, oder wie Johnny seemännisch sagte, die Koje, gehörte nun mal nur den Beiden, Angie und Mike. Das waren komplett andere Welten, und das musste so verdammt okay sein. Angie Baby argumentierte mit einer Überzeugungskraft und Mike hatte dies ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. Er war zudem noch ein sehr sensibler Typ. Zum Hare Krishna beispielsweise entschuldigte er sich beim Bass mit einer kleinen Verbeugung und wechselte zur hinduistisch angehauchten Sitar. Dabei sang und spielte er sich in tiefste meditative Trance. Er wollte das oberste Bewusstsein erreichen. Na klar, dazu brauchte er noch nicht einmal den ultraharten Joint mit dem Stoff aus Nepal. Die Musik und seine Konzentration reichten ihm. Sein Ehrgeiz ging dahin, dieses hinduistische Gedankengut allen in der Gruppe zu lehren. Johnny fand das obercool. Hier und jetzt aber benutzte Mike die volle Basshärte, um dem Black Dog Song von Led Zeppelin die rockigste Breitseite zu geben. Die Jungs übten schon drei Wochen daran. Alle waren sie ehrgeizig. Beim Proben hatte Jesse, der andere Mann aus dieser Truppe, die 25 Jahre alte Lederweste an, die ihm sein Daddy mal aus irgendeinem Indianercamp mitgebracht hat. So saß er mit verliebten Augen an seinem non plus ultra Heiligtum, an seinem zweiten Leben, an seinem zweiten Ich, an seiner Hammond Orgel. Beim Spielen untersuchte er gleichzeitig mit seinen mikroskopischen Augen jede Taste auf Staub. Diese Art des Multitasking hatte er wohl von seiner Mom geerbt. Sah er etwas auf der Tastatur, war es nur ein Staubkorn, dann stand er auf und fluchte, vergaß dabei seine englisch angehauchte Gentlemanerziehung. „For the bloody hell sake. Dich habe ich endlich gefunden, du verdammt mieses Staubkorn.“ fluchte er ziemlich ernst und blieb dabei schön cool. „Willst du etwa mein Baby versauen? Warte, dich krieg` ich!“ und erklärte somit seinem vermeintlich ärgsten und schlimmsten Feind, dem Staub, kurz und bündig den Krieg und holte in Blitzgeschwindigkeit eins von mehreren Staubtüchern, die in einer seiner vielen Hosentaschen steckte. Dann ging er mit einem undefinierbaren Elan über die Tasten und polierte sie so glänzend wie Eddies Zähne weiß waren. Das war unser Jesse. Der Mann, der die Sauberkeit