Auftrag: Tötet mich. Jens Lämmerzahl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jens Lämmerzahl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752924442
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da er keine Fluchtmöglichkeit hätte“, dachte er fast immer, wenn er die Stufen hinunter rannte.

      Steves dunkler Audi A4 parkte an einem großen Bürogebäude. Er war bei seinem Arbeitgeber angekommen. Ein kleines, unscheinbares, bronzenes Schild am Eingang deutete eine private Agentur hin, zur Tarnung. DarkFox erfüllte Aufträge jeglicher Art, solange das Geld stimmte. Gerade, als er die Tür mit einer Schlüsselkarte öffnen wollte, hielt er inne.

      Ihm wurde plötzlich schwindelig und er bekam heftige Kopfschmerzen. Ein Wachmann kam von innen auf ihn zu. „Ihre Schlüsselkarte, bitte“, forderte der Wachmann. Er durfte nicht einfach die Tür öffnen. Steve war so schwindelig, dass er die Karte nicht in den Schlitz bekam. Er stützte sich an der Tür ab, als ein Mann vom fünfzig Meter entfernten Parkplatz auf ihn zukam. „Sir, die Karte“, wiederholte der Wachmann etwas energischer. „Steve…, alles okay?“, rief der Mann hinter ihm. Es war sein Kollege Maik Meuser. Maik nahm die braune Aktentasche in die andere Hand und stützte Steve. Er zeigte dem Wachmann die ID-Karte, der öffnete schließlich die Tür.

      Maik half Steve hinter der Eingangstür auf einen Stuhl, der neben einem Personendetektor stand. Das strengte Maik sehr an, hatte er doch selber zwanzig Kilo zu viel drauf. Er strahlte den typischen Bürohengst aus mit seiner zu großen Brille und der Halbglatze. „Steve…, alles okay?“, fragte Maik erneut und kniete sich vor ihn hin.

      Der Wachmann hatte reagiert und kam wenige Sekunden später mit einem Glas Wasser. „Danke…, geht schon wieder besser“, kam Steve langsam wieder zu sich. Maik gab ihm das Glas Wasser weiter und Steve nahm einen Schluck. „Ich werde dich jetzt zum Arzt bringen und dann sage ich Kramer, dass du erstmal zum Arzt bist, okay?“

      Steve nickte zustimmend. Auf Maik gestützt, gingen beide über den Hinterhof zum hauseigenen Arzt.

      „Wieso ist denn der Doc jetzt nicht da?“, rüttelte Maik etwas erregt an der verschlossenen Tür. „Auch keine Nachricht irgendwo“, begutachtete Maik die Tür und die beiden Fenster links und rechts.

      Maik nahm ein Handy heraus. „Meuser hier. Herr Kramer…, ich stehe hier unten vor der Arztpraxis. Dem Steve Manovsky geht es nicht sehr gut. Da die Praxis geschlossen ist, bringe ich ihn zu einem Hausarzt in der Stadt.“ Maik schaute nach oben. An einem der Fenster wackelte die Gardine. „Danke, Herr Kramer. Bin so schnell zurück wie ich kann“, nickte Maik zu dem oberen Fenster.

      „Danke, Maik. Ich komm allein klar. Es geht schon wieder.“ „Du kannst aber so nicht arbeiten, Steve.“ „Ist schon klar. Ich werde ja auch einen Arzt aufsuchen“, tippte Steve Maik nochmal auf die Schulter und verschwand.

      Kapitel 4

      14.34Uhr. Nachdem Steve fünfzehn Minuten warten musste, hatte er nun einen ziemlich gründlichen Untersuchungsmarathon hinter sich. Mittlerweile ging es ihm besser, bis auf die Kopfschmerzen. Das sagte er auch dem Arzt. Steve saß dem Arzt gegenüber, während dieser in Steves Akte schaute. Zwei Minuten, die Steve wie zwanzig Minuten vorkamen, sah Doktor Klemp in die Akte. Er blätterte vor und zurück und wieder vor.

      „Nun Herr Manovsky…, um ganz sicher zu gehen, müssen wir die Blutwerte abwarten. Außerdem würde ich ihnen noch einen Termin für eine MRT-Untersuchung geben. Kopfschmerzen sind zwar nicht ungewöhnlich, aber durch ihren Schwindelanfall und ihr Erbrechen würde ich ihnen dazu raten“, sagte Klemp und schaute dabei über seine Brille. Steve ging für einen Moment in sich und nickte schließlich zustimmend. „Gut. Die Tür bitte durch, geht’s zur Schwester. Die gibt ihnen ihren Termin und Ende der Woche möchte ich sie nochmal sehen, Herr Manovsky“, erhob sich Klemp, gab Steve die Hand und deutete auf eine Durchgangstür.

      Einen Tag später: „Legen sie bitte alle metallischen Gegenstände hier ab und gehen dann hier hinein“, forderte die freundliche und attraktive Schwester Steve auf, sich auf das Bett des MRT zu legen. Ein paar Handgriffe noch durch die Krankenschwester und Steve war bereit. Sie verließ den Raum. „Und jetzt bitte den Kopf ganz still halten. Nicht bewegen, bitte“, forderte die Schwester über Lautsprecher nach einer gefühlten Ewigkeit.

      „Bamm, bamm, bamm, bamm“, ratterte das MRT wenige Augenblicke später los. Das Geräusch war gerade so laut, dass Steve ein wenig weg dösen konnte. Steve hatte schon öfter gehört, dass dabei viele ein wenig Platzangst bekamen, doch Steve genoss diese kleine Auszeit und verfiel in Gedanken zu seinem letzten Einsatz als aktiver Soldat.

      Bosnien in den Neunzigern: Steve lag im oberen Teil eines Kirchturmes in einem kleinen Dorf, irgendwo im Nichts. Mit seinem Scharfschützengewehr im Anschlag beobachtete er durch das Zielfernrohr die Gegend nach feindlichen Aktivitäten. Sein Auftrag lautete eine strategisch wichtige Brücke zu bewachen. Der Feind sprengte sie gerne in die Luft, um die Mobilität der Hilfstruppen zu behindern.

      Seit Stunden lag er schon da oben, ohne eine Person gesehen zu haben. Der Himmel war grau und es regnete leicht. Plötzlich kam ein kleiner Junge von der gegenüberliegenden Seite und trieb seine Ziegenherde auf die Brücke zu. „Falke Zwei an Nest. Habe hier Bewegung. Bitte um Anweisung“, flüsterte Steve in sein Funkgerät, das direkt neben ihm stand. „Nest an Falke Zwei. Welche Art von Bewegung?“ „Falke Zwei an Nest. Ein kleiner Viehtrieb auf das Ziel zu.“ „Nest an Falke Zwei. Erhöhte Wachsamkeit. Jede Änderung mitteilen. Ende.“

      Gebannt schaute Steve durch sein Zielfernrohr. „Na, Kleiner. Was machst du denn bei dem kalten Sauwetter hier draußen?“ Der Junge näherte sich immer weiter der Brücke, als Steve plötzlich etwas Merkwürdiges auffiel. In der rechten Hand hielt der Junge einen selbstgemachten Gehstock, mit dem er die kleine Herde zusammen hielt. In der linken sah Steve eine Art Fernbedienung mit langer ausziehbarer Antenne. „Was ist das denn?“, wunderte er sich und sah genauer hin. Ein kleines schwarzes Kästchen mit einem silbernen Schalter. Steve sah noch genauer hin.

      Er sah große Angst in den Augen des Jungen. Immer wieder schaute der Junge dahin zurück, wo er herkam. Steve verfolgte die Route mit dem Zielfernrohr und stieß schließlich auf ein dunkles Zivilfahrzeug, was sich hinter einem Busch versteckte.

      „Falke Zwei an Nest. Merkwürdiges, parkendes Fahrzeug in nicht allzu großer Entfernung. Bitte um Anweisung.“ „Nest an Falke Zwei. Viehtrieb aufhalten. Ich wiederhole…, Viehtrieb aufhalten. Unterstützungskräfte in elf Minuten vor Ort.“ Schnell schwenkte Steve mit dem Zielfernrohr zurück zu dem Jungen.

      Während die Herde weiter auf die Brücke zulief, wurde der Junge immer langsamer. Steve beobachtete die einzelnen Ziegen. Da bemerkte er bei einem Tier eine ungewöhnlich kantige Wölbung am Körper. Steve war sofort klar, was das ist. Sie hatten dem Tier Sprengstoff in den Körper eingenäht und der Junge hielt den Auslöser in der Hand. „Falke Zwei an Nest. Das ist noch ein Kind.“

      Steve wurde immer nervöser. „Nest an Falke Zwei. Gefahr ausschalten.“ „Verdammte Scheiße. Ich kann doch kein Kind erschießen“, sagte er leise vor sich hin. Der Junge war noch etwa fünfzehn Meter von der Brücke entfernt. Hastig schwenkte Steve zwischen dem Jungen und dem Fahrzeug hin und her. „Scheiße, scheiße, scheiße“, war Steve höchst angespannt. Er zielte auf den Jungen, schloss die Augen und sah wieder hin. Das Fadenkreuz sank vom Kopf des Jungen direkt vor seine Füße. „Peng“, spritzte etwas Dreck vor dem Jungen hoch. Steve beobachtete den Jungen. Er blieb stehen und sah sich völlig verängstigt um. Der Junge begann zu weinen und seine Hose wurde im vorderen Bereich nass.

      Steve schwenkte zum Wagen. Der hatte sich mittlerweile in Bewegung gesetzt und raste mit hohem Tempo auf den Jungen zu. Steve musste ihn aufhalten. Doch er hatte große Schwierigkeiten den Fahrer ins Fadenkreuz zu bekommen. „Peng“, schoss er schließlich auf den linken Vorderreifen und traf. Doch der Wagen raste unbeirrt weiter. „Peng, peng, peng.“ Steve schoss und schoss.

      Schließlich überrollte der Wagen den Jungen und die Herde und blieb auf der Brücke stehen. Steve hielt den Atem an und schaute ohne ein Zwinkern durch das Zielfernrohr. Zwei Personen im Wagen. Beide waren scheinbar tot. Steve fing sich wieder und fing hektisch an zu atmen.

      Normalerweise würde er am liebsten seine Position verlassen, hinuntergehen und einen