Der Detektiv, dem er die neue Erkenntnis sofort mitteilte, kannte einen Polizisten, der Zugang zu der zentralen Zulassungskartei hatte, und fand so heraus, dass es von diesem Typ nur noch wenige zugelassene Wagen in Deutschland gab. Nach ein paar Tagen faxte er ihm eine Liste mit den Kennzeichen und den Adressen der Halter. Um die Recherchekosten in Grenzen zu halten, hatte ihm der Detektiv vorgeschlagen, dass er selbst die Orte aufsuchen und herausfinden solle, ob er den Wagen irgendwo auf der Straße entdeckte. Wegen der weiteren Ermittlungen könne er, der Detektiv, dann wieder in Aktion treten. Und so eröffnete er seiner Frau, dass er an den nächsten Wochenenden einige dringende, geschäftliche Termine wahrnehmen müsse. Sie wunderte sich über diesen ungewöhnlichen beruflichen Einsatz, er habe doch noch nie am Wochenende weg müssen und jetzt gleich so oft. Sie glaubte ihm wieder kein Wort, als er wortreich erklärte, er wolle sich erweitern, seinen Geschäftsbereich über die Stadtgrenzen, ja über die Landesgrenzen ausdehnen und dazu müsse er sich selbst ein Bild von den Regionen machen, die infrage kämen.
„Du hast bestimmt eine andere in einer deiner Regionen, mit der du dich am Wochenende rumtreibst. Genauso wie du bei einer anderen warst, als du mich abholen solltest. Ihr habt Sexspielchen im Wald gemacht oder komische Wetten abgeschlossen oder euch in einem Sado-Maso-Club vergnügt und dann ist ihr Freund oder Zuhälter unerwartet aufgetaucht und hat dir eine auf den Rüssel gegeben. Oder die Spielchen sind aus dem Ruder gelaufen, du hast verloren und musstest als Strafe nackt durch die Prärie tappen, sozusagen die schlimmste aller Strafen. So war es, lüg mich nicht an und jetzt willst du neue Abenteuer suche, du Giermorchel.“
Er schwieg, sie bohrte nicht weiter nach, war sich aber ihrer Sache sicher.
Vier Mal fuhr er vergebens zu einer der Adressen. Drei Mal Fehlalarm, obwohl er das Auto sah, aber entweder stimmte die Farbe nicht oder der kastenförmige Aufbau sah ganz anders aus. Einmal fand er das Auto nicht. Es war nach Aussage von Nachbarn, denen er Kaufinteresse vorgegaukelt hatte, vor Kurzem verschrottet oder verkauft worden, weil der Besitzer, ein alter Mann, ins Altersheim umgezogen sei. Dann endlich, am fünften Wochenende, wurde er fündig. Er war in ein kleines Dorf gekommen, ein typischer Schlafort in der Nähe einer Großstadt. Er sah den Peugeot bereits im Vorbeifahren vor einem Haus stehen und erkannte die typische Kastenform mit dem Wellblechstreifen am Rand, auf Anhieb wieder. Er war immer noch schmutzig, wenn auch nicht mehr gar so sehr wie auf dem Parkplatz damals. Das Nummernschild war jetzt deutlich zu erkennen und er notierte sich die Nummer. Als er zum zweiten Mal vorbei fuhr, sah er auch den Aufkleber mit dem Elch. Er atmete tief durch, das war es also. Warte nur Freundchen, bald habe ich dich. Dann suchte er sich einen Platz, von dem aus er das Auto und das Haus beobachten konnte, nicht zu nah, nicht zu weit weg, eine heikle Sache in einem kleinen Dorf. Aus seinem Auto heraus machte er mit seinem Handy ein paar Fotos von dem Objekt und von dem Haus, auf dessen Hof das Auto stand. Es sah ziemlich heruntergekommen aus, ein freistehendes Einfamilienhaus mit einem großem Hof und einem kleinen Vorgarten. Er konnte nicht erkennen, ob jemand zu Hause war und so beschloss er, in seinem Auto zu warten und das Haus zu beobachten. Die Zeit verging im Schneckentempo. Nichts rührt sich. Niemand kam, keiner ging. Ab und zu kamen zwar Menschen vorbei, auch ein Nachbar tauchte wiederholt auf und äugte neugierig zu ihm hin, aber ansonsten gab es so gut wie keine Veränderungen, die ganze Gegend war wie ausgestorben. Er blieb die ganze Zeit im Auto sitzen, ziemlich abgetaucht, um möglichst wenig aufzufallen, um kein Aufsehen zu erregen. Er wollte nur beobachten, nur feststellen, wie der Besitzer aussahe und ob auch eine schwarze Frau auftauchen würde. Sie wäre sozusagen der letzte Beweis. „Euch Arschlöchern werde ich auf die Spur kommen“, dachte er und gähnte. Dieser Job war unsäglich langweilig und einschläfernd. Im Auto sitzen und warten und beobachten, nein, Detektiv wäre kein Beruf für ihn. Das Autoradio ging schon längst nicht mehr, die Energiesicherung hatte es abgeschaltet. Den Motor anlassen wollte er natürlich nicht. Er hatte Hunger und Durst und gähnte wieder, kniff die Augen zusammen und blinzelte. Die Augenlider wurden immer schwer. Es wurde dunkel. Die Fahrt war lang und anstrengend gewesen. Viel Verkehr, ständig hatte er sich konzentrieren müssen und auch jetzt war nicht die Zeit zum Ausspannen und Erholen. Erst duselte er vor sich hin, dann nickte er ein, schrak noch ein paarmal hoch, doch schließlich schlief er, obwohl er sich vorgenommen hatte, genau das zu vermeiden und obwohl es unbequem ist, auf dem Vordersitz eines Autos zu schlafen, mit dem Steuer vor der Brust und den Pedalen vor den Füßen. Als er aufwachte, begann es gerade wieder hell zu werden. Er blinzelte erneut und riss dann die Augen auf. Das Wohnmobil war weg. Er fluchte, was für eine Kacke.
Zumindest wusste er jetzt, dass jemand da war, dass jemand die ganze Zeit dagewesen oder in der Nacht gekommen war und dann weggefahren ist. Obwohl immer noch kein Mensch