Verirrungen. Yupag Chinasky. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Yupag Chinasky
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741846120
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leer ist. Sie dreht sich um und wartet, bis er bei ihr ist.

      „Alles klar? We are here.“

      Sie fasst seine Hand an. Fasst ihn zum ersten Mal an. Er ist baff. Parkplatz. Um diese Zeit. Parkplatz ist doch nur nachts gefragt, bunte Neonröhren an Wohnwagen oder auf dem Dach von Kleinwagen. Sie lässt ihm keine Zeit zum Nachdenken, zieht ihn an der Hand mit, steuert ein Wohnmobil an. Älteres Modell, Typ Kastenwagen, sehr schmutzig, voller Sand und Lehm. Vielleicht war das Fahrzeug einmal weiß. Das Kennzeichen ist total verdreckt, Buchstaben oder Zahlen sind nicht zu erkenne. Auffällig ist nur ein Aufkleber am Heck mit einem Elch, so einer, wie sie Urlauber aus Skandinavien mitbringen. Er ist leicht verwirrt. Will die, dass ich mit ihr in diesem alten Kasten bumse? Glaubt die, dass ich da rein gehe? Liebe im Campingwagen, so etwas hat er sich nicht vorgestellt. Da drin muss es doch verdammt eng und unbequem und erst recht heiß sein. Hat er es nötig, in einem Campingwagen zu ficken? Aber die Gier hat ihn wieder fest im Griff, nachdem die Frau ihn an die Hand genommen hat und er ihre überraschend raue Handfläche in seiner spürt. Und außerdem sollte der ganze Aufwand, der ganze Anmarsch umsonst gewesen sein? Während er noch zögert, hat „die“ einen Schlüssel aus ihren Jeans gekramt und öffnet die Schiebetür auf der Beifahrerseite, steigt ein, reicht ihm wieder die Hand und zieht ihn die kleine Treppe hoch. Beim Einsteigen fällt ihm noch etwas an dem Campingbus auf, aber es bleibt ihm keine Zeit, es sich einzuprägen. Er weiß später nicht einmal genau, was es war, denn die Frau, die ihn zu sich hoch gezogen hat, begrüßt ihn nun sehr freundlich.

      „Come in Schatzi. Welcome in my home.“

      Innen ist tatsächlich noch heißer, dazu ist die Luft stickig und es müffelt irgendwie, vielleicht nach alten Klamotten oder ungewaschenen Socken. Nach dem hellen Sonnenlicht ist es zudem sehr dunkel, anfangs sieht er gar nichts und er beginnt noch stärker zu schwitzen. Sein Taschentuch, das er sich an die Stirn hält, kann den Schweiß schon längst nicht mehr aufnehmen. Die Frau hat seine Hand losgelassen, knipst eine Lampe an und schließt die Tür. Rotes Licht natürlich. Er schaut sich um. Direkt gegenüber der Schiebetür ist ein ziemlich schmales Bett, in Richtung der Fahrerkabine eine Art Küchenzeile und am Heck ein Fenster mit einem dichten Vorhang. Von außen dringt kein Licht in den Raum. Aber das vorhandene Licht reicht aus, um sich jetzt auf die Frau zu konzentrieren. Die hat sich auf das Bett gesetzt. Sie weiß wohl, dass sie keine Zeit verlieren dürfen, dass es jetzt flott gehen muss. Hat er ihr eigentlich schon gesagt, dass er nur ganz wenig Zeit hat? Er sieht nun ganz deutlich, dass sie auch schwitzt, fast noch mehr als er. Er sieht die Schweißperlen auf ihrer Stirn und auf dem üppigen Dekolletee.

      „Get off cloths. So hot here.“

      Sie selbst macht keine Anstalten, die paar Sache abzulegen, die sie an hat. Stattdessen fragt sie.

      „Some drink?“

      Er schüttelt den Kopf. Er hat zwar Durst, will aber nicht mit überhöhten Preisen verarscht werden. Er denkt an den teuren, minderwertigen Sekt, der in mittelmäßigen Nachtbars ausgeschenkt wird und den man gefälligst spendieren muss, um mit einer der Damen überhaupt zu reden und den man reichlich bestellen muss, um vielleicht ein bisschen zu knutschen. Das kennt er, das hat er schon mitgemacht, diese Erfahrung reicht. In einer Nachtbar ist der Sekt teuer, aber wenigstens kalt. Hier, in dem heißen Bus, kann sich doch kein Getränk der Hitze entziehen. Andererseits plagt ihn der Durst, sein Mund ist trocken, nicht nur wegen der Hitze. Die unmittelbare Nähe der Frau, der Geruch ihres Parfüms, ihres Schweißes, die Berührung ihrer Hand, die Erwartung, was gleich geschehen wird, das alles macht ihn noch heißer, noch durstiger. Als sie die Frage wiederholt und noch ein „really“ dran hängt, nickt er und wischt sich wieder die Stirn ab. Wie kann man es bei dieser Hitze nur in so einer Karre aushalten, geht es ihm durch den Kopf. Wie kann man es überhaupt in so einer Karre aushalten? Dann fällt ihm ein, dass er eine wichtige Sache immer noch nicht geklärt hat.

      „Wie teuer, das Vergnügen? Alles zusammen. Drink and sex. How much? Only short time, only a quicky, you understand. No much time. Train is coming. I need go to station. So, hurry up, please!“

      „Yes, yes. Alles klar. Softdrink no money. All inclusive. So hot here. Coke? Get off cloths!“

      Wenigstens will sie ihm keinen Sekt andrehen. Er zieht endlich die Jacke aus und löst die Krawatte, legt sie aber noch nicht ab. Die Frau steht auf, öffnet einen Minikühlschrank in der Küchenzeile, nimmt eine Cola und zeigt ihm die Dose. Er nickt wieder. Sie verteilt den Inhalt auf zwei Pappbecher und reicht ihm einen. Er nimmt einen tiefen Schluck. Die Cola ist bestenfalls laukalt, schmeckt fade und beschissen. Er weiß gar nicht, wann er seine letzte Cola getrunken hat. Er mag das süße Zeug nicht, besonders dann nicht, wenn es warm ist, aber zumindest ist der Mund nicht mehr so trocken. Die Frau setzt sich wieder auf das Bett, deutet mit der Hand an, dass er sich auch setzen soll und rückt sofort ganz nahe an ihn heran. Eine Hand hält den Pappbecher, die andere wandert auf seinem Rücken herum, hinab zu seinem Gesäß, dann finden sie den Weg auf einen seiner Oberschenkel und tastet sie sich weiter vor, in Richtung seiner Männlichkeit. Die Hand findet sein steifes Glied, ohne aber die Hose zu öffnen, greift, presst, drückt. Es ist ihm schon fast unangenehm, wie sie da an ihm herum grapscht, aber es tut dennoch gut. Doch das Vergnügen ist nur kurz, sie zieht die Hand rasch wieder ab und gibt ihm dafür einen leichten Kuss auf die Wange. So abrupt, wie sie sich an ihn geschmiegt hat, wie sie sich im wahrsten Sinne des Wortes, an ihm vergriffen hat, so plötzlich lässt sie auch wieder von ihm ab und rückt ein Stückchen von ihm weg, dabei fordert sie ihn erneut auf, sich endlich ganz auszuziehen, ohne aber selbst etwas abzulegen. Er nimmt nun die Krawatte vollends ab, streift sein feuchtes Hemd über den Kopf, ohne die Knöpfe zu öffnen, zieht die Schuhe aus, behält aber die Socken an. Schließlich steht er noch einmal auf, zieht die Hose aus und setzt sich wieder auf das Bett. Nun ist er fast nackt bis auf die Unterhose und eine schwere Goldkette um den Hals, die erst zum Vorschein kam, nachdem er das Hemd abgestreift hatte, eine echte Strizzikette, wie sie Zuhälter und Angeber lieben. Außerdem hat er noch vier Ringe an den Fingern, ein Ehering und drei von ähnlicher Scheußlichkeit und natürlich die vergoldete Omega, aber diese Dinge kann man ja nicht zur Kleidung rechnen.

      „Und du? Auch nackig, oder? You striptease, please.“

      Sie bleibt auf dem Bett sitzen und lacht.

      „Yes, wait. We have time. Drink. Good for you, Schatzi. Relax a moment. You will need much power to make me happy.“

      Er nimmt noch einen Schluck, dann sagt er laut und scharf:

      „No time. No relax. Keine Zeit. Ich muss zum Bahnhof. Verstehst du. Keine Zeit. Next time more time. Aber jetzt not. Also mach schon.“

      Sie erschrickt über seine heftige Reaktion, stellt endlich den Becher auf den Boden und streift sich das T-Shirt über eine Schulter, sodass ihr BH zur Hälfte sichtbar wird. Er ist sehr rot, signalrot und sehr knapp, einer vom Typ Push-BH, einer der die Brüste steil nach oben presst. Sie holt eine dieser gepressten Brüste aus dem Körbchen, legt aber sofort ihre Hand darauf, bedeckt sie, als ob sie dieses ausgeprägte Merkmal ihrer Weiblichkeit schützen müsse. Dann regt sie sich erst mal gar nicht, bleibt wie angenagelt sitzen. Er schaut sie erstaunt an und diese kurze Pause, diese erzwungene Konzentration führt dazu, dass er auf einmal ihren Geruch wieder deutlich wahrnimmt. Die Frau riecht noch süßlicher und strenger als beim flüchtigen Vorbeigehen, eine Mischung aus aufdringlichem Parfüm und starkem Schweiß. Der Geruch bewirkt, dass seine Gedanken den engen Bus verlassen und hinaus wandern, zu seiner Frau, die auf ihn wartet, obwohl der Zug noch unterwegs sein müsste. Dieses Scheissparfüm, denkt er einen Moment lang, wie bekomme ich das nur wieder los? Meine Frau riecht das bestimmt sofort. Ich kann mich doch nicht mehr duschen. Auf einmal ekelt er sich fast und denkt nur noch, dass eine Dusche ihnen beiden guttäte. Aber diese Gedanken verdrängt er rasch wieder. Hier gibt es keine Dusche und duschen wäre nur Zeitverzögerung. Er wird sich etwas einfallen lassen müssen, darin ist er ja geübt. So konzentriert er sich wieder auf den Anblick der Frau mit der marginal geschützten Brust und fühlt, wie er sich weiter erregt vielleicht durch diese verdammte Duftmischung oder wegen der Enge und der Hitze, auf jeden Fall aber wegen der direkten Nähe und der Erwartung, dass der Höhepunkt bald auf ihn zukommen wird, auf sie beide zukommen wird. Und tatsächlich wird die Frau wieder aktiv. Sie hält zwar ihre eine Hand immer noch vor