Der Heinrich-Plan. Irene Dorfner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Серия: Leo Schwartz
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847647089
Скачать книгу
kann es schon mal ein bisschen heftiger zugehen. Aber ich bestehe darauf, dass ich mich mit niemandem gestritten habe.“

      Leo sah zu Julius.

      „Was sagen Sie dazu, Herr Bernrieder?“

      „Was soll ich sagen, Mann? Ich kann von meinem Kumpel nicht erwarten, dass er weiß, wann ich ins Bett gehe. Ich weiß, dass ich gegen 22.00 Uhr ins Bett bin, Zeugen habe ich keine.“

      „Kann sich von Ihnen jemand erinnern, was Maximilian an diesem Abend anhatte?“

      „Ja klar,“ sagte Tim mit einem Schmunzeln. „Wir haben uns alle darüber lustig gemacht. Es waren blaue Shorts mit bunten, kleinen Palmen drauf. Das ging gar nicht. Maximilian hatte seine Shorts zuhause vergessen und hat in der Boutique des Hotels das scheußliche Ding gekauft. Er sagte, die anderen waren noch hässlicher, was ich mir nicht vorstellen kann.“

      „Und die Schuhe?“

      „Keine Schuhe. Das war eine Beachparty, im Sand trägt man keine Schuhe. Die Jungs tragen Badeshorts und die Mädchen einen Bikini, das ist ja das Tolle an diesen Strandpartys,“ sagte Tim mit einem Lächeln.

      „Ich hatte Schuhe an,“ sagte Benjamin mit einem Seitenblick auf Tim.

      „Klar, du warst ja auch wie immer korrekt gekleidet. Mit Hemd, langer Hose und Slippern. Und das bei einer Beachparty im Sand!“, sagte Julius mit einem Lachen. „Du musst immer aus der Reihe tanzen und bei jeder Gelegenheit demonstrieren, dass du etwas Besseres bist,“ sagte Julius sarkastisch. Man spürte sofort, dass er Benjamin nicht leiden konnte. „Ich hatte übrigens auch keine Schuhe an. Das war mir ganz recht, denn in meinem Zimmer hätte ich Stunden gebraucht, um meine Schuhe zu finden. Ich bin etwas chaotisch und es braucht nicht viel, bis es aussieht wie Sau.“

      „Jetzt habe ich aber auch eine Frage,“ sagte Tim. „Wie ist Maximilian gestorben? Wo haben Sie ihn gefunden und was zum Teufel hat er die ganze Zeit gemacht?“

      Die drei sahen Leo an. Offensichtlich stellten sich die anderen beiden dieselben Fragen.

      „Tut mir leid, aber Details können wir Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt aus ermittlungstechnischen Gründen noch nicht nennen.“

      „Unfall oder Mord?“ Tim ließ nicht locker. „Es macht mich stutzig, dass Sie von der Mordkommission Ulm sind.“

      Leo war in der Zwickmühle und sah Anna an. Sie zuckte nur mit den Schultern und überließ ihm die Entscheidung, Informationen zu nennen. Warum auch nicht? Die drei jungen Männer, die vor ihm saßen, waren Maximilians beste Freunde. Hatten sie nicht ein Recht darauf, wenigstens dieses Detail zu erfahren?

      „Wir gehen von Mord aus. Aber mehr kann ich Ihnen wirklich noch nicht sagen.“

      Die drei starrten Leo irritiert an, damit hatte niemand gerechnet. Sie stellten Leo noch jede Menge Fragen, die er aber abblockte. Noch scheute er sich davor, ihnen die grausame Wahrheit zu sagen. Was sollte das bringen?

      Nachdem die Protokolle aufgenommen wurden, gab Leo jedem noch eine seiner Visitenkarten und sie wurden nach Hause entlassen.

      Nach einer kühlen Verabschiedung von Steinberger fuhren Leo und Anna zurück nach Ulm. Es war bereits dunkel geworden und im Radio lief leise Musik.

      „Steinberger konnte es kaum erwarten, dass wir endlich wieder abhauen. Kann ich irgendwie nachvollziehen, schließlich haben wir ihn ganz schön in Beschlag genommen. Maximilians Freunde taten mir sehr leid. Die Todesnachricht und vor allem die Info, dass Maximilian ermordet wurde, hat sie ziemlich mitgenommen.“ Anna war betroffen. Der heutige Tag ging ihr ziemlich an die Nieren.

      „Ich habe mir das Gespräch mit den Freunden anders vorgestellt. Ich ging davon aus, dass sie untereinander befreundet sind und sich gut kennen. Aber in Wirklichkeit sind die sich alle nicht ganz grün. Die waren nur zusammen, weil sie mit Maximilian befreundet waren. Er war das Bindeglied zwischen ihnen. Wenn wir mehr Erkenntnisse haben, sollten wir sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmals getrennt voneinander befragen.“ Auch an Leo ging der heutige Tag nicht spurlos vorbei. Dieser beschissene Tag und die Fahrt in der trostlosen Nacht gingen ihm an die Nieren. Er spürte, dass es Anna ähnlich ging. „Was hältst du davon, wenn wir richtig gut essen gehen? Das haben wir uns nach dem heutigen Tag verdient. Morgen sehen wir weiter. Ich denke, wir sollten uns auf Sylt umsehen, vielleicht werden wir dann etwas schlauer.“ Anna nickte zustimmend. Auch Sie würde sich gerne auf Sylt vor Ort umsehen und sich ein persönliches Bild machen. Bezüglich des Essens hatte sie keine Einwände. Im Gegenteil: Sie hatte tierischen Hunger.

      Leo fand im nächsten Ort ein nettes Restaurant mit gutbürgerlicher Küche und sie genossen das Essen.

      „Hattest du auch das Gefühl, dass der Butler Willi seinen Chef Johannes von Kellberg nicht besonders mag?“, fragte Leo, als sie ihr Wiener Schnitzel fast aufgegessen hatte.

      „Sicher. Und ich kann ihn verstehen: Mir ist der arrogante Typ auch nicht sympathisch.“ Dass er Albert Steinberger ebenfalls nicht mochte, behielt er lieber für sich, schließlich ging es um einen Kollegen.

      Sie trafen gegen 23.30 Uhr in Ulm ein. Leo rief trotz der späten Stunde seinen Chef Zeitler an, um ihn über den heutigen Tag zu unterrichten und den Flug nach Sylt genehmigen zu lassen. Zeitler schien über die späte Störung nicht sauer. Er hörte sich alles an und stellte nur wenige Fragen. Bezüglich Sylt hatte er zwar Bedenken, stimmte dann aber doch zu.

      Leo kümmerte sich umgehend um Flüge nach Sylt und gab Anna Bescheid, dass er sie um 4.00 Uhr abholen würde. Schon wieder hatten sie eine sehr kurze Nacht vor sich. Dann rief Leo in dem Hotel auf Sylt an, in dem Maximilian im Juni gewohnt hatte. Er kündigte seinen Besuch für den nächsten Tag an und vereinbarte einen Termin mit dem Hotelmanager. Wie würde die Sylter Polizei reagieren, wenn er mit Anna dort auftauchte und recherchierte? Er konnte keine Probleme brauchen, rief dort an und sprach lange mit dem Diensthabenden, bis der schließlich sein Okay gab, das sich Leo schriftlich per Mail bestätigen ließ.

      Jetzt war alles geklärt. Leo sah auf die Uhr: 1:24 Uhr! Die Telefongespräche hatten sehr lange gedauert. Wenn er sich ranhielt, dann konnte er noch zwei Stunden schlafen.

      4.

      Anna stand schon auf der Straße, als Leo sie pünktlich um 4.00 Uhr abholte. Sie hatte wie immer gute Laune, wohingegen Leos Laune auf dem Nullpunkt war. Er hatte wenig und schlecht geschlafen. Er hatte Angst vor dem Flug nach Sylt, denn er litt unter starker Flugangst. Aber es half nichts, da musste er durch.

      Sie stellten den Wagen direkt im Parkhaus am Flughafen ab. Die Tickets waren für sie am Schalter hinterlegt.

      Leo rief vor dem Abflug bei der Passauer Polizei an, um sich nochmals bei Albert Steinberger für dessen Mitarbeit zu bedanken und um nachzufragen, ob sich etwas Neues ergeben hätte. Das war leider nicht der Fall. Warum war Steinberger so wortkarg, fast unfreundlich? Klar! Es war noch sehr früh am Tag und er hatte den Kollegen ganz sicher geweckt. Hätte er ihm sagen sollen, dass er auf dem Weg nach Sylt war? Nein, warum auch?

      Der Flug dauerte nur 1 ½ Stunden und war sehr unangenehm. Wegen der heutigen Stürme wurden sie kräftig durchgeschüttelt. Nach den letzten schönen Tagen machte sich der Herbst nun doch langsam bemerkbar. Leo stand Todesängste aus. Schon der holprige Start war für ihn eine Tortur gewesen. Er krallte sich in seine Oberschenkel und konnte sich keine Sekunde entspannen. Den Snack und ein Getränk lehnte er ab. Anna schien völlig ruhig. Sie las in einem Buch und ihr schienen die Turbulenzen nichts auszumachen. Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, wurde Leos Nerven noch einmal strapaziert. Schreckliche Horrorszenarien von Flugzeugabstürzen liefen vor seinem inneren Auge ab. Alles ging gut, sie landeten sicher und Leo atmete erleichtert auf. Hatte Anna gemerkt, dass er Angst hatte? Bestimmt nicht.

      Natürlich hatte Anna seine Angst bemerkt, wie auch die Stewardessen und ihr Sitznachbar. Sie ließen Leo in Ruhe. Was hätten sie auch tun können?

      Das Wetter auf Sylt war ungewöhnlich stürmisch und es regnete stark, als die beiden um 8.30 Uhr aus dem Flugzeug stiegen. Leo machte das