„Aber nein. Ich habe doch Bobby.“
„Bobby?“
„Sie wissen schon. Der Junge aus Yvonnes Schule, der ihr das Gitarre spielen beibringt. Ich habe es ihnen am Telefon erzählt.“
„Wie bitte Frau Thomaschitz? Sie haben mit Mami telefoniert und mir nichts gesagt?“, fragte Yvonne und stützte ihre Hände in die Hüften. „Das war gemein.“
„Sei nicht böse auf Frau Thomaschitz. Sonst hätte ich ja nicht gewusst, womit ich dich an deinem Geburtstag überraschen könnte, mein Schatz“, sagte Frau Kramer, Yvonnes Mutter zauberte ein riesen Paket hervor. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“ Neugierig stürzte sich Yvonne auf das Paket, um es sofort auszupacken. Ihre Augen strahlten als sie eine nagelneue Gitarre samt einen dazugehörenden Koffer heraus blitzen sah.
„Du siehst, hin und wieder haben deine Mutter und ich auch Geheimnisse“, grinste Frau Thomaschitz. Vor lauter Freude fiel Yvonne ihrer Mutter um den Hals.
„Danke, Mami. Die ist wirklich wunderschön.“ Yvonne setzte sich hin und probierte die Gitarre sofort aus.
„Meine Güte, du machst ja richtige Fortschritte“, staunte Frau Kramer und Frau Thomaschitz lächelte im Hintergrund.
„Und ich werde noch besser. Das habe ich alles von Bobby gelernt“, protzte Yvonne.
„So aber jetzt muss ich aber wirklich los, sonst komme ich noch zu spät zu dieser Sitzung. Auf wiedersehen, mein Kind und noch mal alles Gute zum Geburtstag.“
„Baba Mami und vielen, vielen Dank für die schöne Gitarre.“
„Gern geschehen mein Schatz.“
„Auf Wiedersehen Frau Kramer“, verabschiedete sich noch Frau Thomaschitz und machte hinter ihr die Türe zu. Inzwischen hatte Yvonne die Gitarre schon wieder in den Koffer gepackt, denn die musste sie Bobby unbedingt zeigen.
Kaum im Park angekommen, hörte sie schon Bobby mit seiner Gitarre spielen.
„Hallo, kleine Prinzessin.“
„Hallo Bobby. Schau mal was ich von meiner Mami zum Geburtstag bekommen habe.“
„Das ist aber ein schönes Instrument. Wie alt bist du denn heute geworden?“
„Ganze zehn Jahre“, antwortete Yvonne stolz, packte gleich ihre neue Gitarre aus und setzte sich damit neben Bobby.
„Du bist ein richtiges Naturtalent und wenn du weiter so brav übst, können wir bald gemeinsam auftreten.“
„Meinst du wirklich?“
„Ja, aber pack die Gitarre erst mal ein, denn ich möchte dir etwas zeigen.“ Er nahm Yvonne an der Hand und ging mit ihr zu einem alten Haus. Von außen sah es aus, als ob es kurz vor dem Abriss stand. Yvonne schaute zwar etwas verschreckt aber sie vertraute Bobby und ging mit ihm rein. Drinnen staunte sie nicht schlecht als sie sah, wie schön es hergerichtet war.
„Und da wohnst du?“, fragte Yvonne.
„Fühle dich wie zu Hause“, antwortete Bobby. Überall im Wohnzimmer hingen Bilder von Bobbys ehemaliger Band. Bobby kam mit einem Stapel Fotoalben und blätterte mit Yvonne eines nach dem anderen durch. Er zeigte Yvonne alle Fotos und erklärte ihr alles so, dass sie es auch verstand. Yvonne war begeistert, denn sie hatte ja Bobby immer nur in den alten, zerrissenen Klamotten gesehen. Bobby hatte noch alle Anzüge und Kostüme aufbehalten, mit denen er mit seiner Band aufgetreten ist. Er führte extra für Yvonne eine kleine Modeschau durch. Yvonne pfiff und klatschte bei jedem Kostüm in dem Bobby auftauchte. „Und da habe ich auch noch etwas für dich“, sagte er und holte ein hellblaues Kleidchen mit weißen Spitzen aus dem Schrank. „Probier das einmal an.“
„Soll ich wirklich?“
„Aber ja.“ Kaum hatte sich Yvonne umgezogen, pfiff und klatschte Bobby. „Gefällt es dir?“
„Ja, das ist traumhaft. Wunderschön.“
„Ich habe es schon viele Jahre im Schrank. Es hätte eigentlich meiner Tochter gehören sollen, wenn sie noch leben würde. Jetzt gehört es dir, meine kleine Prinzessin. Ich wünsche dir damit alles Gute zum Geburtstag. Bleib so liebenswert und lebensfroh wie du bist.“ Yvonne fiel Bobby um den Hals und küsste ihn auf die Wange. Tränen der Freude standen in den Augen des kleinen Mädchens.
„Das Kleid ist wunderschön. Danke Bobby. Ich werde immer gut darauf aufpassen und nicht schmutzig machen. Das verspreche ich dir.“
„Ich weiß“, antwortete Bobby. Bobby improvisierte für Yvonne noch eine kleine Geburtstagsfeier. Sie lachten und alberten herum. Und das erste mal nach sehr langer Zeit spielte und sang Bobby auch wieder lustige und fröhliche Lieder. Yvonne sang und jauchzte mit, dass es nur so eine Freude war.
„Wir sind schon ein starkes Team wir zwei“, sagte Yvonne als der Abend hereinbrach und sie sich auf den Heimweg vorbereitete.
„Das sind wir und das werden wir auch immer bleiben“, antwortete Bobby als er sich von Yvonne verabschiedete.
„Danke für alles. Frau Thomaschitz macht sich sicher schon Sorgen.“
„Nichts zu danken. Habe ich doch gerne gemacht. Noch mal alles Gute und komm gut nach Hause.“
„Danke, Bobby. Tschüss bis morgen“, rief Yvonne noch und rannte, so schnell sie nur konnte, nach Hause.
Im Heim angekommen, stand Frau Thomaschitz bereits mit verschränkten Armen in der Türschwelle.
„Belieben das Fräulein auch wieder nach Hause zu kommen.“
„Tut mir leid, Frau Thomaschitz, aber Bobby hat für mich eine Geburtstagsparty gegeben und die war sooo lustig. Sehen sie nur. Das schöne Kleid hat er mir geschenkt.“
„Dieser Bobby hat dich wohl sehr gern. Er muss sicher dafür sein ganzes Taschengeld geopfert haben.“
„Äh... weiß ich nicht. Oder es hat seiner Schwester nicht mehr gepasst.“
„Kann auch sein. Es ist wirklich sehr schön. Hast du schon zu Abend gegessen?“
„Ja.“
„Dann ab mit dir ins Bett. Es ist schon spät.“ Das ließ sich Yvonne nicht zweimal sagen, denn so schön für sie der Tag heute auch war, so anstrengend war er auch.
„Das war heute mein aller, allerschönster Geburtstag“, dachte sich Yvonne. Eine Gitarre und ein wunderschönes Kleidchen, davon hätte sie nie zu träumen gewagt. Und dann die Party bei Bobby, die für sie der absolute Knaller war. Völlig fertig, aber mit einem Lächeln im Gesicht glitt Yvonne hinüber ins Land der Träume.
„Ich mag mich zwar täuschen, aber Yvonne kommt mir irgendwie verändert vor. Sie ist viel froher aber auch viel hektischer geworden. Meinen Sie nicht auch, Frau Thomaschitz?“, bemerkte Rosi, als ihr Frau Thomaschitz im Gang entgegen kam.
„Das habe ich auch schon bemerkt. Das hängt sicher mit diesem Bobby zusammen.“
„Sicher. Ich hatte meine erste große Liebe auch schon mit acht. Vielleicht sollten wir zum Dank diesen Bobby einmal zum Essen einladen.“
„Kommt gar nicht in Frage, Rosi. Wenn die anderen Mädchen Wind davon bekommen, bringen sie ihre Freunde auch gleich mit. Und wissen sie was das heißt?“ Rosi setzte plötzlich ein breites Grinsen auf.
„Ja, Frau Thomaschitz, Vergnügen.“
„Aber Rosi. Ihr Männerverschleiß muss sich nicht unbedingt auf die Kinder ausweiten. Außerdem sind diese noch viel zu jung.“
„Ach ja? Seit wann kommen Kinder beim Herumtollen und beim Spielen auf lüsterne Gedanken?“, sagte Rosi in einem forschen Ton und ging empört in ihr Quartier. Frau Thomaschitz musste lachen, denn sie kannte Rosi nur zu gut. Auch Rosi ist in der „Villa