Christmas Time. Asmodina Tear. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Asmodina Tear
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178492
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Demütigung. Mit einem energischen Kopfschütteln schiebe ich die Gedanken beiseite, denn in diesem Moment zählt nur Stella. Nachdem ich auf meinem Smartphone nach einem passenden Foto gesucht habe, schicke ich es an meinen Laptop, um es in den Flyer einbauen und ausdrucken zu können.

      Irgendwann hat mich dann doch die Müdigkeit übermannt und ich bin auf dem Sofa eingeschlafen. Nach ein paar Stunden unruhigem Schlaf bin ich mit höllischen Kopfschmerzen wieder aufgewacht und die Erinnerung an Stellas Verschwinden hat mir einen stahlharten Schlag in die Magengrube verpasst.

      Nachdem ich mich endlich geduscht und umgezogen habe, spüle ich noch schnell eine Excedrin herunter und stelle das leere Glas achtlos in die Spüle. In Gedanken bin ich schon wieder im Central Park und verteile die Flugzettel mit Stellas Foto darauf. Im Vorbeigehen ziehe ich mir meinen Mantel über, greife den Stapel Flugblätter und verlasse beinahe fluchtartig die Wohnung. Erst als ich atemlos auf die Straße trete, bemerke ich, dass ich schon wieder meine Handschuhe vergessen habe. Ich dachte immer, aus Schaden wird man klug? Das trifft wohl auf mich nicht zu.

      Da der Schneesturm sich gelegt hat und nur noch kleine Flocken durch die Luft schweben, verzichte ich darauf, noch mal die zwei Etagen nach oben zu steigen, und mache mich direkt auf den Weg in den Park.

      An einem normalen Wintertag hätte ich diesen atemberaubenden Anblick sehr genossen. Aber heute ist absolut nichts normal und das schreckliche Bild meines womöglich erfrorenen Hundes, das sich jäh vor mein inneres Auge schiebt, lässt mir die Tränen in die Augen schießen. Ich sehe nichts von der Schönheit dieser Winter-Wunderlandschaft, bemerke nicht, wie verzaubert der Park in der Sonne glitzert. Mein Fokus ist auf die Zettel in meiner Hand gerichtet, die ich in einem großen Radius rund um die Stelle, an der gestern mein Hund weggelaufen ist, aufhänge und meine einzige Motivation, mit dieser sinnlosen Tätigkeit weiterzumachen, ist die schwache Hoffnung, dass Stella irgendwo Unterschlupf gefunden hat.

      Inzwischen muss über eine Stunde vergangen sein, seit ich von zu Hause losgelaufen bin. Ich habe nicht bemerkt, dass sich erneut mit Schnee gefüllte Wolken vor die Sonne geschoben haben und der Schneefall wieder dichter geworden ist. Meine Finger sind taub vor Kälte und ich kann die restlichen paar Flugblätter kaum noch in den Händen halten. Durchhalten, Lucy!, feuere ich mich still an und will gerade den nächsten Zettel an einen Baum pinnen, als sich zwei düstere Gestalten vor mir aufbauen.

      »Hey, Sugarbabe. So ganz allein unterwegs«, spricht mich der größere der beiden an und sein fauliger Atem schlägt mir gnadenlos ins Gesicht. Das hat mir zu meinem Weihnachtswunderglück gerade noch gefehlt! Da ich nicht im Geringsten Lust auf Ärger verspüre, trete ich einen Schritt zur Seite, um an den beiden abgefuckten Typen vorbeizugehen, und hoffe, dass sie betrunken genug sind, um einfach weiterzuziehen. Doch der Kleinere der beiden, offenkundig der Stärkere, packt mich unsanft am Arm und wirbelt mich herum. »Wo willst du so schnell hin, Puppe?«

      Der beißende Alkoholgestank vermischt mit der ekligen Feuchtigkeit seiner Aussprache führt dazu, dass mir bitterer Magensaft hochkommt. Ich schlucke kräftig dagegen an und versuche, auch mein mulmiges Gefühl zu unterdrücken.

      »Fass mich nicht an«, fauche ich dem Kerl wütend entgegen und zerre kräftig an meinem Arm, um mich aus seinem eisernen Griff zu befreien. Keine Chance. Als Antwort ernte ich nur schallendes Gelächter der beiden.

      »Was wollt ihr? Lasst mich los«, starte ich einen weiteren verzweifelten Versuch, die Situation zu entschärfen und schaue mich verstohlen im Park um, ob ich andere Personen ausmachen kann. Doch in unserer unmittelbaren Nähe ist niemand zu sehen, der mir helfen könnte.

      »Lass uns doch mal mit deiner Brieftasche anfangen, Babe! Rück sie schon raus!« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, packt der Größere mich rabiat an der Kehle und drückt zu. Panik, ich bekomme keine Luft, versuche zu schreien, doch aus meiner Kehle dringt nur ein lächerliches Krächzen. In Todesangst rudere ich wild mit den Händen, versuche, mich gegen den Angreifer zu wehren. Der Kleinere greift erstaunlich geschickt nach meinen Armen und dreht sie mir schmerzhaft auf den Rücken. Die mangelnde Luftzufuhr macht sich bemerkbar, mir wird schwindlig und ich habe das Gefühl, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden.

      Plötzlich höre ich aus der Ferne das Bellen eines Hundes. Habe ich mir das eingebildet? Nein! Denn schon in der nächsten Sekunde erspähe ich aus dem Augenwinkel einen Border Collie, der rasend schnell auf uns zuspringt, dem Größeren ins Hosenbein beißt und kräftig an ihm zerrt. Vor Schreck lässt dieser sofort von mir ab und versucht, das Tier abzuschütteln. Der Hund nutzt diesen Moment und schiebt sich zwischen mich und meine Angreifer, fletscht die Zähne und knurrt bedrohlich. Zu meinem Glück lassen sich die beiden Kerle davon beeindrucken und treten fluchend den Rückzug an.

      Zitternd von dem Schock und vor Kälte gehe ich in die Knie, lege einen Arm um Henry und drücke ihn fest an mich.

      »Na du, wo kommst du denn her? Du bist doch bestimmt nicht allein unterwegs?« Dankbar kraule ich Henry hinterm Ohr und lasse ihn meine durchgefrorene Hand schlecken. Nur langsam komme ich wieder zu Atem, mein Hals schmerzt, aber die beruhigende Anwesenheit von Henry hilft mir, meinen Puls und das Zittern unter Kontrolle zu bringen. Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge, um mich zu sammeln, stehe auf, drehe mich langsam im Kreis und ... erblicke ihn: meinen schönen Unbekannten. Aufrecht und selbstbewusst kommt er mit großen Schritten auf uns zu und ich spüre, wie mir trotz des frostigen Winds heiß wird. Mein Magen fängt an zu kribbeln und meine Knie fühlen sich an, wie Butter, die gerade in der Sonne schmilzt. Das liegt nicht an der Tatsache, dass zwei Kriminelle gerade versucht haben, mich auszurauben. Als Henrys Herrchen uns fast erreicht hat, bemerke ich, dass er etwas im Arm hält und vor der Kälte schützt.

      »Stella!« Ich kann meine Tränen nicht zurückhalten, als meine kleine Maus aufgeregt mit dem Schwanz wedelnd in seinen Armen bellt. Ich nehme sie ihm ab und drücke sie fest an mich.

      »Oh Stella! Da bist du ja.«

      »Du erdrückst sie ja«, mahnt mich Henrys Herrchen.

      »Oh! Ja, ich bin nur so froh, sie wieder zu haben. Wie hast du ...? Wo ...?«

      »Bedank dich bei Henry. Er hat sie gestern unter einem Strauch entdeckt. Wir wollten gerade nach Hause gehen, weil der Schneesturm immer heftiger wurde.«

      »Henry, du bist mein Held!« Ich knuddle den Border Collie herzlich durch und habe dabei meine Emotionen kaum unter Kontrolle.

      »Ich hätte sie dir gern gleich gestern noch vorbeigebracht. Aber ...« Er zuckt mit einem schiefen Grinsen im Gesicht die Schultern. »... Ich kenne ja weder deinen Namen noch deine Telefonnummer, geschweige denn deine Adresse. Deshalb habe ich Stella mit zu uns genommen und gehofft, dass ich dich heute im Park treffe.«

      Endlich schaffe ich es, Stellas Retter in die Augen zu schauen und ihn schüchtern anzulächeln. Ich stoße einen Seufzer der Erleichterung aus, bevor ich antworten kann. »Und ohne Henry weiß ich nicht, was diese zwei Idioten mit mir gemacht hätten.«

      »Was genau ist eigentlich passiert?«

      Mit wenigen Worten berichte ich von dem Überfall und der heldenhaften Rettung durch Henry.

      »Dann waren wir ja wie durch ein Wunder genau zur richtigen Zeit im Park. Das muss Schicksal sein.«

      Ich nicke zustimmend, krame in meiner Hosentasche nach einem Taschentuch und putze mir meine Nase, die sich so kalt anfühlt, als würde sie jeden Moment aus dem Gesicht fallen.

      »Du zitterst. Was hältst du davon, wenn du erst mal mit zu mir kommst, dich aufwärmst und von dem Schreck erholst? Mein Appartement liegt nur fünf Minuten von hier entfernt.«

      Für einen Moment zögere ich, aber ein kurzer Blick in seine grünen Augen lässt mein Herz erneut flattern und ich stimme lächelnd zu.

      »Na dann, lass uns gehen, bevor wir aussehen wie Frosty. Ich heiße übrigens Ethan.«

      »Lucy«, antworte ich, während wir uns in Bewegung setzen.

      »Ein so schöner Name wie dein zauberhaftes Lächeln, Lucy.« Sein schelmisches Augenzwinkern startet den Schmetterlingsturbo in meinem Magen und ich befürchte, dass mein Grinsen