Der 90. Geburtstag - Eine rabenschwarze Kriminalkomödie. Jörn Kolder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörn Kolder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754905012
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Hybrid, der fährt mit Treibstoff oder wechselweise mit Batteriestrom."

      "Aber ich will ein Elektroauto kaufen. Ich komm jetzt ganz durcheinander" sagte Krause.

      "Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet" wandte sich Gisela Krause an den Verkäufer.

      "Aber Ihr Gatte hat mir doch meine Vermutung bestätigt."

      "Ja, klar. Kerle halten immer zusammen, oder? Sie denken wohl gar nicht an uns Frauen? Die sind Ihren Auffassung nach wohl immer noch zu blöd, um ein Auto einparken zu können?"

      "Keineswegs, keineswegs" versicherte der Verkäufer "wir bei Volks-Rasen legen größten Wert auf ein gesundes Verhältnis von Männern und Frauen auf allen Ebenen des Unternehmens. Und wir sind ganz groß in der Diversity."

      "In der was" fragte Frank Krause erneut verwundert.

      "In der Diversity. Wir beschäftigen Homosexuelle, Queere, Transgender, alle Geschlechter, wir sind bunt."

      "Moment mal" sagte Krause "ich habe Kinder und Enkel und bin kein Jungspund mehr. Was ist ein "Queerer"?"

      "Nun, um es kurz zu sagen, dass sind Personen, die sich nicht ganz klar sind, ob sie Mann oder Frau sind."

      "Wie bitte? Warum ist das denen nicht klar? Wenn die mal ihre Hosen oder Röcke runterziehen müssten die doch eigentlich genau sehen können, ob sie einen Pullermann oder eine Muschi haben."

      "Das soll wohl nicht ganz so einfach sein."

      "Da stimmt doch was nicht" regte sich Krause auf "Sie beschäftigen hier also Personen, denen nicht klar ist, ob sie Männlein oder Weiblein sind?"

      "Nein, bei uns nicht."

      "Da bin ich ja erst mal beruhigt. Aber ich möchte Ihnen jetzt mal was sagen. Ich bin Schauspieler und gebe viele Rollen in historischen Stücken. Kennen Sie mich, und was wissen Sie über "King Lear"?"

      "Ähm, leider kenne ich Sie nicht. "King Lear" klingt nach einem Rollenspiel. Ich habe eins, da bewegt man am PC verschiedene Charaktere wie Ritter, Paladine, Zauberer und Barbaren rundenbasiert auf Hexfeldern. Man muss seine Gegner besiegen, dann steigt man auf. Das Spiel heißt "King's Bounty"."

      "Ich weiß nicht, was das mit "King Lear" zu tun haben sollte, da gibt es keine Zauberer. Es ist ein sogenanntes Doppeldrama von Shakespeare. Schon mal gehört von dem Kerl? Passen Sie jetzt mal auf."

      Frank Krause warf sich in Pose und deklamierte:

      "Ein wunderbares Hintertürchen für den Hurenbock Mensch, seine geißbockgeile Veranlagung einem Stern anzulasten!"

      "Na, was sagen Sie dazu" fragte er den Verkäufer "noch eine Kostprobe?"

      "Einem Stern" fragte der Verkäufer "meinen Sie etwa die Konkurrenz? Die Autos mit dem Stern?"

      "Keine Ahnung was Sie damit sagen wollen, soll ich fortsetzen?"

      Der Verkäufer nickte nur stumm.

      Frank Krause kam langsam in Wallung.

      Seine kräftige Bassstimme dröhnte durch das Autohaus.

      "Widernatürlicher, verabscheuungswerter, viehischer Schuft!"

      Eine Minute später kam ein Mann zu den Krauses und dem Verkäufer.

      "Einen schönen guten Tag bei Volks-Rasen, mein Name ist Detlef Geh, ich bin der Niederlassungsleiter. Kann ich irgendwie behilflich sein? Gibt es etwa Probleme, Herr Schneider?"

      "Nein, nein, Herr .., ähm .."

      "Krause, Frank Krause, Staatsschauspieler."

      "Ich bin hocherfreut, Herr Krause, Sie hier bei uns bei Volks-Rasen begrüßen zu dürfen. Eine große Ehre für uns."

      "Jetzt reicht es mir aber langsam" wurde Gisela Krause laut "ich bin wohl Luft für Sie, weil ich eine Frau bin? Das ist eine Unverschämtheit, eine Diskriminierung! Wie war Ihr Name? Gay? Wie schwul?"

      "Nein, Geh, wie Gehen."

      "Sind Sie verheiratet, Herr Geh?"

      "Ich weiß nicht, was das mit einem Verkaufsgespräch zu tun haben könnte, ob ich nun verheiratet bin oder nicht."

      "Also?"

      "Ich bin nicht verheiratet."

      "Aha, aha."

      "Wie meinen Sie das, dieses Aha?"

      "Nun, ich denke mir da meinen Teil" erwiderte Gisela Krause anzüglich "und Ihr Gestus und Habitus lässt mich da einiges vermuten."

      "Ich als Charakterschauspieler muss meiner Frau beipflichten" schaltete sich Frank Krause wieder in das Gespräch ein "und meine langjährige Erfahrung sagt mir, dass bei Ihnen einiges im Argen zu liegen scheint. Eine tragende Rolle als Mann würden Sie von mir niemals bekommen. Schauen Sie sich doch einmal selbst an. Sie stehen da wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Sie haben Null Körperspannung. Außerdem sind Ihre Arm- Handbewegungen seltsam weich, gar nicht kraftvoll. So wie fließend, als wollten Sie die Luft liebkosen. In Ihrem Gesicht sehe ich Rückstände einer Creme. Sie verwenden ein feminines Parfüm. Und Ihre Sprache entlarvt Sie dann endgültig. Wissen Sie, ich bin ein sehr wandlungsfähiger Schauspieler. Und etliche meiner Kolleginnen und Kollegen am Theater oder beim Ballett haben sich vor kurzen erst öffentlich geoutet, dass sie eben andersrum sind. 185 Leute. Das ist nur die Spitze des Eisbergs! Der von mir geschätzte Udo Mutthes hat in "Der Untergang" den Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels gespielt. Wenn das der Goebbels gewusst hätte! Ein Schwuler stellt ihn dar! Der hätte sich doch nie wieder eingekriegt! Ich habe solche Probleme ja nicht, deswegen ist mir die Rolle des Führers Adolf Hitler auch regelrecht auf den Leib geschrieben. Sogar die Staatsführung hat mir heftig applaudiert. Und das will schon was heißen! Herr Gay, stehen Sie zu Ihrer Veranlagung! Es ist keine Schande, und in den Knast müssen Sie deswegen auch nicht mehr. Aber Reisen in muslimisch dominierte Länder sollten Sie tunlichst unterlassen. Wobei, von diesen Leuten haben wir mittlerweile ja auch mehr als genug bei uns. Also, knutschen Sie nicht in der Öffentlichkeit mit ihrem Kerlchen rum, das könnte böse Folgen haben. Können wir jetzt wieder über so ein Elektroauto reden?"

      Detlef Geh hatte sich wieder etwas gesammelt und wollte Krause das momentan am besten verkaufte Fahrzeug vorstellen, da ergriff Gisela Krause noch einmal das Wort.

      "Bevor wir dazu kommen habe ich eine abschließende Frage an Sie, Herr Geh. Wie viele Frauen arbeiten hier?"

      "Ähm, ähm, keine."

      "Auch nicht an der Rezeption?"

      "Nein. Leider konnten wir keine geeignete Kandidatin finden."

      "Seien Sie doch mal endlich ehrlich, Sie wollten sie gar nicht finden!"

      "Nein, das stimmt nicht. Ich habe die Bewerbungsgespräche persönlich als Niederlassungsleiter geführt."

      "Jetzt wundert mich gar nichts mehr. Gerade Sie als Homosexueller führen Bewerbungsgespräche mit Frauen. Klar, dass die Weiber da keine Chance hatten. Diese blöden Tussis könnten ja die schwüle warme Atmosphäre in Ihrem Männerladen hier stören. Und Sie erzählen uns was über Diversity! Sie, Herr Schneider, wie sieht es denn bei Ihnen aus?"

      "Wie meinen Sie das?"

      "Na ich möchte gern wissen ob Sie verheiratet sind. Aber ich kann mir die Frage sicher gleich selbst beantworten: nämlich natürlich nicht."

      "Das stimmt. Ich bin gerade mal 26, da hab ich doch wohl noch Zeit genug, eine Frau zu finden."

      "Mein lieber Herr Schneider" meldete sich Frank Krause wieder zu Wort "die Messen sind doch schon längst gesungen. Der Mensch wird in seiner Kindheit geprägt. Vor allem durch sein Wohnmilieu. Der große Heiner Muller hat mal von "Fickzellen mit Fernheizung" gesprochen. Er meinte damit die Plattenbausiedlungen im Osten. Wo sind Sie aufgewachsen?"

      "Hier, in unserer Stadt."

      "Und in welchem Stadtteil?"

      "Ähm, in der Westvorstadt."

      "Das