Auf getrennten Wegen. Christian Linberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Linberg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754131602
Скачать книгу
sie wie Feuer unter der Haut. Was als leichtes Kribbeln begonnen hatte, wurde unerträglich, als die Krämpfe einsetzten.

      Dunkel erinnerte Sie sich an eine grünhäutige Dämonin mit Hörnern und Hufen, die etwas über einen Trank gesagt hatte, der alle Schmerzen fraß. – Wenn man ihn überlebte.

      Kaum einen Lidschlag, nachdem der letzte Tropfen ihre Kehle passiert hatte, setzten die Krämpfe ein. Es war als würden alle Muskeln gleichzeitig angespannt. Sie biss sich beinahe die Zunge ab, während sich ihr Rücken durchbog, als wolle ihr Rückgrat brechen.

      Ihr war so, als versuche jemand ihr den Magen durch die Nase zu ziehen. Ihr Körper zitterte und schüttelte sich. Ihre Haut begann zu bluten, ihre Augen, ihre Nase, sogar ihre Oren und ihre Brustwarzen. Das Blut, welches austrat, war ölig und schwarz.

      Shadarr schmeckte Aas und andere Dinge, die sich noch weniger zum Essen eignete.

      Er spuckte Jiang kurzerhand aus.

      Sie landete steif wie ein Brett im Schilf, den Rücken angespannt wie ein Bogen, Arme und Beine weit gespreizt. Sogar die Finger und Zehen.

      Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Haut zitterte in Wellen, Schaum hatte sich vor Mund und Nase gebildet.

      Die Bläschen blubberten mit der Atmung. Nicht nur der Geschmack war widerlich, auch der Gestank war kaum auszuhalten.

      Shadarr wurde zwei Schritte zurückgetrieben.

      Er blickte sich um, sicher dass die kleinen Kreaturen noch in der Nähe waren, doch obwohl er sich gründlich umblickte, konnte er keine mehr entdecken.

      So, wie sie aufgetaucht waren, so waren sie auch wieder verschwunden. Er war sich sicher, dass er sie nicht zum letzten Mal gesehen hatte.

      Unterdessen hatten Jiangs Krämpfe und das Zittern aufgehört, dafür erbrach sie sich nun, während sich ihr Körper gleichzeitig auch auf andere Weise entleerte.

      Sie schaffte es irgendwie, sich auf die Seite zu rollen, um nicht in ihren Exkrementen liegen zu bleiben.

      Interessiert beobachtete Shadarr, wie um sie herum das Schilf verwelkte. Alles an Jiang war also giftig. Schlecht zu fressen.

      Er hielt sich auf der Windabgewandten Seite, denn der Geruch, den sie verströmte, war sogar für Ihn fürchterlich abstoßend.

      Eine Mischung aus süßlicher Fäule, Blut, saurer Milch und Tod.

      Immerhin schien es so, als hätte sie bis hierhin überlebt, doch es war noch ein weiter Weg aus dem Schilf. Es war eisig kalt und der Untergrund nicht besonders trocken.

      Was das Gift nicht vermocht hatte, konnte der einbrechende Winter noch erreichen.

      Da ihm Warten nicht sinnvoll und zudem langweilig erschien, beschloss er stattdessen einige von den Grasmännchen zu fangen, die immerhin versucht hatten, ihn zu verletzen.

      Beinahe lautlos verschwand er im Schilf, ohne sich nochmal umzusehen.

      Hätte er es getan, hätte er bemerkt, wie sich Jiang schwach zu regen begann. Sie fühlte sich entsetzlich. Ihre Muskeln brannten wie nach einem langen Tag voller harter Feldarbeit.

      Ihre Haut hatte überall kleine rote Punkte wie Mückenstiche, die schmerzten, als hätte jemand sie mit Nadeln gefoltert, wie sie feststellte, als sie endlich mühsam ihre Augen aufgezwungen hatte. Ihre Eingeweide quälten sie mit Krämpfen, während sie sich zugleich leer anfühlten.

      Blut verklebte ihre Augen und Ohren, doch das schlimmste war der Geruch.

      Obwohl sie nicht über Shadarrs Nase verfügte, so war das, was sie da riechen konnte, dennoch unerträglich widerlich.

      Zu allem Überfluss war ihr auch noch kalt. So kalt, dass sie ohne Feuer sterben würde. Das einzig Gute war, dass das Fieber und die Träume verschwunden und ihr Kopf wieder frei waren.

      Wie ein altersschwacher Greis wälzte sie sich auf die Stelle zu, an der Shadarr ihren Rucksack fallengelassen hatte. Ihre Hände zu gichtigen Klauen gekrümmt, zog sie sich Fingerbreite um Fingerbreite voran.

      Die Schnallen ihres Rucksacks waren zum Glück so geformt, dass sie sich mit einer Hand öffnen ließen. Trotzdem brauchte sie mehrere Versuche, bei denen ihr zwei Fingernägel abbrachen, als wären sie aus trockenem Reisig. Hätte sie Kraft zum Fluchen gehabt, sogar Drakkan wäre beeindruckt gewesen.

      So mühte sie sich einfach weiter, bis sie schließlich eine Phiole mit Höllenfeuer befreit hatte. Satt es sorgfältig auszupacken, zog sie den Korken mit den Zähnen heraus. Sie begrüßte den sauren Geschmack, weil er um vieles besser war als der von Erbrochenem.

      Sie schüttete das Pulver auf eine Handvoll Kohle, die sie ungeschickt auf dem Boden ausgebreitet hatte.

      Ein kleiner Funke hätte genügt, um es zu entzünden, doch so elend, wie sie sich fühlte, konnte sie die nötige Konzentration einfach nicht aufbringen. Daher musste sie es auf herkömmliche Weise versuchen. – Mit Feuerstein und Stahl.

      Sie benötigte mehr Anläufe, als sie Finger und Zehen hatte, mehrfach fiel ihr sogar der Feuerstein aus den zitternden Fingern.

      Als sie schließlich Glück hatte, und der ersehnte Funke gelang, seufzte sie erleichtert auf.

      Das Pulver fing fauchend Feuer.

      Eine gleißende Stichflamme schoss daraus hervor.

      Jiang wusste, dass das Feuer heiß genug wurde, um sogar Stahl zu schmelzen. Das Schilf darunter löste sich deshalb einfach auf, ohne die Umgebung in Brand zu setzen.

      Der Boden wurde trocken, rissig und begann schließlich zu qualmen. Jiang quälte sich unterdessen aus dem verdreckten Kimono, ihrem Seidengewand, das sie kurzerhand ins Feuer warf.

      Mit dem eisigen Rest Wasser aus ihrem Wasserschlauch und einem abgerissenen Ärmel säuberte sie sich so gut es ging, bevor sie sich zitternd in eines ihrer älteren Gewänder und eine Felldecke hüllte, die sie ebenfalls in Kaltarra erworben hatte. Anschließend sank sie völlig erschöpft mit brennenden Muskeln, Krämpfen und wie von tausend Nadelstichen schmerzender Haut neben dem Feuer zusammen. Von den kleinen Schilfwesen, die aus allen Richtungen auf sie zu schlichen, bemerkte sie nichts.

      1 - 16 Der Schöpferstab -

      Die Suppe war hervorragend, schlicht, doch kräftig gewürzt – und vor allem heiß.

      Das Fleisch darin verfehlte seine Wirkung ebenfalls nicht. Während sie aßen, beobachtete Kmarr Anayas nachdenkliches Gesicht. Er konnte sich gut vorstellen, was ihr durch den Kopf ging. Helfen wollte er ihr allerdings nicht. Er bedauerte Drakkan dagegen jetzt schon, wenn er wirklich zwischen Anaya und Jiang geriet.

      Ernsthaft besorgt war er nicht. Tödlich würde die Auseinandersetzung wohl nicht enden. Die ein oder andere Tracht Prügel für den sturen Kaltländer fand Kmarr dagegen durchaus angebracht. Wenn er nur einen Hauch weniger stur und uneinsichtig wäre, würden sich die meisten Schwierigkeiten von ganz alleine lösten. – Falls sie überhaupt entstehen würden.

      „Denk nicht für mich. Mach Dir lieber Gedanken über Phyria und ihre Geschichte.“

      „Glaubst Du ihr nicht? Hältst Du sie für eine Lügnerin?“

      „Nicht direkt. Sie hat uns aber wichtige Teile verschwiegen.“

      „Natürlich.“

      Kmarr hielt Anaya die Schale hin, für eine zweite Portion: „An ihrer Stelle hättest Du noch weniger gesagt.“

      „Vermutlich“, erwiderte sie und reichte ihm die gefüllte Schale zurück: „Trotzdem sollten wir versuchen, mehr herauszufinden. Da gibt es bestimmt Möglichkeiten, die ein oder andere Münze zu verdienen. Zwischen die Fronten möchte ich dabei nur ungern geraten.“

      „Da besteht wohl keine Gefahr. Moraks Truppen werden uns wohl kaum anheuern. Und nach dem Massaker, das ich gesehen habe, bin ich geneigt, sie auf der Stelle zu erschlagen, anstatt ihr Gold zu nehmen.“

      Schaudernd erinnerte