Manchmal wurde ihm die zärtliche Besorgtheit der Eltern lästig. Wenn er über die Stiege oder über den Hof läuft, ertönen plötzlich zehn verzweifelte Stimmen hinter ihm: »Ach, ach! Reicht ihm die Hand, haltet ihn auf! Er fällt, er zerschlägt sich ... Halt, halt!«
Wenn er im Winter ins Vorhaus hinausläuft oder das Fenster öffnet – wird wieder gerufen: »Ach, wohin? Das darf man nicht! Lauf nicht, geh nicht, öffne nicht; du wirst dich anstoßen und erkälten ...« Und Iljuscha blieb traurig zu Hause, wie eine exotische Blume in einem Glashause gehegt und gepflegt, und wuchs ebenso wie diese unter Glas langsam und träge. Die nach Betätigung strebenden Kräfte wandten sich nach innen hin und welkten.
Und manchmal erwachte er so kräftig, frisch und lustig; er fühlte, daß in ihm etwas wogte und flammte, als hätte sich irgendein Kobold in ihm eingenistet, der ihn immer reizte, bald auf das Dach zu klettern oder auf den Braunen zu steigen und in die Wiesen zu reiten, wo das Gras gemäht wurde, bald sich rittlings auf den Zaun zu setzen oder die Dorfhunde zu necken; oder ihn ergriff plötzlich der Wunsch, durch das Dorf zu rennen, dann ins Feld und durch den Hohlweg in den Birkenhain zu gelangen und sich in drei Sätzen auf den Grund des Grabens zu stürzen oder mit den Dorfjungen Schneeball zu spielen und seine Kräfte zu prüfen. Der Kobold stachelt ihn auf; er sucht sich zu bezähmen, doch endlich erträgt er es nicht mehr und springt plötzlich im Winter ohne Hut von der Stiege in den Hof hinab, von dort aus läuft er durchs Tor, faßt in jede Hand einen Schneeklumpen und eilt dem Haufen der Kinder entgegen. Der frische Wind schneidet ihm ins Gesicht, der Frost zwickt ihn in die Ohren, die Kälte dringt ihm in den Mund und in den Hals ein, und die Brust ist von Freude erfüllt, er rennt mit plötzlicher Beweglichkeit, quietscht und lacht. Er hat die Dorfjungen schon erreicht; er schleudert den Schnee auf sie – vorbei; er hat keine Übung; er wollte gerade einen anderen Schneeball werfen, als ihm ein ganzer Schneeblock das Gesicht bedeckt hat, er fällt; es schmerzt ihn, weil es ihm ungewohnt ist, aber es ist ihm fröhlich zumut, er lacht und hat Tränen in den Augen ... Und im Hause wird gejammert. Iljuscha ist fort. Es wird geschrien und gelärmt. Sacharka stürzt auf den Hof hinaus, ihm folgen Wassjka, Mitjka, Wanjka – sie laufen alle bestürzt auf dem Hof herum. Ihnen rennen, sie bei den Fersen packend, zwei Hunde nach, welche bekanntlich einen Menschen nicht gleichgültig laufen sehen können. Die Burschen stürzen schreiend und stöhnend und die Hunde bellend durch das Dorf hin. Endlich stoßen sie aufeinander und beginnen Gericht zu halten. Der eine wird bei den Haaren gepackt, der andere bei den Ohren, es werden Hiebe ausgeteilt; man droht auch ihren Vätern! Dann bemächtigt man sich des jungen Herrn, wickelt ihn in den mitgebrachten Schafpelz, dann in den Rock des Vaters und in zwei Decken ein und bringt ihn feierlich nach Hause. Zu Hause hatte man schon die Hoffnung verloren, ihn zu sehen, da man ihn für verloren hielt; doch als die Eltern ihn lebend und unversehrt erblicken, ist ihre Freude unbeschreiblich. Man dankte Gott, gab ihm Pfefferminz-, dann Holunder- und abends Himbeertee zu trinken und hielt ihn drei Tage lang im Bett, während ihm nur eines hätte nützen können: wieder Schneeball zu spielen ...
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