›Jetzt reiß dich aber mal zusammen‹, fauchte die Aufregung, ›ich kann nicht mehr!‹
›Was ist eigentlich los mit dir?‹, fragte die innere Ruhe. ›So kenne ich dich gar nicht. Dass du leicht zu begeistern bist, weiß ich ja, aber was hat dieser Mensch, dass er dich so verrückt macht?‹
›Ich verstehe es auch nicht,‹ sagte die Vernunft, ›vielleicht kann mir mal jemand sagen, wer hier diese Aufruhr auslöst?‹
›Ich glaube, das bin ich‹, meldete die Faszination sich zu Wort, ›dieser Mensch berührt mich zutiefst.‹
›Ich bin sicher auch beteiligt‹, räumte die Ästhetik ein, ›er ist einfach hinreißend. Dieser offene und intensive Blick eben ... Er hat so schöne Augen, mit einem Ausdruck, der mich vom ersten Moment an fesselte.‹
›Nicht zu vergessen dieser Anmut, der Stolz und die Selbst-sicherheit, die eben für mich zu spüren waren‹, ergänzte das Feingefühl.
›Ach ja?‹, wunderte sich die Vernunft, ›und dass dieser so wundervolle Mensch ein Mann mit ganz anderer Kultur ist, blendet ihr einfach aus? Dass solche Beziehungen selten zu Gutem führen, vergesst ihr einfach? Ihr seid doch unberechenbar und naiv.‹
Die kurze Zeit, die Samir brauchte, um zu uns zu gelangen, erschien mir unendlich lang. Viel zu viele Gedanken auf einmal machten die Situation nicht weniger aufregend und gingen mir viel zu weit. Wie in Zeitlupe kam Samir aus den Bergen geschritten, den Blick konstant auf mich gerichtet und noch jetzt, da ich hier sitze und diese Zeilen schreibe, kann ich meine Augen schließen, sehe das Wadi vor mir, mich selbst am Feuer sitzen und wie sich der Abstand zwischen uns langsam verringert.
Bei uns angekommen, grüßte er neckisch, setzte sich, grinste mich verschmitzt an und biss unverfroren und herzhaft in ein Stück des Kuchens, den ich mitgebracht und aufgeschnitten hatte. Dies alles tat er, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.
›So viel zum Ramadan‹, kicherte die Erkenntnis, ›er hat sicher ähnliche Gedanken gehabt‹, vermutete sie. ›Es war bestimmt nicht der Kuchen, der ihn das Fasten brechen ließ. ›Und wie er dich jetzt wieder anschaut‹, stellte die Faszination gerührt fest. ›Fesselnd wie Sirenengesang.‹
›Jetzt ist aber mal gut!‹, wetterte die Vernunft und rempelte die Faszination unsanft an, ›du bringst ja schon wieder alle durcheinander.‹
Hoppla! Da fiel mir doch einfach so das Teeglas aus der Hand. Kein Wunder, bei dem Gefasel der Faszination.
Der Verstand hatte Recht, ich sollte schleunigst wieder ruhiger werden und besser meinen Blick in die Berge richten. Ich nahm mich zusammen und befahl der Faszination Stillschweigen.
Mein Missgeschick entspannte wenigsten die Situation ein wenig. Wir lachten alle drei über den verschütteten Tee und fingen an, uns zu unterhalten. Aufgrund der Fragen, die Samir konkret an mich stellte, erkannte ich, dass er genauso viel über mich erfahren wollte, wie ich über ihn.
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