Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: S. G. Felix
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738095289
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kroch so nah wie möglich an Wrax heran, aber er kriegte ihn nicht zu fassen.

      Wrax wartete auf sein Ende. Würde er Antilius' Hand ergreifen, würde er ihn nur mit sich in den Tod ziehen.

       Du hast schon genug Schaden angerichtet!

      Antilius war kurz davor, Wrax am Arm zu packen, als ein faustgroßer Stein angeflogen kam und den Schädel des treuen Beraters mit den roten Augen zertrümmerte und seinem Schicksal im Schwarzen Loch überließ.

      Antilius verkroch sich wieder hinter dem Stein und schloss vor Entsetzen die Augen.

       Alle weg. Jetzt bist nur noch du übrig.

       Du musst eine Entscheidung treffen.

      Alles löste sich auf. Das Schwarze Loch stahl jetzt sogar das Wasser, samt Trümmern der ersten Brücke aus dem Boden Schlucht, welches in einer apokalyptischen Fontäne die Felsspalte hochjagte.

      Die zweite Brücke, mit der Koros noch kurz zuvor siegessicher die Schlucht überquert hatte, war längst vom Schwarzen Loch zerfetzt und verschluckt worden.

      Ein fremdartiges Rumoren drang unter all dem Getöse in Antilius' Ohren. Sein Blick fiel auf eine der gigantischen Statuen, die dem Sturm trotzten. Aber dieser Statue, zu der er emporsah, fehlte ein Stück vom Fundament.

      Sie stürzte auf ihn zu.

       Entweder wirst du zermalmt oder vom Schwarzen Loch gefressen. Du musst eine Entscheidung treffen!

      »Keine Fragen mehr«, sagte Antilius und richtete sich auf. Sofort wirbelte er durch die Luft direkt auf das Schwarze Loch zu. Es wurde dunkel um ihn herum.

      Antilius schloss die Augen.

      Ein Pfad in der Dunkelheit:

      Eine leicht verschwommene Gestalt tauchte vor Antilius auf. Es war der Sandling. Er begrüßte Antilius liebenswürdig und wies ihm den Weg. Er sah gesund und vor allem glücklich aus.

      Wie war das möglich? Wo war er?

      Antilius ging wie in einem Trance-Zustand weiter. Langsam wich die Dunkelheit, die nicht unangenehm war, einem schwachen silbernen Licht.

      Antilius sah nach unten und konnte erkennen, dass er auf einem sandigen Weg schritt.

      Er war hier schon einmal gewesen. Er war wieder in Verlorenend.

      Er ging zur Klippe, an der er Tahera das erste Mal getroffen hatte. Das Meer war ruhig und sanft. Die ewige Nacht war klar. Das Strahlen der Sterne war so intensiv wie nie zuvor.

      Tahera stand plötzlich an der Klippe neben Antilius und lächelte ihn an.

      »Bin ich jetzt … tot?«, fragte Antilius.

      »Nein. Es ist noch zu früh für dich. Deine Reise hat gerade erst begonnen«, sagte Tahera.

      »Aber das Schwarze Loch. Es …«

      »Du hast es versiegelt«, unterbrach sie ihn. »Ich schäme mich zuzugeben, dass ich nicht an dich geglaubt habe. Aber jetzt weiß ich, dass du der Einzige warst, der Thalantia retten konnte. Das Orakel hat sich nicht in dir getäuscht. Und der Sandling auch nicht.«

      »Aber wie kann es sein, dass wir wieder hier sind? Warum sind wir hier in Verlorenend, Tahera?«

      »Weil die Geschichte, deine Geschichte, Antilius, hier noch nicht beendet ist. Du warst der Schlüssel, der das Schwarze Loch schließen konnte, weil du etwas Besonderes bist. Und weil dich und den Dunkelträumer etwas verbindet.

      Aber ist das überhaupt wichtig, nach dem Warum zu fragen? Ich sage dir, was wichtig ist: Das Portal wurde vom Schwarzen Loch zerstört. Niemand hätte auch nur in Erwägung gezogen, dass das möglich wäre. Jeder, sogar das Orakel hielt das Portal für unzerstörbar. Aber die Macht, es zu vernichten, lag im Portal selbst. Das hast du zwar nicht gewusst, aber du hast es gefühlt«, sagte Tahera und wartete gespannt auf eine Reaktion.

      Antilius blickte nachdenklich zur Seite, dann nickte er bedächtig.

      »Es gibt aber auch eine schlechte Nachricht«, sagte sie leise.

      »Ich weiß«, sagte Antilius düster. »Die Späher haben erkannt, dass Koros nicht als Transzendenter geeignet war. Als sie geflohen sind, haben sie die Macht der Transzendenz mitgenommen.«

      Tahera nickte. »Ja. Sie haben sie mitgenommen an einen Ort, den wir nicht erreichen können. Und als wir beide versucht haben, den Kristall zur Ruhe zu bringen, habe ich gespürt, dass der Dunkelträumer dich gesehen hat, Antilius. Er weiß, wer du bist und was du vergessen hast. Er ist erwacht und voller Zorn. Und er wird wieder versuchen, nach Thalantia zurückzukehren – koste es, was es wolle. Der Transzendente ist zwar besiegt, aber seine Macht liegt nun in den Händen der Späher. Sie und das Flüsternde Buch werden weiter an der Rückkehr des Dunkelträumers arbeiten. Sie waren ihrem Ziel noch nie so nahe wie heute.«

      »Was wird jetzt geschehen?«, fragte Antilius.

      »Du wirst in die wirkliche Welt zurückkehren. Du musst zurück nach Thalantia.«

      »Und du nicht?«, fragte Antilius sofort.

      Tahera machte ein bestürztes Gesicht: »Das Orakel hat, als es uns und die Largonen nach Thalantia teleportiert hat, fast seine gesamte Lebensenergie aufgebraucht. Es stirbt. Es kann nur noch dich zurückschicken. Deshalb musst du dich beeilen, denn nur auf Thalantia wirst du die Antworten finden, die du brauchst, um die Rückkehr des Dunkelträumers zu verhindern. Das Orakel wird nicht mehr lange durchhalten können.«

      Antilius traf diese Nachricht wie ein Schlag. »Das heißt, niemand wird mehr von oder nach Verlorenend gehen können.«

      Tahera sah Antilius nur fest in die Augen und sagte nichts. Ihr Blick war ernst und endgültig.

      »Wenn nur noch einer gehen kann, warum willst du dann nicht gehen? Du verstehst augenscheinlich mehr als ich von dem Geschehen«, fragte er verzweifelt.

      Tahera schüttelte sanft den Kopf. »Das weißt du doch. Wenn der Dunkelträumer erneut versucht zurückzukehren, dann musst du dort sein, nicht ich. Auch wenn du dich nicht an deine Vergangenheit erinnern kannst, so ist doch jetzt offensichtlich, dass dich und den Dunkelträumer etwas verbindet, und dieses Etwas liegt in deiner Vergangenheit verborgen. Nur du kannst dich ihm entgegenstellen, sollte es eines Tages dazu kommen.«

      Antilius wollte noch etwas sagen, weil ihm immer wieder durch den Kopf schoss, dass es keine Möglichkeit mehr geben würde, nach Verlorenend zurückzukehren, aber Tahera ließ ihn nicht.

      »Es wird Zeit, Antilius. Du musst gehen. Deine Freunde erwarten dich schon.«

      »Pais? Gilbert?«

      »Ja. Sie konnten dem Schwarzen Loch entkommen.«

      »Geht es Gilbert gut?«

      »Er hat einen hohen Preis bezahlt. Er ist wieder im Spiegel eingesperrt.«

      »Kannst du nicht irgendetwas für ihn tun?«

      »Er wird sich wieder erholen. Seine Freiheit aber hat er eingebüßt. Ich weiß nicht, wie man sie ihm wieder zurückgeben könnte. Das Schwarze Loch hat die gesamte Energie des Avioniums aus dem Adler-Gebirge aufgesogen, sodass davon nichts mehr übrig ist. Ohne das Avionium weiß ich nicht, wie man ihn wieder befreien könnte. Es tut mir so leid.«

      »Ich hätte besser auf ihn Acht geben müssen. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als dem Spiegelgefängnis zu entkommen.«

      »Er wird eine zweite Chance bekommen. Irgendwann. Davon bin ich überzeugt.«

      Antilius schwieg zunächst. Dann fragte er: »Irgendetwas verheimlichst du mir, Tahera. Ich meine nichts über den Dunkelträumer, sondern über dich. Ich spüre eine Vertrautheit zu dir, die ich mir nicht erklären kann. Ich habe das Gefühl, dich schon länger zu kennen, aber ich kann mich