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du bist das!“, sagte die Frau mit dem Buch.

      „Wen hast du denn sonst erwartet?“

      Sie bewegte den Kopf unschlüssig hin und her, bevor sie antwortete: „Andrea… Warum bin ich hier?“

      Andrea schaute verwirrt und fragte zurück: „Meinst du jetzt den Sinn des Lebens oder sowas?“

      Die Frau mit dem Buch rollte mit den Augen.

      „Nein, warum stehe ich hier herum wie bestellt und nicht abgeholt?“

      „Franzi“, fragte Andrea langsam, „Geht es dir gut?“

      Die Frau mit dem Buch, Franzi, wurde langsam ärgerlich: „Ich erinnere mich, dass ich die Praxis abgeschlossen habe und dann auf einmal stand ich hier. Ich weiß nicht, was dazwischen passiert ist!“

      Ihre Freundin bekam einen Schreck. Während sie in ihren Taschen kramte, murmelte sie etwas unverständliches. Schließlich fand sie, was sie suchte.

      „Nimm das in den Mund!“

      Franzi schaute auf das kleine Plättchen in Andreas Hand.

      „Einen Drogentest?“

      „Dir fehlen über 2 Stunden! Du blutest nicht, stehst anscheinend nicht unter Schock und wirkst auch sonst ziemlich klar. Irgendwer muss dir was gegeben haben.“

      Noch bevor Franzi etwas erwidern konnte, stopfte Andrea ihr das Testplättchen in den Mund und rührte ihr damit auf der Zunge herum.

      „Ih ai ihh haa uhh ischhh!“, gab Franzi von sich.

      „Schon recht“, antwortete Andrea und nahm das Plättchen wieder heraus. Keine Verfärbung. Erleichtert seufzte sie und führte Franzi zu einer nahen Bank.

      „Also“, begann sie schließlich, „Du hast dir dieses Buch gekauft“, sie klopfte auf das Buch in Franzis Hand, „und als du es durchgelesen hast, hast du gesagt, dass das eins zu eins deine Gedanken sind.“

      Bruchstückhafte Erinnerungen regten sich in Franzi. Die Wut war eine starke Emotion und war nicht so leicht telepathisch zu blockieren, wie normale Erinnerungen.

      Andrea sprach weiter: „Du hast die Autorin ausfindig gemacht und wolltest heute nach Feierabend in die Praxis gehen, in der sie arbeitet. Da wolltest du sie zur Rede stellen. Danach wollten wir uns drüben am Schnellimbiss treffen.“

      Franzi griff sich an die Schläfen. Langsam kamen einige Teile der Erinnerung zurück, aber vollkommen durcheinander.

      „Als du nicht aufgetaucht bist, fing ich an mir Sorgen zu machen“, redete Andrea weiter, „Dann habe ich gesehen, wie du über den Platz gegangen bist. Ich habe dich gerufen, aber du warst wie in Trance. Und auf einmal hast du dich umgesehen, als ob du nicht wüsstest, wo du bist.“

      Franzi legte das Buch zwischen sich und Andrea auf die Bank und hielt sich den Kopf mit beiden Händen fest.

      „Das glaubst du mir nie“, sagte sie leise.

      Andrea wartete und als Franzi anscheinend nicht weiterreden wollte, sagte sie: „Egal, was du mir erzählst, alles ist besser, als wenn sie dich unter Drogen gesetzt hat.“

      Franzi sah ihre Freundin an.

      „Vielleicht hat man das. Das, woran ich mich erinnere, ergibt jedenfalls keinen Sinn.“

      Sie erzählte Andrea, woran sie sich erinnerte. Sie war in die Praxis gegangen, hatte die Frau wiedererkannt, die vor einer Weile bei ihr am Tresen stand und wieder verschwand. Sie hatte sie damals nur ein paar Sekunden angesehen und war wieder gegangen.

      Als sie die Frau wiedererkannte, wurde sie richtig wütend, schrie herum und wollte ihr das Buch um die Ohren hauen, aber irgendwer war noch da.

      Ein Mann, da war sie sich sicher. Er hatte sie angesprochen. Dann war sie auf dem Alexanderplatz wieder wachgeworden.

      Sie sah zu ihrer Freundin: „Was war das? Ich habe da nichts gegessen, nichts getrunken. Auch ein Stechen oder so habe ich nicht gemerkt, die können mir keine Drogen gegeben haben!“

      Andrea wusste auch keine Antwort. Aber irgendetwas war passiert, so viel stand mal fest.

      „Komm!“, sagte Andrea und zerrte Franzi auf die Füße, „Ich weiß nicht, was da los ist, aber damit kommen die nicht durch!“

      „Was hast du vor?“, fragte Franzi. Sie wollte einfach nur noch nach Hause.

      Andrea ließ keinerlei Widerspruch zu: „Wir gehen jetzt zur Polizei!“

      Maulend ließ sich Franzi hinterherziehen. Der Weg war nicht weit, die Wache war auf der anderen Seite des Platzes. Am Brunnen der Völkerfreundschaft vorbei und schon standen sie davor. Ein hell beleuchteter grauer Kasten. Nicht gerade eine architektonische Schönheit, aber praktisch. Auf dem dicken blauen Streifen, der den Kasten oben umgab, stand in weißen Buchstaben „POLIZEI“ und darunter „Wache am Alexanderplatz“.

      Andrea schob Franzi hinein und schubste sie sanft auf einen der Plastikstühle. Der Polizist am Empfangstresen sah gelangweilt von seiner Zeitung hoch.

      „Ich glaube, jemand hat meine Freundin eben unter Drogen gesetzt“, begann Andrea.

      Der Beamte legte seine Zeitung weg und bat sie, einen Moment zu warten. Er vermutete eine Vergewaltigung und holte sofort eine Beamtin aus dem Nebenraum, die auf solche Fälle spezialisiert war.

      Die Beamtin führte die anderen beiden Frauen in ein kleines Zimmer und ließ sich in Ruhe alles erzählen.

      Eine Psychologin, die für solche Fälle in Bereitschaft war, kam wenige Minuten später auf der Wache an und gesellte sich zu ihnen. Auch eine Gerichtsmedizinerin kam später noch hinzu. Beide kamen zu dem Schluss, dass Franzi nicht vergewaltigt wurde.

      Aber beide kamen auch zu dem Schluss, dass irgendetwas vorgefallen war, was sich momentan nicht erklären ließ. Der toxikologische Befund war genauso negativ, wie der Schnelltest, den Andrea vorher gemacht hatte. Drogen konnte man ausschließen.

      Die Psychologin hatte schon von der Praxis gehört.

      „Die haben eine beeindruckende Erfolgsrate.“, meinte sie.

      Die Psychiaterin kannte sie sogar persönlich. Den Mann nur vom Hören. Sie suchte ein Foto heraus und zeigte es Franzi.

      „War das der Mann, der Sie angesprochen hat?“, wollte sie wissen.

      Franzi schüttelte den Kopf: „Nein, definitiv nicht! Der Mann sah aus, wie ein Weihnachtsmann in Rente. Langer Bart, fast weiße Haare.“

      Die Psychologin holte ein weiteres Bild aus der Akte.

      „Dieser hier?“

      „Ja, genau der!“, Franzi nickte langsam und zeigte dann auf eine andere Stelle des Fotos, „Und das ist die Frau, die ich zur Rede stellen wollte!“

      Die Polizeibeamtin hatte sich bisher im Hintergrund gehalten, aber jetzt schaltete sie sich wieder ein: „Wegen was eigentlich?“

      Franzi stockte. Sie hatte es wieder vergessen.

      „Wegen“, begann sie und brach wieder ab, „Weil“

      Sie sah hilfesuchend zu Andrea.

      „Sie wollte ein Buch schreiben. Sie hatte noch nicht angefangen, das wollte sie im Urlaub machen. Aber plötzlich erschien genau dieses Buch. Geschrieben von dieser Frau dort.“

      Die Beamtin öffnete die Tür und sagte: „Ich bin gleich zurück!“

      Als sie draußen war, verabschiedete sich die Gerichtsmedizinerin ebenfalls, da ihre Dienste nicht mehr benötigt wurden. Die Psychologin redete wieder mit Franzi und versuchte, weitere Erinnerungen zu wecken.

      Es waren etwa 20 Minuten vergangen, als die Polizistin wieder hereinkam. Ein Mann im schwarzen Anzug begleitete sie.

      „Das ist Hauptkommissar Keiler“, stellte sie ihn vor.