>>Oh Mann, bist du Grass! <<, erwiderte Anita verärgert darüber, dass ihr Ron zuvorgekommen war.
>>Na, sag schon! Was hat die Schule für eine Reise geplant? <<, mischte sich Jessi Rulon in das Gespräch ein, um mehr über die Schulreise zu erfahren.
>>Es soll eine Flugreise zum Abschluss des Schuljahres sein. Nächstes Jahr trennt sich unsere Schulklasse und ein Teil meiner Mitschüler geht auf das College. Wir wären sicher untergebracht in einem Landschulheim in Fort Lauderdale.
Und ein Besuch im Everglades-Nationalpark ist auch geplant.
Oh, wäre das schön, wenn ich auch an der Reise teilnehmen dürfte! <<, schwärmte Anita Hoffnungsvoll.
>>Und was kostet die Reise? <<, fragte ihre Mutter und sah dabei ihren Mann an.
>>836 $. Aber es wäre schon alles mit inbegriffen. Auch die Anreise mit dem Flugzeug, zu den Everglades. <<, merkte Anita hoffnungsvoll an und sah bittend ihren Vater an.
William Müller wusste, dass es der letzte Wunsch war, den er seiner Tochter erfüllen konnte.
>>Ja, selbstverständlich darfst du an der Reise teilnehmen. <<, antwortete er bestimmend mit ernstem Blick, ohne auf die Entscheidung seiner Frau zu warten.
In überschwänglicher Freude gab sie ihrem Vater einen Kuss auf die Wange und sprang auf von der Eckbank auf.
Dann schaute sie hinüber zu ihrer Mutter, die mit bedenklicher Mine an ihrer Freude nicht teilnahm.
Anita war ein sehr weltoffenes attraktives heranwachsendes Mädchen. Doch der mormonischen Religion war sie nicht so angetan. Sie hielt nicht viel von den religiösen Erlässen, wie zum Beispiel, dass Frauen und Mädchen lange Kleider tragen sollten, auch bei heißen Tagen. Heimlich ließ sie sich von ihren Freunden, wenn es in der Schule zum Schwimmunterricht ging einen Badeanzug ausleihen. Ihre Mutter wusste um ihre Heimlichkeiten und verschwieg es vor ihrem Mann.
>>Und wir? Wo fahren wir hin? Wenn nächste Woche die Ferien beginnen? <<, wollte Ron enttäuscht von seinem Vater wissen.
William Müller ging nicht auf die Frage seines Sohnes ein, stand auf und ging ganz abwesend in seinen Gedanken, in den Garten. Denn sein bevorstehender Tod war ihm jetzt bewusst.
Anita war überglücklich, dass sie an der Flugreise teilnehmen durfte. Schnell sprang sie davon und verkündete, dass sie jetzt ihre Freundin anrufen wollte. Danach verließ sie gut gelaunt das Wohnzimmer.
>>Wir werden mal sehen, vielleicht fahren wir zu Tante Erika nach Orem an den Utah See für ein paar Tage<<, tröstete Jessi Rulon ihren enttäuschten Sohn.
>>Und am nächsten Wochenende fahren wir nach Salt Lake City, das ist versprochen! <<, erwiderte Ron versöhnt darauf.
Als seine Mutter ihm zunickte, rutschte er von ihrem Schoß und sprang hinaus in den Garten, um es seinem Vater zu verkünden.
Jessi Rulon saß jetzt alleine in der Essecke. Ja, sie hatte Angst vor den nächsten Tagen, die auf sie und ihre Familie zukamen.
Was sollte sie tun? Wie konnte sie ihren geliebten William von seinem für sie unbekannten, Vorhaben zurückhalten. Sie ahnte nichts Gutes. War es das Ende ihrer großen Liebe zu William, dachte sie in seelischem Schmerz und schaute hinaus in den Garten, wo ihr geliebter Mann in der Sonne auf dem saftig grünen Rasen lag.
War es der Wille Gottes, dass ihre Familie zerbrach wie ein Kartenhaus?
Nein, das konnte nicht sein. Es war der Mensch selbst, der sich ein Götzenbild schuf, um seinem satanistischen Wahn zu bestätigen.
Traurig stand sie auf von ihrem Platz und ging in die Küche um das Mittagessen für ihre soeben zerbrochene bisher immer intakte Familie vorzubereiten.
Drei Tage später war es soweit nach Salt Lake City zu fahren, um den Sonntagsgottesdienst in dem großen Mormonentempel zu feiern. Jessi Rulon stand am Wohnzimmerfenster und sah hinaus wie ihr Mann das Autonome Auto aus der Garage fuhr.
Gestern Abend hatte sie noch einmal versucht mit ihm über sein geheimes Vorhaben zu reden. Schon im Ansatz ihrer Frage nach dem Warum? gab er ihr eindeutig zu verstehen:
>>Er habe eine Offenbarung empfangen in der ihm der Herr, sein Gott empfohlen habe die ungläubigen, zu töten." <<
Jessi Rulon dachte, dass es ein Hirngespinst der menschlichen Wahrnehmung war, das ihn fest in seinem Geist gefangen hielt.
>>Ja, du musst das verstehen. Es ist ein klarer Befehl von Gott den ich ausführen muss <<, glaubte er.
>>Nein rede nicht weiter. Ich möchte es nicht wissen was Du vor hast<<, unterbrach sie ihn gestern Abend ängstlich und verließ das gemeinsame Schlafzimmer.
Es war das erste Mal, dass sie getrennt voneinander schliefen seit ihrer Ehe. Wortlos hatten sie heute Morgen gemeinsam mit den Kindern gefrühstückt.
Als Anita es bemerkte, fragte sie ihre Mutter, warum sie so traurig sei. Worauf sie keine Antwort bekam und ihren Vater ansah.
>>Ach, Mutter geht es heute nicht gut. Spätestens in Kayswille auf der Raststätte geht es ihr wieder besser! <<, antwortete er entschuldigend, um die traurige Stimmung aufzuheben. Dann verlies er das Haus und ging zu seinem Auto.
>>Jessi kommst du? Wir wollen abfahren! <<, sagte William, der wieder unbemerkt ins Haus gekommen war und in der Tür zum Flur stand.
Als ihm seine Frau keine Antwort gab, ging er hinaus und setzte sich in sein selbstfahrenden Ford Winstar. Die Kinder saßen schon hinten im Wagen zur Abfahrt bereit.
Oh, Gott den selbstfahrenden Land Rover. der auch fliegen konnte, hatten sie erst vor drei Monaten auf Raten gekauft.
Wer sollte ihn bezahlen, wenn William nicht mehr zurückkam. Und wie sollte es weitergehen? Das noch verschuldete Haus, die Kinder.
Was soll ich zu Ihnen sagen, wenn ihr Vater nicht mehr zurückkam, dachte Jessi und stand kreidebleich depressiv hinter dem Vorhang in der Küche.
Durch das Hupen ihres Mannes und das Rufen ihrer Kinder wurde sie aus den schrecklichen Gedanken in die Wirklichkeit zurückgeholt.
Eilig nahm sie ihre Handtasche, die sie sich bereitgestellt hatte, und verließ das Haus. Völlig durcheinander in ihren wirren Gedanken, ging sie zu dem bereitstehenden Wagen und stieg ein. William Müller hatte eine stimmungsvolle Musik in seinem Hi Tech Radio durch einen Sprachbefehl gestartet.
Auch ihre Kinder hinten auf dem Rücksitz waren jetzt fröhlich gestimmt und erzählten munter darauf los.
Nach einer kurzen Fahrzeit war Jessi Rulon vor Erschöpfung in einen tiefen depressiven Schlaf gefallen. Was um sie geschah nahm sie gar nicht mehr wahr. Laufend zuckte ihr Körper ruckartig in sich zusammen.
William Müller bemerkte es und fuhr trotzdem die ganze Anfahrt nach Salt Lake City ohne einen Aufenthalt durch.
Wenige Minuten vor dem Ziel wurde Jessi Rulon von ihren Kindern aus ihrem dramatisch grausamen Traum aufgeweckt.
>>Mami wir sind da! Wach auf! <<, sagte Anita, wobei Ron seiner Mutter leicht auf die Schulter klopfte.
Sehr erschrocken sah sie sich orientierungslos um. Ihre ersten Gedanken waren bei einem schweren Verkehrsunfall.
Sich aufbäumend die Hände weit nach vorne gestreckt an die Windschutzscheibe, stieß sie einen heftigen Angstschrei aus.
>>Mami was ist? <<, rief Anita ängstlich, als sie es sah.
Jetzt bemerkte Jessi Rulon, dass sie sich in ihrem Autonomen Auto befand. Sie saß mit dem Körper nach vorne gebeugt, fest angeschnallt auf dem Sitz. Langsam hob sie ihren Kopf