Sky-Navy 2 - Die Vergessenen. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738082982
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war und doch ihre Nachteile hatte. Wie ein Schiff mit Cherkov-Antrieb, so konnte auch ein Überlicht-Funkspruch Jahre unterwegs sein, bevor er sein Ziel erreichte. Für einen Notfall war er nicht geeignet. Anders war dies mit dem Hiromata-Funk, der jedoch einen wesentlichen Nachteil bot: Man konnte bislang nur kurze oder lange Funkimpulse abgeben. So reaktivierte man das alte Morse-Alphabet, aus den Anfängen der nassen Schifffahrt, und hatte nun die Möglichkeit, Informationen zu morsen. In Anlehnung an dieses alte Verfahren bezeichnete man den Hiromata-Funk auch als „Krach-Funk“. Durch gewisse Schlüsselsymbole war sogar eine Bildübertragung möglich. Dabei wurde ein Bild Pixel für Pixel mit kurzen und langen Funkimpulsen aufgebaut. Es war extrem „körnig“ und unscharf, konnte aber einen groben Eindruck vermitteln.

      Hiromata-Antrieb und Krachfunk ermöglichten erstmals auch die schnelle Hilfeleistung in Notfällen. Unter günstigen Voraussetzungen konnte die Rettung nach sechzehn Stunden eintreffen. Die Aufgaben der Sky-Navy und der Truppen der Sky-Cavalry waren daher nicht ausschließlich militärisch zu sehen, sondern seit einigen Jahren um Hilfeleistung bei Katastrophenfällen erweitert. Die einstigen Rettungsarchen, mit denen die Evakuierung der Erde durchgeführt worden waren, hatte man im kolonialen Krieg zu riesigen Trägerschlachtschiffen umgebaut, jetzt war ein Teil der Ausrüstung durch Geräte und Güter zur Katastrophenbekämpfung ersetzt.

      Alles sah nach unendlichen Möglichkeiten der Raumfahrt aus, doch es gab eine wesentliche Einschränkung: Nicht jedem stand der begehrte Hiromata-Kristall zur Verfügung. Man brauchte viel Glück, um ein bescheidenes Vorkommen in Asteroiden oder dem Boden eines Planeten zu entdecken. Hiromata war eine seltene Kostbarkeit und entsprechend teuer. Damit die Raumfahrt nicht ausschließlich in Händen vermögender Konzerne lag, war jeder Prospektor verpflichtet, einen Hiromata-Fund sofort dem Hohen Rat des Direktorats zu melden. Der Rat verwaltete die Vorräte, behielt eine gewisse Reserve zurück und gab die übrigen Bestände, möglichst gerecht, an die Interessenten weiter. Ein nicht unwesentlicher Teil kam der Sky-Navy zu, die Frieden und Sicherheit im Direktorat gewährleisten sollte.

      Die begrenzten Vorkommen an Hiromata bewirkten einen sehr sparsamen Umgang mit dieser Ressource. Manchmal ging ein Antrieb verloren, weil sich eine Katastrophe ereignete und das betreffende Schiff spurlos verschollen ging, ansonsten schlachtete man veraltete Raumschiffe aus, um ihre Antriebe für Neubauten zu verwenden. Diese übliche Prozedur war der Grund für den Besuch von Captain Barrows auf der Arcturus-Basis.

      Von den drei außersolaren Basen der Menschheit war Arcturus der erste und noch immer wichtigste Flottenstützpunkt der Sky-Navy. Hier ankerten nicht nur die Kampfschiffe des Direktorats an den Andock-Pylonen, sondern auch Schiffe der privaten Händler oder großen Gesellschaften. Arcturus war noch immer ein wichtiger Hauptumschlagplatz für Güter und Siedler, die zu den Sternen flogen, auch wenn die Bedeutung allmählich sank.

      Die Station bestand aus einer diskusförmigen Scheibe von fast zehn Kilometer Durchmesser, aus deren oberen und unteren Polen die hohen Nabentürme aufragten. Riesige hydroponische Gärten dienten der Versorgung mit Lebensmitteln. Zwei der Decks waren vollständig bewaldet und wurden zur Sauerstoffversorgung genutzt. Eine kleine Gruppe Ranger sorgte für das Wohl der Pflanzen, Tiere und Insekten. Der Bau hatte sich über fast zwanzig Jahre hingezogen und war nur möglich gewesen, da man die Basis nur zu einem geringen Teil aus Tri-Stahl errichtet hatte. Genau genommen, bestand nur ihr Skelett aus Metall, der Rest war aus jenem Bauschaum geformt, der auch auf dem Mars und den Kolonien als Hauptbaumittel für alle Gebäude diente. Der Schaum war billig, leicht herzustellen, feuerfest und, abhängig von seiner Dicke, auch strahlungsabschirmend. Kleinstmeteoriten wurden von dem dicken Material förmlich verschluckt, welches sich hinter den kosmischen Projektilen wieder schloss. Wirklich gefährliche Objekte wurden von den Geschützen der Basis abgewehrt. Um den Äquator der gewaltigen Station zogen sich die langen Ausleger der Andock-Pylone, an denen die verschiedensten Schiffe vor Anker lagen.

      Captain John Barrows hatte kein gutes Gefühl bei dieser Begegnung mit Hoch-Admiral Redfeather. Es war das erste Mal, dass er den Arbeitsraum des Oberkommandierenden der Direktorats-Streitkräfte persönlich betrat, und es würde offensichtlich auch das einzige Mal sein, denn das Thema ihrer Unterredung war für beide Männer durchaus unangenehm. Kein Captain eines Schiffes hörte schließlich gerne, dass sein Schiff und er zu alt für den Dienst in der Sky-Navy geworden waren.

      Das Implant meldete Barrows Ankunft, die Tür glitt auf und vor ihm öffnete sich jener Raum, der eine Mischung aus Privatleben und Büro bildete. Gedämpftes Licht und Regale aus echtem Holz, wurden sichtbar, dazu eine beleuchtete Vitrine mit der Federhaube eines Sioux, welche auf die indianische Abstammung und Häuptlingswürde von Redfeather hinwies. Eine gemütliche Sitzgruppe und der unvermeidbare Arbeitstisch mit Tetronik und Tastatur ergänzten die Ausstattung. Die Stirnseite wurde vollständig aus einer Panoramascheibe aus Klarstahl eingenommen. Derzeit sah Barrows einen winzigen Ausschnitt der Sonne Arcturus und eines der zahlreichen Fast Landing Vehicle, kurz FLV genannt, die inzwischen allgegenwärtig schienen.

      Hinter dem Schreibtisch erhob sich Hoch-Admiral John Redfeather. Er desaktivierte die holografische Projektion über der Arbeitsplatte und Barrows glaubte für einen Moment, seine Farragut zu erkennen, bevor das Bild erlosch. Der Oberkommandierende trug, wie auch Barrows selbst, die formelle Dienstuniform der Direktorats-Streitkräfte. Graublaue Hose und eine dunkelgrüne Jacke. Auf das hellgraue Barett hatte der hohe Offizier verzichtet. Die hellblauen Schulterklappen und Nahtstreifen der Hose zeigten die Zugehörigkeit zur Sky-Navy. Bei Angehörigen der Sky-Cavalry waren diese Gelb. Am rechten Oberarm befand sich das kreisrunde Abzeichen der Navy. Es zeigte einen Kreuzer, der sich, vor dem Hintergrund eines Sternenhimmels, hinter einer Wolke hervor schob. Es symbolisierte den Anspruch, dass alles, was sich vom Boden eines Planeten erhob, eine Angelegenheit der Navy sei. Der hohe Rang des Admirals wurde durch je zwei stilisierte Kometen erkennbar, die auf den Schulterklappen befestigt waren. Bei Captain Barrows befand sich an ihrer Stelle ein einzelner fünfzackiger Stern.

      „John, seien Sie mir willkommen“, grüßte Redfeather mit warmer Stimme und reichte seinem Gegenüber die Hand. „Ich weiß, wie schwer Ihnen dieser Besuch fallen muss und ich gestehe freimütig, dass mir diese Begegnung auch nicht leicht fällt.“

      Sie beide hießen John. Eine zufällige Gemeinsamkeit, die Barrows leider nicht von Nutzen sein würde. Redfeather war ein guter Mann. Er besaß Ehre und war für seine Fairnis bekannt. Doch an Tatsachen konnte er auch nichts ändern.

      „Ich muss mich bei Ihnen bedanken, Sir“, sagte der Captain mit einer Stimme, welche die gewohnte Festigkeit vermissen ließ. „Gewöhnlich wird so etwas ja von einem Stabsoffizier des High-Command geregelt.“

      „Unsinn, John. Sie und Ihr Schiff sind ja sicher nichts Gewöhnliches“, erwiderte Redfeather. Er führte seinen Gast zu der Sitzecke und bot ihm eine Erfrischung an. Sie entschieden sich beide für Kaffee und jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach, bis die Ordonanz die Getränke gebracht hatte.

      Hoch-Admiral John Redfeather nutzte die Gelegenheit, sein Gegenüber zu beobachten. Er kannte den Captain natürlich aus den Info-Files, doch nun konnte er sich einen leibhaftigen Eindruck verschaffen. John Barrows war mittelgroß und schlank, und er hielt sich sehr steif und aufrecht. Redfeather ahnte, dass diese Steifheit nicht mit seinem Rang zu tun hatte, sondern mit dem Grund der Zusammenkunft. Barrows trug das Haar sehr kurz, wie die meisten Angehörigen der Navy. Das erleichterte die Nutzung der VR-Helme, wie sie bei der Bedienung der Raumschiffe üblich waren. Das Haar des Captains war schlohweiß und kontrastierte mit der sanft gebräunten Haut.

      „Ihre Farragut ist ein stolzes Schiff, Captain“, begann Redfeather mit ruhiger Stimme. „Es trägt nicht umsonst die Nummer Dreizehn im Schiffsregister. Sie war der erste Kreuzer der Interstellar-Klasse. Der erste Kreuzer der ersten Generation. Der erste Neubau der Navy.“ Redfeather lächelte. „Wenn die ehemaligen Archen und jetzigen Trägerschlachtschiffe nicht die Kennungen Eins bis Zwölf tragen würden, dann stünde Ihrer Farragut die Nummer Eins zu. Sie steht nunmehr seit hundertfünfzig Jahren in Diensten der Navy und ihr Schiffs-Logbuch beweist zahlreiche Einsätze und den ehrenvollen Dienst.“

      John Barrows lauschte den anerkennenden Sätzen eher mit gemischten Gefühlen. Es war Lob, sicherlich, doch zugleich war es der Abgesang auf sein Schiff. „Sir.“