Sky-Navy 2 - Die Vergessenen. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738082982
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eine Frage… Das sind doch Logbücher der alten Raumkommunikationszentrale, nicht wahr?“

      „So steht es zumindest auf den Schutzhüllen“, antwortete er schmunzelnd.

      „Na ja, also, ich interessiere mich ja eigentlich mehr für Schiffe, als für Tiefenraum-Kommunikation, aber ist es nicht so, dass bei eingehenden Funksprüchen vermerkt wird, ob danach eine Maßnahme veranlasst wird?“

      Pierre Demont brauchte nicht lange zu überlegen. „Ja, natürlich. Es gibt Funksprüche, die man weiterleiten muss oder die eine bestimmte Aktion zur Folge haben. Das wird immer vermerkt.“

      „Wie bei einem Notruf.“

      „Du bist ein kluges Kind.“

      „Ja, also… Ich habe hier einen Notruf, der mit dem Vermerk „erledigt“ versehen ist.“

      „Das ist auch richtig, Jennifer. Sobald der Notruf an die zuständige Rettungseinheit übermittelt worden ist, wird er als erledigt betrachtet. Der Rest ist dann Sache des Raumrettungsdienstes, also heutzutage der Sky-Navy oder der Sky-Cavalry.“

      „Der hier wurde aber nicht weitergeleitet.“

      „Ganz sicher wurde er das. Der Operator hat höchstens vergessen, das zu vermerken.“

      „Monsieur Pierre, daran habe ich doch auch schon gedacht.“ Jennifers Stimme klang ein wenig beleidigt. „Aber das Kommunikations-Log verzeichnet keinen Funkspruch an eine andere Rettungseinrichtung.“

      Pierre Demont stutzte. Menschliches Versagen war nie ganz auszuschließen. Ein Operator mochte tatsächlich einmal vergessen, eine Eingabe zu machen. Aber das Kommunikations-Log war vom Menschen unabhängig. Es zeichnete automatisch alle Handlungen auf, die vom Operator durchgeführt wurden. Wenn das Log, nach Eingang eines Notrufes, keine Weiterleitung verzeichnete, dann war diese auch nicht erfolgt. Es sei denn, man hatte sie von einem anderen Terminal aus vorgenommen, doch das wäre höchst unüblich.

      „Warte, Jennifer, ich komme runter.“

      Eine halbe Stunde später schickte Pierre Demont das Mädchen zum Empfang hinauf, während er selbst, zum wiederholten Mal, den Datenspeicher der Aufzeichnung aufrief und dabei an sein Implant tippte. „Vermittlung? Geben Sie mir ComMandar Marsden. Mit Priorität.“

      Wieder eine halbe Stunde später saß ComMandar Brad Marsden an Demonts Seite. Inzwischen hatte dieser die Datei konvertiert und im tetronischen Format eingelesen.

      „Das ist authentisch?“, fragte der Verbindungsoffizier zur Sky-Navy mit belegter Stimme.

      „Das ist der exakte Wortlaut. Ich kenne ihn inzwischen auswendig: Notruf von Mayflower. Schwerer Triebwerksschaden durch Meteoriteneinschlag. Müssen notlanden. Koordinaten…“ Selbst diese Zahlenkolonne rasselte Demont fehlerlos herunter. „Das wird einmal wiederholt und dann verstummt der Sender.“

      „Und es wurde nicht darauf reagiert?“

      „Man hat nicht einmal eine Bestätigung gesendet. Vielleicht hat der Operator gedacht, bei der Laufzeit eines Überlichtspruches würde das nichts bringen. Wenn die von der Mayflower angegebenen Koordinaten stimmen, dann brauchte ihr Notruf zwei Wochen bis zum Mars.“

      „Und sonst geschah nichts?“

      „Absolut nichts. Als hätte es den Notruf nie gegeben.“

      ComMandar Marsden sah einen Moment schweigend auf die Aufzeichnungen. „Unfassbar. So ein Fehler darf einfach nicht passieren.“

      Pierre Demont nickte. „Dennoch ist es passiert. Und zwar vor ziemlich genau zweihundert Jahren. Klingelt bei Ihnen etwas beim Namen Mayflower?“

      „War das nicht das Shuttle, mit dem der Mars erkundet wurde?“

      „Die Mayflower, die den Notruf abgeschickt hat, war ein Tiefenraumschiff mit rund zweitausend Kolonisten an Bord. Ein Schiff der zweiten Kolonisationswelle. Sie wissen schon, ComMandar… Neue Welten für die Zukunft. Das war damals der Slogan des Föderations-Präsidenten. Wissen Sie noch, wie er hieß?“

      „Ist das hier jetzt eine Fragestunde?“ Marsden grinste. „Der Mann hieß van Dongen.“

      „Genau gesagt, hier er Piet van Dongen und hier kommt es auf Genauigkeit an. Wissen Sie nämlich, wie der Name des Captains der Mayflower lautete?“

      „Sie werden mich jetzt gewiss an Ihrem Wissen teilhaben lassen“, knurrte Marsden pikiert.

      „Tja, der Captain hieß Jan van Dongen. Er war der Sohn des Föderations-Präsidenten.“

      ComMandar Marsden sah Demont entgeistert an. „Verdammt.“

      „Der Präsident war damals nicht sehr beliebt“, führte Demont aus. „Damals gab es die ersten Probleme mit den Kolonien. Es ist nur eine vage Vermutung, für die es natürlich längst keine Beweise mehr gibt, aber ich könnte mir vorstellen, dass jener Operator, der den Notruf empfing, auch kein Freund des Präsidenten war.“

      ComMandar Brad Marsden sah sich die Aufzeichnung nochmals an. „Ein zweihundert Jahre alter Notruf. Verdammt und dreimal verdammt. Wir werden ein Schiff hinausschicken müssen.“

      Nun war Pierre Demont überrascht. „Nach zweihundert Jahren?“

      „Die Sky-Navy lässt niemanden im Stich. Wir lassen keinen da draußen.“

      „Nach dieser langen Zeit gibt es keine Überlebenden.“

      „Wahrscheinlich nicht, obwohl sie eine Landung versuchen wollten. Dennoch wird die Navy nachsehen und versuchen, das Schicksal der Vermissten aufzuklären.“

      Kapitel 3 Ein letzter Auftrag

       Direktorats-Flottenbasis Arcturus, Hauptankerplatz der Sky-Navy,

       im Orbit um die Sonne Arcturus, 36,7 Lichtjahre vom solaren System entfernt

      Der interstellare Raumflug war erst mit Erfindung des Cherkov-Überlichtantriebes praktikabel geworden. Er ermöglichte die Reise zu entfernten Sonnensystemen in Wochen, Monaten oder auch Jahren. Eine gute Voraussetzung für die Erkundung des Weltraums und die Besiedlung ferner Welten, auch wenn die Besatzungen und Passagiere vielleicht viele Jahre im Kryo-Schlaf verbringen mussten. Selbst ein begrenzter Handel war durch den Cherkov ermöglicht worden, auch wenn man hier stets „längerfristig“ planen musste.

      Gegen Ende des kolonialen Krieges hatte der japanischstämmige Professor Hiromata durch Zufall die besondere Wirkung des nach ihm benannten Hiromata-Kristalls entdeckt. Bald darauf ermöglichte der Hiromata-Antrieb den sogenannten Nullzeit-Sturz. Jetzt konnten Raumschiffe nach durchschnittlich acht Stunden die Lichtgeschwindigkeit erreichen, und dabei die Speicher des Hiromata laden, der sich dann im Nullzeit-Sturz entlud. Ohne messbare Zeitdifferenz überbrückte das betreffende Schiff nahezu jede beliebige Entfernung. Es kam mit Lichtgeschwindigkeit aus dem Sturz und musste seine Fahrt dann nur noch abbremsen, um sich dem Ziel anzupassen. Eine interstellare Reise dauerte somit nur noch sechzehn Stunden, es sei denn, man bevorzugte den langsameren Überlichtantrieb.

      Da der Hiromata-Antrieb nur wenig Raum beanspruchte und, im Verhältnis zu seiner Leistung, nur wenig Energie benötigte, konnte man selbst kleine Raumschiffe mit ihm ausrüsten. Die Belebung für die interstellare Raumfahrt war enorm. Im Prinzip konnte nun jedermann, der sich ein Raumschiff leisten konnte, private oder kommerzielle Raumfahrt betreiben. Raumschiffe gab es reichlich, denn nach der Rettungsaktion für das Volk der Hanari gab es viele ausgemusterte Landungsboote. Man brauchte diese nur in der Mitte auseinander zu schneiden, ein neues Mittelteil mit dem Hiromata einzusetzen, und konnte die fernen Sterne erreichen. Aufgrund der Kürze des Fluges benötigte man nicht einmal eine komfortable Unterbringung oder umfangreiche sanitäre Anlagen, geschweige, große Vorräte.

      Es sei denn, es ging etwas schief.

      Aufgrund technischen oder menschlichen Versagens konnte es auf Raumschiffen oder Planeten zu verhängnisvolle