Blutiger Aufstieg - ein außergewöhnlicher Fiesling. Walter Ernsting. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter Ernsting
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847683384
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können wir das machen, “ wandte sich Kriminaloberinspektor Freundlich an Heinrich. „Am besten in der Gesindestube.“

      „In einer halben Stunde,“ befahl er. „Und jetzt nehmen Sie bitte die Leiche herunter“, befahl er seinem Assistenten und Schneidereit. Inzwischen hatten die beiden Männer die Leiche vorsichtig auf den Boden gelegt. Nun konnte endlich der Arzt seine Untersuchungen beginnen. „Wir müssen sie ausziehen, sonst kann ich das nicht machen.“ Freundlich schickte Heinrich hinaus. „Das ist kein Anblick für Sie.“

      Die beiden Männer legten Magdalenas Leiche auf den Rücken, Dr.Schöpken untersuchte zuerst die Halspartie. Nach einer Weile richtete er sich auf. „An der Toten befinden sich zwei Würgemale, das deutet darauf hin, dass sie erst erwürgt und dann aufgehängt worden ist. Genauer muss das die Pathologie feststellen. Nun drehen Sie die Tote auf den Bauch.“

      Oberinspektor Freundlich pfiff durch die Zähne. „Was sehe ich denn da?“

      Auf dem Gesäß und den Rücken sah man mehrere waagerecht verlaufende Hämatome. „Wer hat denn die dieser Frau beigebracht?“

      „Die sind nicht in der vergangenen Nacht entstanden“, bemerkte Dr.Schöpken. „Das sieht nach Züchtigung mit einem Stock oder einer Peitsche aus.“

      „Gab es eheliche Probleme?“

      „Ja, das ganze Dorf weiß das. Baron Hugo kommt deshalb auch nur alle zwei bis drei Wochen für einige Tage nach Sticknitz.“

      Am Nachmittag war Baron Hugo in Sticknitz, „Inspektor Freundlich, man hat mich beauftragt, die Nachforschungen zu leiten. Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihrer Frau gesprochen?"

      „Ich habe gestern Nachmittag von Berlin aus mit ihr telefoniert. Sie machte einen völlig normalen Eindruck, sie hat nicht das geringste verlauten lassen, sie frühstückt jeden Tag mit unserem jüngsten Sohn, bevor er zur Schule nach Pogholz geht."

      „Was haben Sie gemacht, seit Sie gestern Nachmittag, wie Sie sagen, mit Ihrer Frau telefoniert haben?"

      „Ich habe gestern Abend in der Nähe meiner Firma zu Abend gegessen und bin nach Hause gefahren."

      „Ich muss Sie das fragen, ich nehme an, Sie haben in einer Gaststätte das Abendessen zu sich genommen; wie heißt die Gaststätte und wann genau war das?"

      „Ich habe am Nachmittag in der Firma gearbeitet, gegen sechs Uhr bin ich ins Restaurant "Treptower Schänke' gegangen und bin dort bis gegen halb acht Uhr geblieben. Anschließend bin ich mit der S-Bahn zu meinem Haus in Berlin - Halensee gefahren."

      „Kennt man Sie dort?" bohrte der Inspektor weiter. Unwirsch antwortete Hugo ihm. „Man kennt mich dort, die Kellner können Ihnen das bestätigen. Auch der Pförtner in meinem Werk weiß, wann ich gekommen und gegangen bin."

      „Und die ganze Nacht von gestern Abend bis heute morgen waren Sie zu Hause."

      „Ja, sicher." Der Kripomann nervte Hugo; er dachte, dieser Oberinspektor Freundlich ist so gar nicht freundlich. Wahrscheinlich hatte Fritz Schneidereit dem Inspektor berichtet, dass das ganze Dorf über die seit etlichen Jahren bestehenden Spannungen zwischen ihm und Magda tuschelte.

      „Und Ihr Hauspersonal kann bestätigen, dass Sie die Nacht in Ihrem Haus in Berlin - Halensee verbracht haben?"

      „Wenn nichts Besonderes anliegt, gebe ich dem Hauspersonal übers Wochenende frei, das wird man Ihnen bestätigen. So war es auch am vergangenen Wochenende. Im Übrigen, es ist unmöglich, zwischen gestern Abend und heute Morgen von Berlin nach Sticknitz und zurück zu gelangen. Da hätte ich fliegen müssen, und das geht bekanntlich nur am Tag."

      Inspektor Freundlich überhörte diese Bemerkung geflissentlich.

      „Ich habe in den vergangenen Stunden Ihr Personal über Auffälligkeiten am gestrigen Tage befragt. Danach ergibt sich folgendes Bild: Ihr Diener Heinrich bestätigt Ihren Anruf gestern Nachmittag. Wenig später ist ein junger Mann erschienen, der Ihre Frau sprechen wollte. Ihr Diener Heinrich hat ausgesagt, dass dieser Mann in den vergangenen Monaten mehrmals Ihre Frau aufgesucht hat. Heinrich kann sich an seinen Namen nicht erinnern, er meint jedoch, der Mann habe beim ersten Mal gesagt, er sei ein Verwandter Ihrer Frau. Kennen Sie diesen Mann?"

      „Nein, keine Ahnung. Sie hat mir auch nichts davon erzählt. Ich höre das heute zum ersten Mal."

      „Es gibt in diesem Zusammenhang etwas Unangenehmes zu erörtern, ich kann Sie damit leider nicht verschonen."

      „Was soll das sein?"

      „Der junge Mann, er wird als ziemlich klein und schmächtig, etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre alt, gut und städtisch gekleidet, beschrieben. Er kam jeweils am Nachmittag und ist ein- oder zweimal über Nacht hier geblieben. Eine peinliche Befragung Ihres Hausmädchens Luise hat ergeben, dass zumindest am Morgen im Bett Spermaspuren feststellbar waren. Wir mussten Ihr Hausmädchen ziemlich 'in die Zange' nehmen, bis sie das gestanden hat. Aber aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass vor allem das weibliche Dienstpersonal neugierig ist.

      Gestern ist es, soweit wir das nachprüfen konnten, nicht dazu gekommen. Der junge Mann hat das Gut am späten Abend verlassen.

      Wir wissen also nach heutigem Stand nicht, wer der junge Mann ist, woher er gekommen und wohin er gegangen ist. Wir werden unsere Nachforschungen weiter betreiben.

      Können Sie immer noch nichts dazu sagen; ich meine, es ist für Sie sicher unangenehm, mit einem Nebenbuhler konfrontiert zu werden, aber ich kann Ihnen das nicht ersparen."

      „Ich wiederhole, ich weiß nichts über diesen Mann."

      „Des weiteren ist gestern am frühen Abend eine Frau in mittleren Jahren in Sticknitz gewesen, sie hat sich im Gasthof nach dem Gut erkundigt, es handelt sich also um eine Fremde, weder die Wirtin noch einige andere Personen aus dem Dorf, die diese Frau gesehen haben, kennen diese Frau, sie ist demnach wohl noch nie hier gewesen. Die Frau wird wie folgt beschrieben:

      mittleres Alter, in bäuerlicher Tracht, aber nicht aus dieser Gegend, gut aussehend, klares Hochdeutsch sprechend. Können Sie mir zu dieser Frau etwas sagen?"

      „Nein, ich habe keine Vorstellung, wer das sein könnte."

      „Weiterhin bleibt festzuhalten, dass das Bett Ihrer Frau in der letzten Nacht benutzt wurde und dass ihre Kleidung, die sie gestern getragen hat, fehlt. Ihr Diener Heinrich meint, dass Ihre Frau gestern Abend gegen zehn Uhr ihr Schlafzimmer aufgesucht hat. Was dann in der Nacht passiert ist, wissen wir nicht. Dr.Schöpken meint, dass der Tod zwischen Mitternacht und ein Uhr eingetreten ist.

      Wie war das Verhältnis zwischen Ihrer Frau und Ihnen?“

      „Es ging so“, antwortete Baron Hugo sichtlich gequält.

      „Und wie kommen diese Hämatome auf ihren Rücken, waren Sie das?“

      Baron Hugo wand sich unruhig hin und her, er fühlte sich ertappt. „Sie brauchte das vor der ehelichen Vereinigung“, stotterte er unbeholfen.

      Der Arzt nahm das kopfschüttelnd zur Kenntnis, man sah ihm an, dass er auch einen Selbstmord Magdas für möglich hielt, um mit diesen Qualen Schluss zu machen. Er berichtete seine Vermutung Inspektor Freundlich, der gar nicht freundlich auf Hugo zu sprechen war. „Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Sie zu verachten“, fauchte er Hugo an, der das schweigend zur Kenntnis nahm. „Ob Sie mit-schuldig am Tode Ihrer Frau sind, wird erst die Obduktion ergeben."

      Achselzuckend ließ der Inspektor die Leiche wegbringen, auch die Spurensuche ergab nichts.

      Yvonne am Telefon zu Hugo: „Wie geht es Dir? Ich möchte Dir zu diesem schrecklichen Tod Deiner Frau mein tief empfundenes Beileid ausdrücken." Hohn lag in ihrer Stimme. „Bist Du nicht innerlich froh, dass Du sie endlich losgeworden bist? Mein Lieber, ich fühle mit Dir."

      Hugo spürte die Zweideutigkeit in ihren Worten. Äußerlich spielte er weiterhin den Tieftraurigen, Niedergeschlagenen; fassungslos und von Gram gebeugt, saß er in seinem Arbeitszimmer und stierte vor sich hin, während im Gutshaus die Polizisten geschäftig