Sky-Navy 14 - Vorposten im Rylon-System. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750220935
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von anderen Besatzungsmitgliedern stillschweigend belächelt, gegenüber den Angehörigen anderer Schiffe jedoch vehement verteidigt wurde.

      Im Augenblick standen Captain Jen-Li und Eins-O Hiroshi Yagoda vor der Schleuse des Schiffes im Dock-Pylon Sieben. Beide besprachen das Ergebnis einer soeben beendeten Übung und beobachteten dabei beiläufig, wie eine Reihe Kisten von Bord gebracht wurde. Sie enthielten mechanische und tetronische Bauteile, die man im Rahmen der Wartung ausgetauscht hatte.

      „Ich komme nicht umhin festzustellen, dass die Wartung unseres schönen Himmelsschiffes diesmal den Austausch von sehr vielen Elementen erfordert hat“, meinte Jen-Li und wippte dabei leicht auf den Fersen. „Ich fürchte, die vielen Übungen, die sich zu einer Leidenschaft meines verehrten ersten Offiziers entwickelt haben, fordern ihren Tribut von Mannschaft und Schiff.“

      Hiroshi lächelte liebenswürdig. „Ich meinerseits komme nicht umhin, meinen verehrungswürdigen Captain und Freund auf den Umstand hinzuweisen, dass sich die Klinge eines Samurai nur dann bewährt, wenn der Krieger beständig mit ihr übt und sie gelegentlich in das Blut eines Feindes taucht.“

      Jen-Li deutete eine Verbeugung an. „Ich erinnere mich der Legenden meines Volkes, die besagen, dass deine weniger verehrungswürdigen Vorfahren dergleichen bei einem überaus unfreundlichen Besuch in meinem Land versuchten.“

      „Es beschämt mich, meinen verehrungswürdigen Captain darauf hinzuweisen, dass dies vor sehr langer Zeit geschah und unsere beiden Völker nunmehr eine gemeinsame Heimat haben.“

      „Ja, ich stelle mit Freuden fest, dass wir alle zu einem Volk von Seefahrern geworden sind.“

      „Das nennt sich Raumfahrer, mein verehrungswürdiger Captain und Freund.“

      Jen-Li lachte leise. „Unsere Vorfahren bereisten die Weltmeere. Wir bereisen das Sternenmeer. Eine wundervolle Analogie, nicht wahr?“

      „Mein verehrter Freund legt dem verehrungswürdigen weisen Konfuzius alle Ehre ein“, lobte Hiroshi. „Auch wenn der Wellengang stürmischer See zwischen den Sternen fehlt.“

      „Was ist die stürmische See im Vergleich mit stürmischen Völkern wie den Norsun oder Negaruyen? Wir müssen uns auf ähnliche Weise bewähren, wie dies unsere Vorfahren taten.“

      „Ich stimme der Weisheit meines Captains zu und bin erfreut, dass wir uns gemeinsam bewähren und nicht das Katana und das Jian kreuzen.“

      Jen-Li lachte unbeschwert und sah seinen Freund belustigt an. „Das fehlte noch. Es reicht, wenn du gelegentlich mit deinem japanischen Schwert herumfuchtelst. Das Jian benötigt mehr Raum, da es wahre Größe hat. Auf einem größeren Schiff könnte mich dein Vorschlag in Versuchung führen.“

      „China setzte gerne auf Größe und fuchtelte mit seiner Macht herum“, erwiderte Hiroshi, „doch wir Japaner schätzten stets die Kunst des Schwertkampfes und die Regeln des Kriegers.“

      Der chinesischstämmige Captain schlug seinem Freund leicht auf die Schulter. „Einigen wir uns darauf, dass unserer Vorfahren allesamt gerne im Blut des Gegners badeten. Ich hoffe jedoch, dass wir von diesem zweifelhaften Vergnügen verschont bleiben.“

      Hiroshi Yagoda wurde wieder ernst. „Mir fehlen die Kenntnisse, um die Norsun einzuschätzen, doch die Negaruyen zeigen sich als listenreiche Feinde.“

      „Mein verehrungswürdiger Freund darf sie ruhig als heimtückisch bezeichnen.“

      Der erste Offizier deutete ins Innere der Schleuse. „Kehren wir zu den Dingen des Alltags zurück. Was hältst du vom Ergebnis der Übung?“

      „Du hast die Mannschaft hart gefordert.“ Jen-Li lächelte abermals. „Und sie hat sich, dank deiner Mühen, deutlich verbessert.“

      Das Szenario der ohne Vorwarnung abgehaltenen Übung war der Einschlag eines Meteoriten in die Brücke gewesen. Die sechsköpfige Brückenbesatzung, inklusive des Captains und des Eins-O, war dabei ums Leben gekommen. Die Mannschaft hatte sich vor den Aufgaben gesehen, die Sicherheit des Schiffes zu gewährleisten, die Flug- und Manövrierfähigkeit wiederherzustellen und die Opfer zu bergen. Als besondere Schwierigkeit war von Hiroshi Yagoda dann auch noch die rasch errichtete Notschleuse zur Brücke sabotiert und der spontane Druckverlust im obersten Deck verkündet worden.

      „Die Leistung hat sich gesteigert, doch sie entspricht noch nicht dem Standard, den ich erwarte“, antwortete der erste Offizier. „Der Maschinenleitstand hat sofort reagiert und die Notsteuerung übernommen, die Schadenkontrollteams waren schnell vor Ort. Man hat sich jedoch auf die Vorgabe verlassen, keiner der Brückenbesatzung habe überlebt. Die Crew war völlig überrascht, als sie auf einen Überlebenden stieß, der den Meteoriten rechtzeitig erkannt und seinen Raumanzug noch hatte schließen können. Allerdings war er schwer verletzt und es war kein Medo-Team mit Bubblepack bereit.“

      „Ein Fehler“, stimmte der Captain zu. „Niemals blind auf eine Meldung verlassen, sich auf alles vorbereiten, erkunden und der Situation gemäß reagieren“, zitierte er eine Regel aus dem Ausbildungshandbuch. „Wie war mein verehrter Freund mit dem sonstigen Verlauf zufrieden?“

      „Die explosive Dekompression in der Notschleuse kam überraschend, aber alle waren vorbereitet. Diesbezüglich halte ich die Reaktion der Besatzung für angemessen und durchaus zufriedenstellend. Die Brücke wurde rasch wieder in Betrieb genommen und man hat den Fehler in der Bordtetronik der Steuerung rasch entdeckt.“

      „Nun, insgesamt können wir durchaus mit dem Ergebnis zufrieden sein“, sagte Jen-Li. „Bei vorbereiteten Übungen reagiert unsere Crew perfekt, bei spontanen Szenarien nähert sie sich diesem Standard.“

      „Dennoch, mein Freund, gibt es noch viel zu tun. In Anbetracht der besonderen Aufgaben, für welche unser Schiff erbaut wurde, müssen wir stets davon ausgehen, auf uns alleine gestellt zu sein und selbst mit einer Notsituation fertig werden zu müssen.“

      „D.S. Blackwing?“

      Die beiden Offiziere wandten sich um und sahen sich einem Command Master Chief der Navy gegenüber. Ein Hüne von Mann, bei dem Hikaro sicher war, dass er von der Navy für Werbezwecke eingesetzt wurde. Hinter dem Chief konnte er mehrere Arbeiter und Lastenkarren sehen, auf denen Standardtransportbehälter gestapelt waren.

      „Das Schiff da“, brummte Captain Jen-Li und wies in den offenen Schleusengang.

      „Schön, habe eine Lieferung für den Kahn und suche den Captain.“

      Sein Schiff als Kahn bezeichnet zu hören, noch dazu von einem Mann der Navy, ließ Jen-Li nicht ganz unberührt. Er straffte seine Haltung. Er und Hiroshi trugen schlichte Bordoveralls ohne Rangabzeichen. Lediglich das Logo der Blackwing bewies ihre Zugehörigkeit zur Besatzung. „Was für eine Lieferung, Chief? Im Übrigen bin ich der Captain dieses ‚Kahns‘.“

      „Sir.“ Der Command Master Chief nahm eine gewisse Haltung an. „Verzeihung, Sir, aber Ihr Rang war nicht ersichtlich. Ist eine Lieferung von Mars Military Industries. Direkt vom Mars. Kam mit dem letzten Langstrecken-Shuttle.“

      „Art der Lieferung?“

      „Munition, Sir.“

      Jen-Li nickte. „Dann ist mein Erster dafür zuständig. Major, übernehmen Sie das.“

      „Positiv, Sir“, bestätigte Hiroshi Yagoda und salutierte demonstrativ.

      Eine Augenbraue des Marine-Unteroffiziers hob sich ein wenig, als er die Rangbezeichnung eines „Schlammfußes“ vernahm, wie man in der Navy die Kampftruppen gerne bezeichnete. Immerhin revanchierte diese sich gerne mit dem Ehrentitel „Vakuum-Kutscher“ für das Navy-Personal. „Verzeihung, Sir, aber ich habe ausdrückliche Order, dass die Lieferung vom Captain quittiert werden muss.“

      Jen-Lis Augen verengten sich für einen Moment, bevor er nickte. „Geben Sie mir die Papiere, Chief. Mein Eins-O wird die Korrektheit prüfen.“

      Der Unteroffizier schüttelte den Kopf. „Wenn Sie es überprüfen wollen, Sir, dann in Ihrem Schiff. Nicht hier, in der Öffentlichkeit des Dock-Pylons.“