Braune Augen. Anna-Irene Spindler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anna-Irene Spindler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847679301
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sich mit dir zu unterhalten.“

      Gespannt hielt sie den Atem an. Was würde er antworten? Seine Augen hatten wieder diesen grünen Schimmer und das geheimnisvolle Leuchten, wie damals in ihrem Traum, als er sie mit einem warmen Blick ansah.

      „Auch mir bereitet es große Freude mit dir zu sprechen. Ich habe so unendlich lange darauf gewartet. Und”, fügte er fast streng hinzu „es hat mir überhaupt nicht gefallen, dass du heute abend allein draußen herum gelaufen bist.“

      „Oh, das macht mir nichts aus. Hier habe ich keine Angst. Räuber und andere böse Buben lauern heutzutage nicht mehr auf einsamen Landstraßen, sondern vor Diskotheken, in der U-Bahn und in Parkhäusern.“

      „Möchtest du etwas zu essen?”, wechselte sie das Thema.

      „Nein danke. Ich würde mich gerne verabschieden, ich habe deine Zeit glaube ich schon zu lange in Anspruch genommen. Aber wenn du morgen nichts Besseres vor hast, möchte ich dir etwas zeigen.“

      Sie standen beide auf. Teresa machte einen Knicks, neigte leicht den Kopf und sagte schelmisch: „Aber gerne. Stets zu Euren Diensten. Gute Nacht, Hoheit.“

      Antonio verbeugte sich mit formvollendeter Höflichkeit.

      „Gute Nacht, Prinzessin, schlaft wohl.“

      Er lächelte sie an. Dann wurden seine Umrisse schwächer und er verschwand. Sie stieß sie Luft aus, ließ sich auf das Sofa plumpsen, schnappte sich das Telefon und sagte den Besuch bei ihrer Schwester ab. Nach diesen verregneten, trübseligen Tagen kam ihr die Aussicht auf dieses Wochenende geradezu paradiesisch vor.

      Gleich nach dem Frühstück fuhr sie zum Einkaufen nach Rietingen, damit sie sich den Tag möglichst freihalten konnte. Und sie hatte sich nicht umsonst gefreut. Es wurde ein tolles Wochenende!

      Sie traf Antonio im Treppenhaus des Schlosses und er bot ihr eine ausgedehnte Führung an. Er wusste zu allen Kleinigkeiten, die im Schloß zu sehen waren, herrliche Geschichten und Anekdoten zu erzählen. Einerlei ob es um die Vorhänge ging oder den braunen Jagdhund betraf, der links unten auf einem der Gobelins dargestellt war. Ihm fiel zu Allem etwas ein. Er zeigte ihr die Weinkisten im hintersten Winkel des Kellers und er stieg mit ihr auf den Dachboden. Von dort konnte man über eine extrem steile Treppe zu einer Art kleinem Balkon gelangen, der sich auf dem Dachfirst zwischen den vielen Kaminen befand. Er war mit einem rostigen schmiedeeisernen Geländer umgeben und wurde früher nur von den Bediensteten betreten, die für das Hissen der Familienfahne zuständig waren. Von dort hatte man einen fantastischen Blick über die ganze Umgebung. Antonio zeigte ihr, wie weit sich der Besitz zu seinen Lebzeiten erstreckt hatte und erzählte ihr, wie die Landschaft damals hier aussah. Sie nahm sich fest vor, bei Sonnenschein noch einmal herauf zu kommen und Aufnahmen vom Golfplatz zu machen, der sich wie ein grüner Teppich vor dem Schloß ausbreitete.

      „Wollen wir uns auch die Kapelle noch anschauen?“, fragte er sie.

      „Wenn es dir nichts ausmacht, verschieben wir das auf ein anderes Mal. Ich bin schon ganz wirr im Kopf vor lauter Historie. Es wäre schade wenn ich etwas nicht mitbekäme.“

      Das Abendessen, zu dem sie ihn später einlud, war genauso gelungen wie der gesamte Tag. Er brachte einen vorzüglichen Wein mit und Teresa war sehr stolz auf das Essen. Ihr Filet Wellington war dem edlen Tropfen durchaus angemessen. Auch mit dem Sonntag war sie äußerst zufrieden. Morgens fuhr sie nach Rietingen zur Kirche und stellte danach eine zweite Kerze in die Kapelle des Schlosses. Dort traf sie Antonio und lud ihn zu einem Spaziergang ein. Sie wanderten quer über den Golfplatz und weit in den Wald hinein, den sie bisher immer nur von Ferne gesehen hatte. Er zeigte ihr die Stelle, wo ihm Friedrich von Bernwald aufgelauert hatte und ärgerte sich im Nachhinein noch über seinen Leichtsinn und seine Dummheit. Später fing es sogar noch an zu schneien. Als sie durch den weißen Flockenwirbel zurück wanderten, kam sich Teresa vor wie in einem Märchen.

       Es war einmal eine Mädchen, das traf in einem alten Schloß einen verzauberten Prinzen....

      Vor dem Haupteingang trennten sie sich und Antonio verabschiedete sich wie immer mit einer Verbeugung von ihr.

      Der Besuch

      Teresa saß auf dem Sofa, hatte die Beine auf ihren Couchtisch gelegt, starrte in die Flammen des Ofens und träumte vor sich hin. Es war tatsächlich passiert. Sie hatte sich in Antonio verliebt! Ihr Verstand versuchte ihr zwar einzureden, dass dies unmöglich war und auch nicht wirklich real sein konnte, aber ihr romantisches Ich wusste es besser. Als Kind und später als Teenager hatte sie sich ihren eigenen persönlichen Traumprinzen zurecht gebastelt. Seit sie erwachsen war hatte sie nur wenige Männerbekanntschaften gehabt. Da waren wohl zwei feste Freunde gewesen, aber das hatte nie länger als ein halbes Jahr gehalten. Es war nicht so, dass sich keiner für sie interessiert hätte. Aber bereits nach kurzer Zeit waren ihr alle zu oberflächlich erschienen. Vielleicht lag es ja daran, dass keiner von ihnen auch nur im entferntesten Ähnlichkeit mit ihrem Traumprinzen hatte. Antonio hingegen entsprach in Allem ihren Vorstellungen. Er war so komplett anders als alle anderen Männer, die sie bisher gekannt hatte. Es musste wohl daran liegen, dass er eben kein ‚normaler‘ Mann war.

      „Oh je, oh je! In was bin ich da bloß hinein geraten“, seufzte Teresa.

      Das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Träumen.

      „Lambert“, meldete sie sich.

      „Hallo, mein Liebling! Schön, dass ich dich gleich erwische!“, klang eine muntere Stimme am anderen Ende.

      „Robert?“, vergewisserte sie sich ungläubig.

      „Na wer denn sonst. Hast du vielleicht noch einen weiteren Liebhaber? Eigentlich müsste ich dir ja böse sein, weil du mich nicht gleich angerufen hast, aber großzügig wie ich bin, verzeihe ich dir. Hör zu, halte dir das nächste Wochenende frei, ich komme dich besuchen.“

      „Ja, in Ordnung“, war Alles, was sie auf seinen Redeschwall antworten konnte.

      „Wunderbar. Ich kann zwar noch nicht genau sagen, wann ich am Freitag hier wegkomme, aber ich nehme an, dass ich dich jederzeit von unterwegs erreichen kann. Vergiss nicht den Champagner kalt zu stellen. Also bis zum Freitag. Tschüs, mein Hase!“

      Ehe sie etwas erwidern konnte hatte er aufgelegt. Typisch Robert! Wahrscheinlich hatte ihm seine derzeitige Flamme für das Wochenende einen Korb gegeben und da hatte er sich an sie erinnert. Wie hatte er sie doch gleich genannt? Liebling – Hase! Vermutlich konnte er sich an ihren Vornamen gar nicht mehr erinnern. Er war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, sie hätte keine Zeit für ihn haben können. Kein ‚Wie geht es dir? Was machst du?‘ Nichts! Und sie? Sie hatte sich verhalten wie eine treudoofe, verliebte Ziege.

      ‚Ja, in Ordnung!‘ Das war alles was ihr eingefallen war. Mit Robert war es wirklich so eine Sache. Er war das komplette Gegenteil ihres Traummannes. Er war arrogant, egoistisch und eingebildet. Trotzdem konnte sie nie Nein sagen, wenn er sie anrief. Genau wie gerade eben. So dumm es auch von ihr war, sie freute sich darüber, dass er sie nicht ganz vergessen hatte und sie sogar besuchen wollte.

      Die ganze Woche über war sie in Anspruch genommen von Vorbereitungen für das Wochenende. Sie brachte ihre Wohnung auf Vordermann, putzte und schrubbte wie ein Weltmeister. Auch ein Besuch beim Friseur stand auf dem Programm. Sie wusste Robert legte großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Den Mittwoch verbrachte sie im Büro und erledigte die angefallenen Arbeiten. So konnte sie am Donnerstag und Freitag ohne schlechtes Gewissen frei machen. Sie war so beschäftigt, dass sie an Antonio keinen Gedanken verschwendete. Je näher der Freitag rückte, um so größer wurde die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Robert. Selbst das Wetter spielte mit. Der Schneefall vom Sonntag war nur ein Zwischenspiel gewesen. Während der Woche wurde es wieder wärmer und der Wetterbericht sagte sogar Sonne und Temperaturen bis siebzehn Grad voraus. Da konnte sie mit Robert Golf spielen gehen. Es würde herrlich werden. Am Freitag wagte sie sich ab zehn Uhr nicht mehr aus dem Haus, um ja Roberts Anruf nicht zu verpassen. Endlich kurz nach ein Uhr rief er an. Kurz und prägnant wie immer teilte er ihr mit, dass er so gegen halb drei