Blaues Netz. Jean-Pierre Kermanchec. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jean-Pierre Kermanchec
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847615514
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dass der Commissaire von Quimperlé wegen Krankheit von seinen Kollegen in Quimper vertreten würde, rief er dort an.

      Als Marson den Hörer wieder aufgelegt hatte und sich gerade auf den Weg machen wollte, seinen Kollegen zu suchen, der ihn zur Fundstelle am Aven begleiten sollte, trat Claude Ylian in das Zimmer. Frohgelaunt pfiff er ein Liedchen als.

      „Wir haben das große Los gezogen, es gibt schon wieder eine Leiche.“ empfing ihn Marson und setzte sich seine Mütze auf.

      „Netter Scherz, aber damit kannst du mir meine gute Laune nicht verderben!“ meinte Ylian und wollte zu seinem Schreibtisch gehen.

      „Auf geht’s, “ sagte Marson, „das ist kein Scherz, ein Fischer hat auf der Fahrt von Pont Aven nach Port Manec`h eine Leiche gefunden. Er sagt, sie läge ziemlich exakt am Ufer, bei dem Lieu dit Coat Melen.“

      „Merde, ich wollte doch heute einmal früher nach Hause. Immer erwischt es uns. Bei den letzten Leichen von Rospico, du kannst dich bestimmt noch erinnern an die Toten mit den Fischabfällen, da waren wir auch immer im Dienst. Der Täter ist ja nie gefunden worden. Als wir dann vor einem Jahr von Névez hierher nach Pont Aven versetzt wurden dachte ich, dass es damit nun ein Ende hätte. In Pont Aven ist doch noch nie etwas passiert. Kaum sind wir hier, fallen die Toten vom Himmel! Wer bearbeitet denn diesmal den Fall bei der police judiciaire?“

      „Ich habe keine Ahnung, aber Quimperlé wird es wieder einmal nicht sein. Der Commissaire ist erkrankt. Man wird uns jemanden aus Quimper schicken. Lass uns gehen.“

      Marson und Ylian setzten sich in ihren Wagen und fuhren von Pont Aven aus zu der beschriebenen Stelle an der Straße von Coat Melen.

      Die beiden Polizisten brauchten nicht lange. Der von dem Fischer beschriebene Ort lag nur wenige Kilometer von Pont Aven entfernt. Nachdem sie ihren Wagen verlassen hatten begannen sie mit dem Abstieg, um von der etwas mehr als zwanzig Meter höher gelegenen Straße hinunter an das Ufer des Aven zu gelangen. Das Unwetter in der Nacht hatte den Boden durchnässt und das Gras war so glitschig wie selten. Sie mussten achtgeben als sie den Abhang hinunterkletterten. Sie brauchten nicht lange zu suchen um die Leiche zu finden. Die Kleider des Toten hatten sich in den unteren Ästen einer Eiche verfangen. Ylian, der das Absperrband mitgenommen hatte um die Fundstelle sofort weiträumig zu sichern, begann mit der Arbeit. Marson versuchte die Leiche näher ans Ufer zu ziehen um ein Abtreiben zu verhindern. Auch ohne größere Erfahrung konnte man sehen, dass es sich um keinen Unfalltot handelte.

      „Claude“, rief Marc Marson, „hilf mir zuerst einmal die Leiche an Land zu ziehen. Ich schaffe es alleine nicht.“ Claude Ylian ließ sein Absperrband ins Gras fallen und ging zu seinem Kollegen um ihn zu unterstützen. Nachdem sie die Leiche an das Ufer gezogen hatten, sahen sie sofort, dass der Mann einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war.

      Der Körper wies eine Stichverletzung an der Halsschlagader auf. Ob es noch weitere Einstiche gab konnten sie nicht sehen.

      Kapitel 2

      Ewen Kerber sah zu seinem Kollegen Paul Chevrier auf, als dieser das Büro betrat. An seinem Gesichtsausdruck erkannte er sofort, dass Paul mit einer unangenehmen Nachricht kam. Ewen und Paul arbeiteten schon seit mehr als zwölf Jahren zusammen.

      „Was gibt es Paul?“ fragte Ewen.

      „Nun, du wirst es nicht glauben, aber wir haben einen Toten in Pont Aven und der Kollege von Quimperlé ist krank. Wir dürfen wieder mal ran.“

      Ewen Kerber schien nachzudenken, bevor er etwas erwiderte.

      „Pont Aven, das ist nicht sehr weit von dem Ort Kerliou entfernt, dort wo sich die Morde mit den Fischabfällen vor einigen Jahren ereignet haben?“

      „Stimmt, nur einige Kilometer.“

      „Der Fall lässt mich immer noch nicht in Ruhe. Wir konnten damals den Mord nicht aufklären, dabei war ich mir sicher, dass diese Frau aus Concarneau, …wie hieß sie noch?“

      „Hmm, ich glaube Julie….“

      „Stimmt, Julie Pegues, die muss es gewesen sein, da bin ich mir heute noch sicher. Aber beweisen konnten wir es leider nicht.“

      „Hoffentlich haben wir es nicht wieder mit so einem Unfall zu tun.“

      Dieser Fall lag nun schon einige Jahre zurück, aber Ewen Kerber hasste es Fälle ad Acta zu legen, bevor sie gelöst waren. Damals hatte es eine Reihe von Morden gegeben, die als Unfälle durchgegangen wären, wenn nicht Fischabfälle über den Leichen verteilt gewesen wären. Bis heute wusste Ewen nicht, was es damit auf sich hatte.

      Ewen Kerber erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und folgte Paul Chevrier zum Wagen.

      Kapitel 3

      Marc Marson und Claude Ylian hatten den Fundort gesichert, nachdem sie die Leiche ans Ufer geholt hatten und warteten jetzt auf die Kommissare aus Quimper. Sie wussten, dass es dauern würde bis die Herren die Strecke von Quimper bis hierher zurückgelegt hätten. Sie brauchten bestimmt eine dreiviertel Stunde für den Weg. Als sie die Sirenen der Fahrzeuge der police judiciaire lauter werden hörten, stieg Marson nach oben um den Kollegen von der Mordkommission die Fundstelle zu zeigen. Von dem letzten Fall, von dem Ylian zuvor gesprochen hatte, war ihm der Kommissar aus Quimper, der jetzt aus dem Fahrzeug stieg noch gut bekannt.

      Ewen Kerber ging zum Kofferraum und zog sich seine Gummistiefel an, als Marson zu ihm trat.

      „Bonjour Monsieur le Commissaire!“ begrüßte er Ewen Kerber.

      „Bonjour!“ antwortete Kerber und fragte dann sofort nach dem Fundort.

      „Führen Sie mich bitte zur Leiche. Wer hat den Toten gefunden?“

      „Hier entlang Monsieur le Commissaire, geben Sie acht, das Gras ist sehr rutschig.“ Marson ging voraus und fuhr dann fort:

      „Das war ein Fischer, ein Monsieur Marc Gourin. Er hat die Leiche von seinem Boot aus gesehen und uns benachrichtigt. Er konnte nicht bleiben, er muss ja das Hochwasser ausnutzen um aufs Meer zu gelangen. Er wird sich aber bei uns melden nach der Rückkehr.“

      Als Kerber bei der Leiche angekommen war, versuchte er sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Sein Kollege, Dustin Goarant von der Spurensicherung würde jeden Augenblick hier eintreffen und er wollte auf keinen Fall etwas verändern. Dennoch wollte er sich den Leichnam schon einmal vorsichtig ansehen. Die Stichverletzung an der Halsschlagader fiel ihm sofort auf. Ein Unfall war damit ausgeschlossen. Es handelte sich um einen Mord. Damit lag der Fall bei ihm.

      „Bonjour Ewen.“ begrüßte ihn Yannick Detru, der Pathologe, der mit seinem Alu-Koffer gerade den Steilhang herunter gekommen war und sich jetzt Handschuhe anzog um sich einen ersten Eindruck des Toten zu verschaffen. Dustin Goarant war ebenfalls mit seinen Assistenten eingetroffen und hatte sofort mit der Sicherung aller möglichen Spuren begonnen. Yannick Detru sah sich die Leiche genau an. Nachdem er den Körper auf den Rücken gelegt hatte, konnten er und Kommissar Kerber sofort den großen Blutfleck in der Herzgegend sehen. Die Leiche zeigte an den Handgelenken deutliche Spuren, die von einer Fesselung stammen mussten.

      „Wie lange ist der Mann bereits tot?“ fragte Kerber Yannick Detru.

      „Genau kann ich es noch nicht sagen, aber der Körpertemperatur nach zu urteilen, würde ich meinen, dass er sicher nicht länger als drei Stunden tot ist. Durch den Regen in der Nacht dürfte er etwas schneller abgekühlt sein, deshalb könnte es sein, dass sein Tod auch weniger als drei Stunden her ist. Genaueres erst nach der Obduktion.“

      „Schau Ewen,“ Detru hatte die Ärmel des Jacketts des Toten hochgeschoben um sich die Arme genauer anzusehen “diese Spuren an den Handgelenken zeigen, dass der Mann zuvor gefesselt gewesen war und diese Brandspuren am Unterarm stammen von Zigaretten oder etwas ähnlichem. Ich würde meinen, dass man versucht hat ihn zu foltern um etwas von ihm zu erfahren.“

      „Hmm, ja das