„Seid gegrüßt. Habt ihr die brennenden Sterne gesehen?“
Elotiel nickte: „Ja, haben wir. Wo sind sie hingeflogen? So etwas haben wir noch nie erlebt.“
„Das war ein Meteoritenschauer, Steine aus dem Universum. Sie sind ganz in unserer Nähe eingeschlagen“, berichtete Djalal dem Königspaar. „Wie gut, dass Euch nichts passiert ist.“
Ihr Gespräch wurde von dem quengelnden Baby unterbrochen.
„Das Baby ist hungrig“, erklärte Faina und stillte den Prinzen, gierig begann der Kleine zu saugen. „Verschluck dich nicht, du Vielfraß“, grinste Elotiel.
In diese Idylle hinein platzte Gyar, der Bruder des Königs. Freundlich begrüßte er Djalal und bat dann Elotiel mit sich: „Es gibt Unruhen im Land der Eidechsenmenschen, irgendetwas ist dort im Gange. Eines der Weltentore hinter ihrem Gebiet ist zerstört worden.“
„Vielleicht sollten wir zu ihnen, um mit ihnen zu reden?“
„Nein“, widersprach Gyar. „Sie sind gerade nicht gut auf uns zu sprechen. Sie denken, wir haben damit zu tun.“
Die beiden entfernten sich und zurück blieb Djalal mit Faina und dem Baby. Mit gemischten Gefühlen blickten sie Gyar hinterher. Immer wenn Djalal mit dem Königsbruder zusammentraf, bemächtigte sich seiner ein ungutes Gefühl. Nie fiel Gyar in seiner Gegenwart unangenehm auf oder sagte etwas, dass ihn verstimmte und dennoch nistete sich erneut Widerwillen in Djalal ein. Faina und Djalal sahen sich an und beide wussten ohne Worte, dass sie dasselbe empfanden.
Um Faina auf andere Gedanken zu bringen, fragte Djajal: „Habt Ihr schon einen Namen für Euren Sohn gefunden?“
„Ja, Fingir. Den Namen flüsterten die Bäume.“
„Dann ist es auch der Richtige. Fingir klingt schön.“
Inzwischen waren Glenn, Ilian und Orell auf dem Plateau vor Bernsteinauges Höhle gelandet und Glenn flüsterte ehrfurchtsvoll den Zauberspruch: „Avratar elportal diro.“
Das magische Portal öffnete sich und die drei betraten die dämmrige Höhle. Fasziniert weiteten sich ihre Augen, als sie das grüngemaserte Ei sahen, eingehüllt von den Feuerelfen. Wie kleine, züngelnde Flammen tanzten sie säuselnd und Geschichten wispernd um das Ei.
Königin Anijala flog auf die Neuankömmlinge zu: „Seid gegrüßt, wie schön, dass ihr wohlbehalten den Kampf überstanden habt. Es hat zu viele Tote gegeben. Wir haben um Bernsteinauge getrauert. Es ist schlimm, dass sie ihr Leben gelassen hat. So viel Weisheit dahin.“
Seufzend antwortete Glenn: „Krieg und Kampf sind immer sinnlos und ich wünschte, wir würden nur trainieren, ohne unsere Fähigkeiten jemals anwenden zu müssen.“
„Das ist wahr. Aber auf allen Welten ist es immer dasselbe, irgendwann gibt es Krieg. Traurig.“ Das Feuerantlitz von Anijala wirkte kummervoll und ihr Flammenkörper nahm eine dunkelrote Farbe an.
„Auf was müssen wir achten, um dem Ei die gleiche Fürsorge zuteilwerden zu lassen, wie ihr es getan habt?“, wollte Orell wissen.
Die Farben von Anijalas Flammen wechselten zu einem zarten Orange und Gelb. „Das Ei hat sich schon einmal bewegt. Ich hoffe, der kleine Drache lässt sich noch etwas Zeit und genießt eure Aufmerksamkeit.“
Als die Königin der Feuerelfen die missmutigen Gesichter der drei Freunde musterte, wurden ihre Flammen wieder dunkler und sie fuhr besorgt fort: „Mit viel Liebe und Geduld haben wir uns um das Ei gekümmert und dem Drachenjungen Geschichten erzählt. Eure Liebe ist kostbar für den Drachen. Außerdem ist es wichtig, dass ihr die richtige Temperatur haltet, knapp unter fünfzig Grad, das ist perfekt für das Ausbrüten. Solange das Ei seine grünliche Farbe behält, ist alles in Ordnung, wenn es blau wird, ist es zu kalt.“
„Ihr habt das so toll gemacht, ich glaube, ihr seid viel besser zum Ausbrüten geeignet, als wir drei. Wir sind nur ein müder Abklatsch von euch“, versuchte Glenn die Aufgabe abzuwälzen.
Verständnisvoll lächelnd wehrte Anijala ab: „Mir ist bewusst, dass du als Krieger und Jäger das Ausbrüten eines Dracheneis nicht als Heldentat ansiehst. Doch nur ein wahrer Held überträgt seine kraftvolle Energie auf den Drachenjungen. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt, nun seid ihr dran.“
Mit einer Verbeugung verabschiedete Anijala sich und rief ihre Feuerelfen zu sich. In einem Flammenwirbel verließen Anijala und die Elfen die Drachenhöhle. Zurück blieben die drei Freunde und da ihnen nichts anderes übrig blieb, richteten sie sich gemütlich ein. Glenn breitete Decken aus, legte das Drachenbuch bereit und ein Kräuterbuch, dass ihm Quiana mitgegeben hatte. Das Ei wurde in Decken gehüllt und Glenn entzündete mehrere kleine Feuerstellen, um das Ei warm zu halten. Als erster übernahm Orell den Brutdienst und zeigte ein mürrisches Gesicht, während er sich niederließ und das Ei zwischen seine Vorderbeine schob.
Glenn las aus dem Drachenbuch vor: „ ... Der Drache im Ei kann deine Gefühle wahrnehmen, die positiven wie auch die negativen, also hüte dich davor, mit schlechter Laune zu brüten...“
„Nicht auch das noch“, beschwerte sich Orell, „Jetzt soll ich auch noch gute Laune haben und mich freuen, dass ich hier sitze?“
Ilian lachte schallend. „Genau“, sagte er dann.
„Du bist auch bald dran“, gab Orell zu bedenken.
Glenn setzte sich in den Schneidersitz und legte das Drachenbuch auf seine Beine: „Was glaubt ihr? Sind wir das einzige Trio, bestehend aus einem Pegasus, einem geflügelten Hirschen und einem Elfen, das je ein Drachenei ausgebrütet hat?“
„Ich denke: Ja“, grinste Ilian. „Wir sollten es mit Humor tragen. Ein Versprechen ist ein Versprechen, wir können es nicht ändern.“
Die Augen von Glenn bekamen einen verträumten Ausdruck: „Und ich könnte jetzt bei Quiana sein...“
„Lies weiter vor“, knurrte Orell.
„Die Laune dessen, der brütet kann sich auf den kleinen Drachen übertragen und dessen Charakter prägen“, fuhr Glenn fort.
„Au weia, dann wird der Drache ein echter Motzbrocken“, sagte Ilian erschrocken.
„Unterbrich mich doch nicht immer“, beschwerte sich Glenn. „Je besser die Gemütslage des Brütenden, umso ausgeglichener wird der Charakter des Drachen.“
Ilian schlenderte zu Orell: „Ablösedienst, du Miesepampel. Der Drache braucht mal ein bisschen gute Laune, deshalb übernehme ich.“
„Von mir aus. Dann erzähl ihm Witze und lass das Ei bloß nicht blau anlaufen“, frotzelte Orell.
Urlaub in Frankreich
Fast hatten Esther und ihre Begleiter das Ziel erreicht, und in dem alten Volvo vermischten sich Aufregung und Vorfreude miteinander, besonders Emma verspürte ein Kribbeln im Bauch. Mit der Straßenkarte in der Hand vermutete Ben: „Ich glaube, da vorne geht ein kleiner Weg ab und dann müssten wir da sein. Wird auch langsam Zeit, mir knurrt der Magen.“
Tatsächlich zweigte eine schmale, asphaltierte Straße ab und an einem verwitterten Holzstamm hing ein Metallschild: „Chateau d`Aigles“.
„Ja, das ist es“, bestätigte Esther und setzte den Blinker.
„Warte mal!“, rief Emma. Unter dem Schild des Chateaus befand sich ein Plakat, das an einem Holzpfosten befestigt war. Darauf stand: Marché aux puces du livres*. Ein Bücherflohmarkt!
Interessiert las sich Emma den Text durch und merkte sich Ort und Datum, das war ihr Ding, da