Lethal Vacation. Josephine Lessmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josephine Lessmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753132990
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      Kapitel 5

      Die Geisterstadt

      13.März 2015, 16:00 Uhr

      Dicht gefolgt von seinem Kommandanten Schrader und dessen Wachmännern, stolzierte der Vizeadmiral vor den Neuankömmlingen und führte sie durch die Straßen Brachburgs. Er trug ein Barett, einen edelaussehenden, dunkelblauen Gehrock und einen Gehstock.

      »Einst war Brachburg ein Gelände der NVA. Soldaten wurden hier ausgebildet. Später wurde es umfunktioniert. Ein Ferienlager für Schulklassen. Unser Glück, denn wir haben eine recht moderne Küche zur Verfügung. Ein paar Gebäude wurden abgerissen oder neugebaut. Nach der Jahrtausendwende wurde das Gelände sich selbst überlassen.«

      »Dennoch finde ich es recht umfangreich ausgestattet. Wir haben Stallungen gesehen und riesige Werkstätten«, bemerkte Elmar.

      Der Vizeadmiral blieb stehen und sah ihn verblüfft an. »Sehr gut beobachtet, mein Freund. Das liegt daran, dass ich das Gelände lange Zeit vor dem Weltuntergang kaufte. Ich wollte eine autarke Neuordnung erschaffen. Und wie man sieht, war diese Investition Goldwert. Von außen Pfui, von innen hui. Mir war es schon immer wichtig, dass man uns nicht gleich finden konnte. Deswegen pflanzte ich an der Mauer entlang Efeu, sodass es zuwachsen konnte. Zum Glück gab es damals genügend Baumaterial, um das Gelände vor Eindringlingen zu schützen.«

      »Bemerkenswert und äußerst clever«, bewunderte Ivy und sah sich die Wohnblocks an. »Als hätten Sie die Apokalypse vorausgesehen.«

      Sie schlenderten an einer Turnhalle vorbei. Vor deren Toren stand eine hölzerne Bühne. Dahinter befand sich ein Sportplatz mit Fußballfeldern.

      »Aber warum will man sich vorher schon so abnabeln?«, fragte Mac.

      Heinzmann blieb stehen und musterte den Amerikaner kritisch. »Weil ich eine neuartige Bürgerwehr auf den Plan rufen wollte. Du kannst es nicht wissen, aber die anderen schon. Unsere Politik hat diesen Virus in unser Land gelassen. Ausländer, die lange vor all dem infiziert waren. Die unsere Frauen vergewaltigten, unsere Jobs gestohlen und unser Geld verprasst haben. Und der Deutsche bekommt nichts. Er muss zusehen, wie er zurechtkommt. Das wollte ich verhindern. Und ich hatte genug Anhänger, die der gleichen Meinung waren. Selbst in den Zentren wurden sie besser behandelt, als manch Deutscher. Da trennt sich die Spreu vom Weizen.«

      Verblüfft schauten sich die vier an.

      »Hier drüben ist die Schießhalle. Aber ich glaube, dass mit euch nicht geübt werden muss.« Heinzmann blieb stehen. »Dort hinten sind Baracken, die für euch nicht von Bedeutung sind.«

      Er machte kehrt und lief den Weg zurück. Wieder legte er die Arme auf den Rücken und reckte den Kopf erhaben in die Höhe.

      Die Gehwegplatten waren mit kleinen Grasbüscheln bespickt. Sie liefen auf einen Flachbau zu, aus dessen Dach ein Schornstein herausragte.

      »Dieses Gebäude ist unsere Küche. Es wäre schön, wenn du morgen früh um 7:00 Uhr dort sein könntest, um meine Chefköchin zu unterstützen«, sagte er Ivy zu gewandt.

      Sie überlegte nicht lang und nickte ihm bereitwillig zu.

      »Leider fehlt uns eine Assistentin dort. Sie starb einen furchtbaren Tod. Aber näher ausführen will ich das nicht. Schließlich müssen wir uns noch ein paar Gebäude ansehen.«

      Fragend runzelten sie die Stirne und folgten ihm. Die Stallungen, die sie zu Beginn sahen, erstreckten sich ins Hinterland. Sie betrachteten das Gebäude, indem es nach Ammoniak stank. Die Tiere begrüßten sie mit einem freundlichen Schnaufen und Wiehern.

      »Wir fanden sie vor zwei Jahren auf einem Hof. Der Besitzer ließ sie auf die Weide. Sie hatten Glück. Die Toten hatten sie nie gefunden, dafür aber wir. Es gibt auch ein paar Kühe hier. Manchmal braucht man nur die richtigen Karten, um zu überleben. Ein guter Spielzug eben.« Liebevoll strich Heinzmann über den Kopf des Pferdes. »Ich möchte, dass ihr zwei meine Männer im Stall unterstützt.« Er zeigte auf Elmar und Klaas, die ihm bereitwillig zu nickten. »Harte Arbeit macht euch doch nichts aus. Der Schmied kümmert sich um die Waffen. Wenn ihr nicht ausmistet, werdet ihr ihm in der Werkstatt zu Hand gehen.«

      Er stolzierte auf Mac zu, der auf ihn herabsehen musste. Heinzmann musterte ihn und grinste. »Das du zupacken kannst, kann ich mir vorstellen. Welche Position hattest du bei der Army?«

      »Sergeant Major. Ich war Berater und für die Ausbildung der Soldaten zuständig.«

      Zufrieden grinste Heinzmann vor sich hin. Er drehte den Amerikaner zu seinen Kameraden und den Kommandanten um und klopfte ihm beherzt auf die Schulter. »Begrüßt unseren neuen Ausbilder. Ich denke, dass wir sehr zufrieden sein werden, was diese Arbeit betrifft.«

      Verblüfft schaute Mac zu den drein, die argwöhnisch mit den Schultern zuckten.

      »Da ihr nun die Anlage kennt, würde ich vorschlagen, dass man euch zurück auf die Stube bringt. Morgen wird ein langer Tag für euch werden. Eine geregelte Arbeit ist wichtig, um den Kopf frei zu bekommen. Deshalb, und auch wegen eurer strapaziösen Reise, solltet ihr euch ausruhen. Es geht bei Zeiten los. Die jeweiligen Kameraden werden euch abholen und zur Arbeit begleiten.« Freundlich lächelte er ihnen zu, salutierte und ging mit Kommandant Schrader zurück zu seinem Quartier.

      Die vier schauten ihm nach und Viggo begleitete sie zum Block 2.

      *

      Ivy lag auf ihrem Bett und starrte zur Decke empor. Spinnweben hatten die Raufasertapete überwuchert. Nachdenklich zog sie die Bettdecke, die einen süßlichen Geruch versprühte, bis zum Kinn.

      Es war bereits dunkel, als Mac das Zimmer betrat und sie verblüfft ansah. »Ich habe dir gesagt, du sollst dich mit dem Einschlafen beeilen. Ich schnarche.«

      Ivy lächelte und drehte sich ihm zu. Sie beobachtete ihn, wie er seine Kleidung bis auf die Boxershorts und das T-Shirt auszog. Selbst das Shirt war etwas klein und sein Bauch quoll darunter hervor.

      Schnaufend legte er sich nieder und deckte sich zu. Er bemerkte ihre Blicke. »Alles okay?«

      »Ich denke schon. Aber fühlt es sich für dich richtig an, dass wir hier sind?«

      Mac überlegte einen Augenblick. »Nach allem, was wir durchgemacht haben, ja. Wir müssen da jetzt durch. Außerdem bekommen wir einen Einblick in die Sache. Alles wird gut. Vertrau mir.«

      Stumm nickte sie vor sich hin und starrte erneut an die Decke. Es dauerte nicht lange und sie hörte ein rhythmisches Schnarchen von der anderen Seite des Zimmers. Mac schlief.

      ***

      

      Kapitel 6

      Waldhütte

      13.März 2015, 22:00 Uhr

      Während Cornelia, Falk und Gunnar bereits schliefen, hockte Mikey gespannt vor dem Sender und lauschte dem Gespräch der Maulwürfe. Vor ihm lag ein Notizblock, aber bislang hatte er nur wahllos darauf rum gemalt. Er hörte das Rauschen.

      ›Hallo Mikey ... Vizeadmiral Heinzmann hat uns in Brachburg aufgenommen. Jeder von uns hat einen Job bekommen. Aber die Stimmung ist irgendwie … komisch. Mysteriös bedrohlich. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben kann. Ich glaube, dass er einen neuen Anschlag plant. Vielleicht kriege ich mehr raus. Morgen muss ich in die Küche. Da wir kooperativ sind, bieten wir unsere Hilfe an. Mal sehen, was das wird. Ich hoffe, euch geht’s gut.‹

      Er hörte Ivy schwer seufzen.

      Ellen betrat den Raum und hielt eine heiße Tasse Tee in der Hand. »Gibts schon Neuigkeiten?«

      Mikey schüttelte den Kopf. »Sie scheint k.O. zu sein.«

      ›Wir werden bei Zeiten abgeholt. Ich bin gespannt, was uns erwartet.‹

      Mikey lächelte verträumt auf. Ihre Stimme zu hören erfüllte sein Herz mit Wärme.