Sky-Navy 19 - Konfrontation. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753182858
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schien und auf unbekannte Weise in der Lage war, Objekte zu berühren und zu bewegen. Es war die körpergewordene Erscheinung eines Wesens, dass die verborgene Welt nun schon seit Jahrhunderten regierte und das für seine Weisheit und Güte verehrt wurde. Doch selbst die oberste Herrin aller Negaruyen sah sich an diesem entscheidenden Tag mit Unmut, ja sogar Widerstand, konfrontiert. Wortführerin der spontan anwachsenden Opposition war wieder einmal die Hoch-Kommandantin Suna-dal-Sollis, seit Langem die erklärte Gegnerin von Desara.

      Die Primär-Kommandantin war sich der Bedeutung und Schwierigkeit dieser Beratung bewusst und hatte zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen angeordnet. Mit Ausnahme von ihr und der obersten Matriarchin durfte keine der Teilnehmerinnen bewaffnet sein oder eine Leibwache mitbringen. Scanner und Sensoren in den Gängen überprüften alle Anwesenden auf Hilfsmittel und Substanzen, die in der Lage waren, einem Lebewesen Schaden zuzufügen.

      Im Beratungsraum hingegen bemühte man sich um eine angenehme und entspannende Atmosphäre. In dem weißen, kreisrunden Saal gab es Pflanzeninseln, drei fröhlich plätschernde Brunnen, Erfrischungsgetränke und kleine Stärkungen. Die im Rund angeordneten Sitze besaßen dicke Polster, ein für Negaruyen angenehmer süßlicher Duft hing in der Luft und die Beleuchtungselemente tauchten alles in angenehmes indirektes Licht.

      Doch all dies konnte die beklemmende Atmosphäre und Spannung kaum mildern. Einer konstanten Drohung und Einschüchterung gleich, hielten die jeweils drei Wachen der Matriarchin und Desaras ihre Pulspistolen schussbereit.

      Desara-dal-Kellon hatte mit ruhiger Stimme über ihre gescheiterte Mission berichtet, die Delegationen der Menschen und der Norsun in Gefangenschaft zur verborgenen Welt zu bringen. Natürlich hatte Suna-dal-Sollis die Gelegenheit zu Kritik genutzt, diese aber in höfliche und verklausulierte Worte verpackt. Als Desara dann jedoch ihre Schlüsse zog und das weitere Vorgehen erläuterte, wuchs der Unmut im Kreis der Beraterinnen in einem Maße, das Suna zu offenem und ungehemmtem Widerspruch überging.

      „… denn was unsere verehrte Primär-Kommandantin uns hier anbietet, das ist nichts anderes, als die Selbstvernichtung der verborgenen Welt“, fuhr die Hoch-Kommandantin mit bleichem Gesicht fort, da sie die tödlichen Konsequenzen ihrer Worte durchaus richtig einschätzte. Doch Suna-dal-Sollis war von ihrer Meinung überzeugt. „Ich würde lieber in Ehren vor dem Feind fallen, als hier wegen der Wahrheit meiner Worte ermordet zu werden, doch ich kann nicht schweigen. Was Desara-dal-Kellon plant, das ist unser aller Tod.“

      Zustimmendes Gemurmel steigerte sich zu erregten Rufen.

      Desara sah aus den Augenwinkeln, wie eine ihrer Wachen zielte, und rief ihr einen scharfen Befehl zu, die Waffe zu senken.

      „Heute ist nicht der Zeitpunkt für solche Maßnahmen“, sagte sie mit lauter Stimme und hob die Arme, um so Ruhe zu fordern.

      Sie wurde ignoriert. Im Gegenteil, aus den Rufen wurden hysterisch klingende Schreie, in denen man Desaras Rücktritt und sogar ihren Tod forderte.

      Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die oberste Matriarchin geschwiegen. Nun erhob sie sich schweigend von ihren Polstern und sofort senkte sich Stille über den Raum. Der Atem der Anwesenden schien übermäßig laut, als die verehrte Oberherrin in die Mitte des Kreises und an Desaras Seite trat. Sie hob die Hand und über ihrem Kopf formte sich das Symbol der verborgenen Welt, frei schwebend im Raum. Es bestand aus einem Kreis in verschiedenen Blautönen und zwei stilisierten Händen, die sich sehnsüchtig nach einem über ihnen blitzenden goldenen Stern ausstreckten.

      „Meine Schwestern, die verborgene Welt steht am Scheideweg. Fast tausend Jahre widerstanden wir den mörderischen Versuchen der Eierlinge, uns auszulöschen. Im Gegenteil, es gelang uns immer wieder, sie schmerzhaft an uns zu erinnern. Der neue Zersetzer, der die Hüllen ihrer Schiffe auflöst und die neuen Projektilkanonen machten uns für kurze Zeit ihnen überlegen. Doch die Menschen sind an die Seite der Mordwesen getreten. Ihr Reich mag klein und schwach sein, doch sie selbst und ihre Schiffe sind es nicht. Unsere geschätzte Primär-Kommandantin hat uns geschildert, wie ähnlich uns das Volk dieser Langnasen ist. Unsere eingeschleusten und genetisch veränderten Infiltratoren brachten uns Wissen über ihre Lebensweise und Stärke. Die Menschen sollten besser an unsere Seite treten, doch das tun sie nicht. Ihnen ist es geschuldet, dass die Eierlinge unsere Raumwerft Tensa vernichten konnten. Ihnen ist es geschuldet, dass wir nun Niederlage um Niederlage erleiden, denn die Denkweise der Menschen gleicht in vielen Dingen der unseren. Nun haben die Menschen neuartige Scanner erforscht, mit denen sie jedes Objekt über viele Lichtjahre hinweg und ohne Zeitverlust orten können. Ihre Rällganns verschießen mächtige Torpedos, die unsere Schiffe ebenfalls ohne Zeitverlust treffen und gegen die es keinen wirksamen Schutz gibt. Nun haben die Norsun den Menschen die Technik der formbaren goldenen Energie offenbart. Die Menschen werden ihre Schiffe künftig durch die goldenen Schutzwände verbessern und schwer angreifbar machen.“

      Die oberste Matriarchin machte eine kurze Pause und ließ ihre Worte einwirken.

      Aus dem andächtigen Schweigen war ein beklommenes Schweigen geworden. Atemlos lauschte man den Worten des Avatars, als diese ihre Rede fortführte.

      „Nein, meine Schwestern, wir und unser Volk stehen am Abgrund. Es ist nur ein einziger Schritt, bis wir in diesen und den Tod stürzen. Die Worte der Primär-Kommandantin berühren mein Herz, denn sie sind nur zu wahr.“ Eine zierliche Hand richtete sich auf Suna-dal-Sollis. „So, wie auch Eure Worte wahr sind, Hoch-Kommandantin Suna-dal-Sollis. Der Weg, den Desara-dal-Kellon mit uns beschreiten will, kann der Weg in den Tod sein. Doch wenn wir ihn nicht beschreiten und wenn wir zögern, so ist es mit Sicherheit unser Tod. Wir müssen zuschlagen. Mit aller und vereinter Kraft, wie es den Schwestern der verborgenen Welt gebührt. Zuschlagen mit aller Kraft, bevor der Feind weiter erstarkt und dies seinerseits tut. Wir sind nur eine Welt, die gegen viele steht. Doch lasst uns den Feinden beweisen, was für eine Welt die unsere ist. Ja, meine Schwestern, vielleicht führt uns die Primär-Kommandantin in den Untergang. Doch wenn nicht sie, so frage ich euch, meine Schwestern, wer soll uns dann zum Sieg führen?“

      Es war eine kurze und emphatische Ansprache und sie verfehlte ihre Wirkung nicht.

      Der Saal hallte wieder, als die linken Füße der Beraterinnen rhythmisch auf den Boden stampften und so ihre Zustimmung signalisierten. Das Stampfen wurde lauter, bis schließlich auch die streng disziplinierten Wachen begeistert einfielen.

      Als die oberste Matriarchin erneut die Hand hob, herrschte wieder andächtige Stille.

      Nur Suna-dal-Sollis hob sich mit geröteten Wangen ihre Hände. „Sag es uns auf Ehre, Primär-Kommandantin Desara-dal-Kellon: Wohin werdet Ihr uns führen?“

      Als Desara das Ziel nannte, konnte Suna ihr Erstaunen nicht unterdrücken. „Anschabb, wie soll uns das gelingen?“

      Nun glitt ein Lächeln über das Gesicht der Militärbefehlshaberin. „Es ist nur eine Frage sehr genauer Berechnung.“

       Zwei Wochen später, Taktische Phase 1

       Sirandaar, Kommando-Schleichschiff der Negaruyen der verborgenen Welt

      Die Sirandaar war eine der schlagkräftigsten Einheiten der Flotte der verborgenen Welt. Keineswegs aufgrund ihrer Bewaffnung oder Größe. Im Gegenteil, sie gehörte zu den kleinsten Kreuzern, besaßen jedoch die Fähigkeit zur Tarnung, was ihr zu der Bezeichnung „Schleichschiff“ verholfen hatte. Das optische Tarnsystem war nahezu perfekt. Nur bei schnellen Bewegungen des Schiffes entstanden Verzerrungen, die an Schlieren erinnerten. Versuche hatten bewiesen, dass die Ortungsmöglichkeiten der Norsun ein getarntes Schleichschiff erst bemerkten, wenn dieses nur noch wenige tausend Kilometer entfernt war. Die Überlegung, eine Schlachtflotte aus diesen Schiffen zu bauen, war bislang jedoch nicht praktikabel. Die Tarnung verschlang immense Mengen an Energie, was proportional zur Größe des getarnten Objektes anwuchs. Man konnte also nicht einfach größere Schiffe mit stärkeren Energieerzeugern bauen. Die Sirandaar war daher ein Kompromiss zwischen starker Tarnung und relativ schwacher Bewaffnung. Da sie sich einem Feind jedoch unerkannt auf geringe Distanz annähern konnte, hatte sie schon oft ihre tödliche Effizienz bewiesen.

      Ein Kreuzer der Sirandaar-Klasse war nur hundertdreiundsiebzig