Weil du nur einmal lebst. Marina Selle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marina Selle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783742781345
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      Ich schickte die Nachricht ab und steckte mein Handy wieder ein. Langsam begann ich, meine Sachen zusammen zu packen, damit ich gleich schnell aussteigen konnte. Dann bekam ich eine Nachricht.

       Hallo Liebes, ich schaffe es leider nicht, dich abzuholen, weil hier ein Rohr gebrochen ist und ich auf die Handwerker warten muss, aber ich habe jemanden organisiert. Achte einfach auf einen roten Geländewagen.

       Bis gleich dann, Maddie :)

      Na das fing ja super an. Ich hoffte inständig, dass es die nächsten Wochen nicht so weiter gehen würde, schließlich wollte ich etwas Zeit mit meiner Tante verbringen und mit der Website wollte ich auch anfangen und das war natürlich nicht möglich, wenn bei der Pension Probleme auftraten, die den Zeitplan umschmissen.

      Als der Zug hielt, griff ich mir schnell meinen Koffer und meine vollgestopfte Sporttasche und stieg aus.

      Als ich aus dem Zug trat, kam mir ein Schwall warmer Sommerluft entgegen. Die Luft roch süßlich nach Blumen und Blüten und war gerade noch kühl genug, dass sie Temperaturen nicht zu drückend waren. Ich hiefte meinen schweren Koffer auf den Bahnsteig und lief ein paar Schritte, bis ich schließlich stehen blieb.

      Wohin sollte ich jetzt gehen? Ich beschloss, einfach den wenigen Leuten zu folgen, die mit mir ausgestiegen waren und kam schließlich an den Parkplätzen aus. Ich setzte mich auf eine der drei Bänke im Schatten und wartete.

      Ich stellte mein Gepäck neben mir auf dem Boden ab und sah mich um. Der Bahnhof war recht klein, ein wenig heruntergekommen aber eigentlich wirkte er ganz romantisch. Er sah aus wie eine dieser Filmkulissen, fand ich. Er war gesäumt von alten, großen Bäumen und kleinen, blühenden Sträuchern und es gab einen kleinen Fahrradunterstand, dessen Säulen von Efeu umrankt waren.

      Wie Maddie es mir aufgetragen hatte, hielt ich Ausschau nach einem roten Geländewagen, aber ich entdeckte ihn nicht.

      Ich hoffte, dass ich den richtigen Parkplatz gewählt hatte, aber da ich nirgendwo einen anderen Parkplatz gesehen hatte, beschloss ich einfach noch ein bisschen zu warten. Vielleicht verspätete sich meine Mitfahrgelegenheit nur ein wenig. Um die langsam aufkommende Langeweile zu vertreiben, machte ich ein paar Fotos von dem Bahnhof und schickte sie meiner Mutter.

      Dazu schrieb ich:

       Hi Mom, bin gerade angekommen. Sieht das hier nicht idyllisch aus? Aber das ist noch nicht Countmay, dorthin fährt nämlich kein Zug.

       Mad wollte mich eig. abholen, aber sie kann nicht kommen, Rohrbruch in der Pension. Gleich holt mich jemand ab und fährt mich zu ihr.

       Drück mir die Daumen, dass ich nicht mehr allzu lange warten muss!

       Küsse, Lory

      Gerade, als ich die letzten Worte der SMS schrieb, fuhr ein Auto vor. Ich sah nicht von meinem Handy auf, sondern schickte erst die Nachricht ab, doch ich hörte, wie eine Autotür zugeschlagen wurde und dann etwas zögernde Schritte auf mich zu kommen.

      „Hi“, sagte eine warme Stimme. Ich sah auf und blickte direkt einem groß gewachsenen, braun gebrannten Jungen ins Gesicht. Ich schätzte ihn auf vielleicht zwanzig Jahre, also um genau zu sein, kein richtiger Junge mehr...

      Er trug ein lockeres, weißes T-Shirt und eine kurze, abgenutzte Hose. Sein Haar war dunkelbraun und wuschelig, und seine Augen hatten die Farbe von Kastanien.

      „Bist du Lory?“, fragte er mich und machte noch einen zaghaften Schritt auf mich zu.

      Ich nickte nur und betete, dass es sich bei ihm um meine Mitfahrgelegenheit handelte.

      „Hi“, sagte er nochmal und streckte mir seine Hand entgegen.

      „Ich bin Noah. Deine Tante Maddie hat mich geschickt, um dich abzuholen. Sie hat einen Rohrbruch in der neuen Pension und kann deswegen nicht kommen…“

      „Ich weiß“, sagte ich und lächelte.

      Ich kam mir ziemlich blöd dabei vor, hier so rum zu sitzen und ihn anzustarren, aber aus irgendeinem Grund konnte ich nicht anders.

      „Also dann, wollen wir los?“, fragte ich und gab mir große Mühe, irgendwie lässig zu klingen. Normalerweise gelang mir so etwas nicht besonders gut, wenn ich ehrlich bin, aber dieses Mal schien es ausnahmsweise einmal geklappt zu haben.

      „Ähm, klar. Lass mich das nehmen“, sagte er und griff nach meinem Koffer und meiner Sporttasche. Langsam lief ich hinter ihm her zum Auto und musterte seinen Rücken und die trainierten Arme. Es schien kein Problem für ihn zu sein, die schweren Sachen zu tragen, ganz im Gegensatz zu mir.

      Am Auto angekommen, klappte er die Kofferraumtür auf und verstaute meine Sachen darin. Dann ging er zur Beifahrerseite und hielt mir die Tür auf.

      Ich wurde rot. Er hielt mir die Tür auf! Was war das denn bitte für ein Gentleman?

      Verlegen huschte ich in den Wagen und setzte mich auf den Beifahrersitz.

      Ich schnallte mich an und band mir schnell meinen Zopf neu, einfach bloß deswegen, weil ich nicht wusste, was ich mit meinen Händen machen sollte.

      Lässig ließ Noah sich neben mir hinter das Steuer fallen und schaltete den Motor an.

      Gekonnt lenkte er das Auto aus der Parklücke, die mit Sträuchern umrahmt war. Ich hätte Angst gehabt, dass die Äste das Auto verkratzen könnten, aber Noah schien sich darüber nicht im geringsten Sorgen zu machen.

      Er fuhr vom Bahnhofsgelände herunter und lenkte dann auf eine Schnellstraße. Ich versuchte mich auf den Weg zu konzentrieren, um mich während der drei Monate, die ich hier verbringen würde, wenigsten einigermaßen zurecht finden zu können. Doch ich war zu nervös.

      „Ist das dein Wagen?“, fragte ich schließlich, als die Stille mir zu unerträglich wurde. „Nein. Das ist das Auto von Maddie. Ich arbeite ab und zu für sie und dann kann ich den Wagen benutzen. Um Einkaufen zu fahren zum Beispiel.“

      „Echt, du arbeitest für sie? Ich wusste gar nicht, dass… naja… Ich wusste gar nichts davon.“

      Noah lachte.

      „Ich mache das auch noch nicht so lange. Außerdem habe ich im Moment so wie so nicht so viel zu tun, da die meisten handwerklichen Arbeiten am Haus schon erledigt sind, die ich machen konnte und jetzt die Elektrik angeschlossen wird, von der ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe. Wenn es dann in die Möbelaufbauphase geht, werde ich aber wahrscheinlich wieder öfter da sein.“ Er lächelte mich freundlich an und ich lächelte zurück.

      Dann schwiegen wir wieder eine Weile. Ich sah aus dem Fenster und sah mir die wunderschöne Landschaft an und schaute im Wechsel dazu immer wieder auf die Uhr. Es kam mir so vor, als wären wir bereits eine halbe Ewigkeit unterwegs, dabei waren wir gerade einmal zehn Minuten gefahren.

      „Und du bist Mad’s einzige Nichte?“, fragte er mich schließlich.

      Ich war etwas erstaunt, weil ich bisher immer gedacht hatte, dass ich die einzige Person wäre, die Maddie den Spitznamen Mad gab, doch offenbar hatte ich mich geirrt. Ich wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund machte mir das etwas aus.

      „Ja“, antwortete ich und bemerkte den verwirrten Ton in meiner Stimme.

      Jetzt kam ich mir dumm vor. Hoffentlich hatte er es nicht bemerkt.

      „Sie ist die Schwester meiner Mutter“, sagte ich daher noch schnell und hoffte, dass es ihm nicht aufgefallen war.

      Noah nickte und bog ab.

      „Wir sind gleich da“, verkündete er und ich atmete innerlich auf.

      Ich mochte ihn zwar, er war wirklich nett, aber ich tat mich immer ein bisschen schwer mit neuen Bekanntschaften und es machte mich nervös, unter fremden Leuten zu sein. Ich bevorzugte die Gesellschaft von meiner Familie oder von vertrauten Freunden, dort fühlte ich mich einfach wohler.