Scheiß die Wand an.... Heike-S. Rogg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike-S. Rogg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847696407
Скачать книгу
sowie viele auffällig unauffällige Leibwächter erwecken nicht den Anschein, als würden sie uns durchlassen. Also bleiben alle erst mal unter einer Laterne stehen.

      Von dort aus beobachten wir, wie der italienische Präsident, in einem Golfwagen fahrend, seinen weißen Hut huldvoll schwingend, an uns vorbeifährt. Leider habe ich den Mann vor dem Zug in seiner prächtigen Uniform für den Präsidenten gehalten und somit das falsche Foto geschossen. Naja, in Italien wechseln die Politiker schnell, vielleicht ist er ja irgendwann der Nachfolger.

      Während die Fahrgäste weiter auf die Reiseleiterin warten, kommt Hannes Trauma erneut zum Vorschein. Hatte er doch Venedig fünfundzwanzig Jahre lang gemieden, weil ihm damals eine Taube ihre Hinterlassenschaft in seinem Cappuccino hinterließ, so kleckst es heute sogleich auf den Voucher für die Reiseleiterin.

      Dann finden wir Maria oder sie uns. Hannes übergibt die Gruppe an die Stadtführerin und schlägt sich zusammen mit mir seitwärts in die Gassen. Schon nach kurzer Zeit ist uns klar, dass die Preise hier doppelt so hoch sind wie in Jesolo. Folglich spare ich viel Geld, indem jeder Kauf boykottiert wird.

      Allerdings plagt uns gegen 15.30 Uhr der Hunger. Vorsichtig geworden, nachdem ich die Preise auf einigen Speisekarten gelesen habe, überlegen wir, wo und was wir essen sollen. Da es sinnvoll ist, um diese Zeit als mögliche Ansprechpartner unserer Reisegäste in Hafennähe zu bleiben, studieren Hannes und ich die Preise für die Pizzen auf einem Speisekartenplakat vor dem Gelateria-Ristorante.

      Neun Euro empfindet Hannes für Venedig in dieser Lage als durchaus akzeptabel. Demzufolge suchen wir uns einen Platz unter den markanten grünen Markisen und bestellen eine Pizza Margaritha und zwei Cola. Diese kommen tatsächlich als Halbliterflaschen, statt wie sonst üblich in der Dose. Als die Rechnung vor uns liegt, ist der Schock groß. Achtundzwanzig Euro! Die Pizza kostet neun Euro, die Cola hingegen jeweils sieben Euro. Das Coperto beträgt 2,50 Euro pro Kopf. Dass der Kellner uns darauf hinweist, der Service sei nicht inklusive, müssen wir, aufgrund des eben erlebten Schocks, wohl überhört haben. Die Getränkepreise stehen übrigens nicht auf den großen Speisekarten vor den Restaurants.

      Als Randnotiz bleibt zu vermerken, dass zwei unserer Fahrgäste dort für einen Cappuccino jeweils 5.50 Euro bezahlen. Am Abend vorher kosteten ein Cappuccino und ein Latte Macchiato zusammen 2.80 Euro. Allerdings in Jesolo.

      Nachdem unsere Gruppe vollständig vertreten ist, betreten wir wieder Schiffsplanken. Das Schiff, das uns zurückbringen soll, erweist sich als sehr viel kleiner im Vergleich zu unserem Morgendampfer. Auch ist in der Zwischenzeit der Seegang um Einiges stärker geworden. Die Folge aus beidem sind einige blasse Nasen bei unseren Fahrgästen. Komischerweise hat Frau Rosenberg diesmal keine Beschwerden. Aber vielleicht ist sie ja irgendwo im Süden am Meer aufgewachsen, wo es nur Schiffe und keine Busse gibt.

      Mit dem Bus geht es zurück zum Hotel. Da morgen für alle Freizeit angesagt ist, versucht Hannes das Frühstück auf eine moderatere Zeit als heute zu verlegen. Dieses misslingt mit dem Hinweis der Rezeptionistin, dass eine Gruppe, die pro Person nur etwas mehr als zwanzig Euro am Tag bezahlt, eben ein minderwertigeres Frühstück bekommt, als die Hausgäste. Deshalb dürfen Busgruppen ja nicht mit diesen zusammen essen. Die Originalworte der Dame sind: »Es ist uns peinlich, wenn die Reisegäste zusammen mit den Hausgästen frühstücken. Für das Geld, was wir für die Gruppe bekommen, können wir kein anderes Frühstück anbieten.«

      Dieser Standardsatz wird auch vor den Fahrgästen ständig wiederholt.

      Der nächste italienische Schlag trifft uns, als die Dame an der Rezeption erklärt, was für mich zu zahlen sei. In der Regel muss ich in Hotels nur mein Essen bezahlen, da das Zimmer des Busfahrers bereits bezahlt ist. Selbst in Viersternehotels in Deutschland liegt der Preis dafür bei etwa zwanzig Euro. Hier haben wir jedoch nur am ersten Tag gegessen und uns für die restlichen Essen, inklusive Frühstück, ordentlich abgemeldet. Meine Rechnung weist jedoch für den Essenstag vierzig und für die restlichen Übernachtungen jeweils dreißig Euro auf. Dieser Preis entspricht dem für Privatgäste! Für dieses Zimmer! Noch dazu habe ich nur das frugale Frühstück bekommen, keine Croissants. Auf unseren Protest hin wird die Rechnung auf insgesamt achtzig Euro reduziert. Auch dieser Preis entspricht nicht dem Gruppenpreis.

      Nach diesem Ärger gehen Hannes und ich in die Stadt, wo wir in dem kleinen, netten Ristorante Belvedere, in der Via dei Mille, zuvorkommend bedient werden und zu einem angemessenen Preis hervorragend essen. Mich versorgt die freundliche Südtiroler Bedienung zusätzlich mit genügend Platzsets aus Papier, damit ich diese Geschichte aufschreiben kann. Dafür wird nicht einmal Coperto fällig.

      Am selben Abend gibt es noch einen handfesten Streit zwischen dem Chef und dessen Nachtportier. Unsere Gäste berichten am nächsten morgen, dass der Nachtportier die Bar, in der sie noch zusammen saßen, schließen wollte, was dem Chef nicht passte. Das ganze Theater spielte sich vor den Hotelgästen ab, die gespannt auf die drohende Prügelei warteten.

      *

      Der Samstag steht zur freien Verfügung. Die Mitglieder unserer Reisegruppe dürfen heute allein entscheiden, was sie unternehmen wollen. Einige fahren ein zweites Mal nach Venedig, andere besuchen die Inseln Murano und Burano, um die dortige Glaskunst zu bewundern. Ein paar ganz Unverdrossenen gehen an den Strand, obwohl das Wetter nicht schön ist und ständig Regen droht.

      Hannes und ich lassen das Frühstück ausfallen, denn wir wollen wenigstens einmal ausschlafen. Ich organisiere zwei Tassen Kaffee aus dem Speisesaal, die ich mit auf unser Zimmer nehme. Das muss bei diesem Preis einfach inklusive sein.

      Später führt unser Weg über den Strand, wo einige unserer Hartgesottenen auf die Sonne warten, noch einmal nach Jesolo. In unserer Lieblingsgelateria, auch in der Via dei Mille gelegen, trinken wir Kaffee und frühstücken zwei warme Croissants mit Marmelade. Zusammen kostet uns das mit Trinkgeld sieben Euro. Auch das gibt es.

      Im Anschluss an das Frühstück muss Hannes wieder einmal weiter laufen, als sein Bus lang ist, denn aufgrund der Hotelpreise ist ein Bankautomaten von Nöten. Wer jetzt glaubt, in einem Ort wo ein Geschäft neben dem anderen zum Geldausgeben verführt, gäbe es auch an jeder Ecke eine Bank, der irrt. Der Weg ist ziemlich weit, bevor wir in einer Nebenstraße fündig werden. Nachdem aber auch das geglückt ist, kehren wir in unser gastfreundliches Hotel zurück.

      Auf der Toilette habe ich jetzt keine Lust mehr auf turnerische Übungen und nehme kurzerhand das Toilettenpapier aus der vorgesehen Halterung. Ab sofort hat es seinen Platz auf dem Rand des Bidets. Allerdings ist nicht mehr viel Papier vorhanden. Da es keine Ersatzrolle gibt, liegt der Verdacht nahe, dass für Gruppengäste nicht nur Brötchen und Wurst abgezählt sind, sondern auch die Blätter des immerhin zweilagigen Toilettenpapiers.

      Weil das Hotelzimmer nicht zum Aufenthalt einlädt beschließen wir Siesta zu halten. Mit geschlossenen Augen ist es besser auszuhalten.

      Nachdem dann der Bus aufgeräumt und für die Rückfahrt vorbereitet ist, treffen Hannes und ich den anderen Busfahrer aus dem Saarland. Es stellt sich heraus, dass seine Gruppe im Hotel Bettina, gleich nebenan wohnt. Ich nutze die Gelegenheit und frage, ob ich mir denn mal sein Zimmer ansehen dürfte. Da einige unserer Fahrgäste anführen, dass die andere Gruppe zum gleichen Preis viel besser untergebracht sei, muss ich mich davon ja überzeugen.

      Und es stimmt tatsächlich. Während sich unsere Fahrgäste abends auf einer harten Holzbank rumdrücken müssen, begrüßt mich im Nebenhotel eine gemütliche, überdachte Veranda mit bequemen Korbmöbeln. Ein sehr freundlicher, deutsch sprechender Chef erlaubt mir ein Hotelzimmer und die Lobby zu fotografieren. Schnell wird der Unterschied deutlich. Helle, freundliche Räume, wohnliche Tagesdecken und Möbel, die zusammen passen und nicht wie bei uns vom Sperrmüll zu stammen scheinen.

      Das Bad ist zwar genauso klein wie bei uns, jedoch sauber und modern. Es gibt einen Fön und die Toilette kann gefahrlos benutzt werden. Ich möchte am liebsten gleich umziehen.

      Übrigens besichtigen wir den Speisesaal dort während des Abendessens. Es gibt keine Trennung zwischen Busgruppen und Hausgästen. Im Gegensatz zu unseren drei Schüsseln Salat stehen hier mindestens fünfzehn Schüsseln mit etwa zehn verschiedenen Salatsorten auf dem Büffet.

      Auch