Weiterhin sollten in möglichst vielen Gebäuden nachwachsende Rohstoffe Anwendung finden, da bei Baukonstruktionen aus nachwachsenden Rohstoffen das gebundene CO2 aus der Wachstumsphase im Gebäude gespeichert bleibt. Da viele neue Gebäude während der Nutzungsphase kaum mehr Energie verbrauchen oder zum Teil sogar produzieren, steigt der Anteil der grauen Energie am gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks enorm an. Hier kommt dem Holzbau in Zukunft eine besondere Bedeutung zu, denn in Bezug auf den Carbon Footprint bei der Produktion von Baumaterialien und der Erstellung eines Gebäudes ist er dem Massivbau überlegen. Das gilt allerdings nur, wenn die Lebensdauer des Gebäudes vergleichbar lang ist. Deshalb ist es wichtig, dass die Aspekte des Feuchteschutzes angemessen berücksichtig werden, denn nur langlebige Bauteile speichern das CO2 auch dauerhaft und sparen zudem Reparatur- und Sanierungskosten.
Nicht nur beim Holzbau kommt es also auf eine solide Feuchteschutzplanung und eine fachlich einwandfreie Ausführung an. Dass dies bisher nicht immer berücksichtigt wird, zeigen die nach wie vor hohen Summen, die jedes Jahr für die Sanierung von Bauschäden ausgegeben werden müssen. Das Institut für Bauforschung hat für den Zeitraum von 2002 bis 2016 eine Steigerung der Bauschadensfälle von deutlich über 300 % festgestellt. Auch die Schadenssummen haben sich gesteigert und liegen inzwischen bei jährlich deutlich über 10 Milliarden Euro [1]. In 2015 und 2016 wurden jeweils über 13 Milliarden Euro erreicht, was einem Fehlerkostenanteil von gut 13 % am Gesamtumsatz der Branche entsprach – ein im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen wahrscheinlich einsamer Spitzenwert.
Erfreulicherweise hat sich gerade im Holzbau in Punkto Feuchteschutz während der letzten zwei Jahrzehnte viel getan. Dort hat man früher als in anderen Sektoren erkannt, dass feuchtetolerante Konstruktionen erforderlich sind. Dazu gehört auch, dass man zunehmend auf die zuverlässigste Beurteilungsmethode, die hygrothermische Simulation setzt, selbst wenn das mit einem Mehraufwand verbunden ist. Dies hat der Markt sehr positiv aufgenommen und honoriert die Anstrengungen mit stetig steigenden Wachstumsraten. Dass der Holzbau bei der Energieeffizienz ganz vorne mitspielt, wird niemand bestreiten. Dass er auch beim Feuchteschutz die Nase vorne hat, wird durch diesen Beitrag verdeutlicht.
Nach der Vorstellung und Diskussion der hygrothermischen Beanspruchungen von Gebäudehüllbauteilen und deren Ursachen, werden im Anschluss die für den Holzbau relevanten Auswirkungen der hygrothermischen Beanspruchungen, wie z. B. die Schimmelpilzbildung oder die feuchtebedingte Erhöhung der Transmissionswärmeverluste, erläutert. Der Abschnitt 3 befasst sich ausführlich mit der feuchtetechnischen Bemessung von Holzkonstruktionen auf der Basis der derzeit geltenden Normen und Richtlinien. In den Schlussfolgerungen nehmen die Autoren Stellung zur derzeitigen Situation der Feuchteschutzplanung im Holzbau und versuchen abschließend, einen Ausblick auf wünschenswerte Verbesserungen und Weiterentwicklungen zu geben.
2 Relevante hygrothermische Beanspruchungen und deren Auswirkungen
Vor der Auswahl geeigneter Feuchteschutzmaßnahmen ist eine Analyse der klimatischen Bauteilbeanspruchungen erforderlich. Weicht das Raumklima von den üblichen Verhältnissen in Wohn- oder Bürogebäuden ab, hat das häufig große Auswirkungen auf das Feuchteverhalten einer Konstruktion. Standardlösungen, wie sie in Normen, Verbandsrichtlinien oder Produktbeschreibungen zu finden sind, können hier Probleme bereiten, da sie für solche Belastungen nicht vorgesehen sind. Das gleiche gilt für Außenklimaverhältnisse, die vom bekannten Standardklima abweichen. Während den meisten Planern bewusst ist, dass eine Konstruktion in den Tropen anderen wärme- und feuchtetechnischen Belastungen ausgesetzt ist als in Mitteleuropa, ist die Wahrnehmung klimatischer Unterschiede innerhalb eines Landes oder einer Region häufig zu gering. Besonders verschattete Gebäude oder solche in Hochlagen, deren Oberflächen sich auch im Sommer nicht ausreichend erwärmen, sind besonderen Risiken ausgesetzt.
2.1 Ursachen für hygrothermische Beanspruchungen
Feuchte kann als flüssiges Wasser und als Dampf in Bauteile eindringen, tut dies aber nur, wenn eine treibende Kraft dahintersteht. Im Fall von Regen sind es Schwerkraft und Winddruck sowie die Kapillarkräfte poröser Baustoffe, die dazu führen, dass ankommendes Regenwasser aufgesaugt wird. Die Wasserdampfdiffusion wird durch Partialdruckgefälle angetrieben. Im Fall von luftdurchlässigen Bauteilen – es gibt so gut wie keine Bauteile die absolut luftdicht sind – wird der Wasserdampf auch als Teil einer gesamtdruckgetriebenen Strömung in und durch das Bauteil transportiert. Ausschlaggebend für den Feuchtetransport sind daher die hygrothermischen Bedingungen im Bauteil selbst und in dessen Umgebung. Im nordamerikanischen ASHRAE Handbook of Fundamentals [2] sind die wesentlichen hygrothermischen Randbedingungen und Beanspruchungen zusammengefasst und werden dort eingehend behandelt. Als Region in der der Holzbau dominiert, haben die Nordamerikaner in den letzten Jahrzehnten viele Erfahrungen mit Feuchteschäden gemacht und inzwischen auch entsprechende Schadensvermeidungsstrategien entwickelt. Deshalb lohnt auch für deutsche Holzbauer ein Blick über den Atlantik.
Im Folgenden werden die wesentlichen hygrothermischen Beanspruchungen im Holzbau anhand von Bild 1 aus dem ASHRAE Handbook of Fundamentals erläutert. Da aufsteigende Grundfeuchte im Holzbau einen Sonderfall darstellt, der in der Regel durch konstruktive Maßnahmen zu verhindern ist, wird dieser Fall hier nicht betrachtet. Dafür wird auf das Thema der Anfangsfeuchte eingegangen, das auch im Holzbau eine Rolle spielt. Zwar spricht man im Holzbau im Allgemeinen nicht von der Baufeuchte wie beim Massivbau, trotzdem gibt es Situationen in denen die Angangsfeuchte im Bauteil oder den angrenzenden Bauteilen so hoch sein kann, dass Probleme zu befürchten sind.
Bild 1. Hygrothermische Beanspruchungen der Gebäudehülle am Beispiel einer Außenwand in Anlehnung an [2]
2.1.1 Raumseitige Temperatur- und Feuchtebeanspruchungen
An der Innenoberfläche findet ein Wärme- und Feuchteaustausch mit dem Raum statt. Der Wärmeübergang vom Bauteil in den Raum und umgekehrt (Sommerfall/Winterfall) erfolgt sowohl durch Raumluftkonvektion als auch durch den langwelligen Strahlungsaustausch mit allen Raumumschließungsflächen, auch Zwischenwänden, Decken und Fußböden. Der langwellige Strahlungsaustausch ist in der Regel größer als der Wärmeaustausch durch die Raumluftkonvektion; sein Anteil wird dennoch meist in Form eines gemeinsamen konstanten Übergangskoeffizienten dem Konvektionsansatz zugeschlagen. Dies führt bei einer Strahlungsheizung bzw. -kühlung im Raum zu einer Unterschätzung des Wärmeübergangs; bei gegenüberliegenden Außenbauteilen (z. B. bei einem Gebäude ohne Zwischenwände) jedoch zu einer Überschätzung. Der Feuchteaustausch zwischen der Bauteiloberfläche und dem Raum erfolgt analog zum konvektiven Wärmeübergang (ohne Strahlungsanteil!). Er hängt vom ebenfalls meist konstant angenommenen Feuchteübergangskoeffizienten und von der Dampfdruckdifferenz zwischen der Raumluft und der Oberfläche ab.
Während im Raum häufig eine heizungsbedingte Temperaturschichtung vorhanden ist, kann beim Dampfdruck in der Regel von einer relativ homogenen Verteilung im Raum ausgegangen werden. Für die Analyse des Wärme- und Feuchteaustausches auf der Bauteilinnenseite sind demnach die Raumlufttemperatur und der Dampfdruck die wesentlichen Parameter. Statt des Dampfdrucks wird allerdings meist die relative Luftfeuchte verwendet, da sie leichter messtechnisch