Achtsam durch den Tag. Jan Chozen Bays. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jan Chozen Bays
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783864103612
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in Zusammenhang stehen. Jede Übung ist wie ein Fenster, das uns einen Ausblick auf das gewährt, was ein erwachtes Leben sein könnte. Und schließlich gibt es da noch einige „Schlussworte“, die die Übung zusammenfassen oder Sie dazu inspirieren, die Übungen weiter nachwirken zu lassen.

      Eine mögliche Vorgehensweise wäre, jede Woche damit zu beginnen, dass Sie nur die Beschreibung der Aufgabe und die Gedächtnisstützen lesen. Blättern Sie nicht voraus, um zu sehen, wie es weitergeht! Bringen Sie die Erinnerungssätze oder -bilder an einer Stelle an, an der sie Ihnen während des Tages auffallen, sodass Sie an die Aufgabe erinnert werden. In der Wochenmitte könnten Sie dann den Abschnitt „Entdeckungen“ dieser speziellen Übung lesen, um zu sehen, welche Erfahrungen und Einsichten andere Menschen aus dieser Übung gewonnen haben. Das könnte Ihre Herangehensweise verändern. Am Ende der Woche könnten Sie den Abschnitt der „Vertiefung“ lesen, bevor Sie zu einer neuen Übung übergehen.

      Vielleicht möchten Sie so vorgehen, wie wir es in unserem Kloster tun: Wir beginnen mit der ersten Achtsamkeitsübung und gehen die Übungen dann im Laufe des Jahres eine nach der anderen durch, wobei wir jede Übung eine Woche lang praktizieren. Sie könnten also jeden Montag mit einer neuen Aufgabe beginnen und sie am Sonntag abschließen, indem Sie den letzten Abschnitt lesen oder Ihre Erfahrungen in einem Tagebuch festhalten. Sie können aber auch in dem Buch herumblättern und nach einer speziellen Übung oder einem Thema suchen, das Ihren Lebensumständen in dieser Woche entspricht. Manchmal setzen wir dieselbe Achtsamkeitsübung auch für zwei oder drei Wochen fort, wenn sie uns weiterhin Einsichten beschert oder wir sie einfach besser beherrschen wollen.

      Es macht Spaß, diese Übungen zusammen mit anderen zu praktizieren, wie wir das in unserem Kloster tun. Sie könnten eine Praxisgruppe für Achtsamkeit gründen, die jeweils eine Übung auswählt, die die Mitglieder eine oder zwei Wochen lang praktizieren, um sich beim nächsten Treffen über das auszutauschen, was sie gelernt haben. Bei unseren wöchentlichen Diskussionen gibt es immer viel Gelächter. Es ist wichtig, unser „Versagen“ nicht zu ernst zu nehmen. Jeder hat andere Erfahrungen, Einsichten und komische Geschichten über seine Versuche – und seine Misserfolge – mit diesen Übungen beizusteuern.

      Wir haben vor etwa zwanzig Jahren damit begonnen, jede Woche ein anderes Achtsamkeitswerkzeug zu unserer Übung zu benutzen. Die Idee stammte von einem Mann, der einmal in einer Gemeinschaft gelebt hat, die den Lehren des Mystikers Gurdjieff folgte. Er erklärte, dass es keine Rolle spiele, ob man die Aufgabe mit Erfolg bewältigt oder nicht. Manchmal kann man mehr daraus lernen, dass man die Übung nicht praktiziert, als wenn man sie ausführt, weil man sich dann genau ansehen muss, warum man sie nicht praktiziert hat. Was stand dahinter – Faulheit, alte Abneigungen oder einfach bloßes Abgelenktsein? Worum es geht, ist einfach, allmählich immer bewusster zu leben. Gurdjieff nannte dies „Selbst-Erinnerung“. Im Buddhismus sprechen wir vom Erwachen zu unserem wahren Selbst. Dies bedeutet, zum Leben, wie es wirklich ist, zu erwachen, statt uns in von unserem Geist erzeugten Phantasien zu ergehen.

      Gedächtnisstützen

      Das Schwierigste an unseren wöchentlichen Achtsamkeitsübungen, so fanden wir heraus, war, an ihre Ausführung zu denken. Deshalb haben wir etliche Methoden entwickelt, uns im Laufe der Tage und Wochen daran zu erinnern. Oft hängen wir einen Zettel mit einem Wort oder ein kleines Bild an Plätzen in unserem Kloster auf, wo sie uns wahrscheinlich auffallen werden. Ich habe solche Gedächtnisstützen im Buch beschrieben – aber seien Sie bitte kreativ und erfinden Sie auch Ihre eigenen!

      Notizen über Ihre Achtsamkeits-Praxis

      Damit Sie so viel wie möglich von den Übungen profitieren, empfehle ich Ihnen, in einem Notizbuch festzuhalten, was Sie bei der Praxis der einzelnen Übungen erfahren und gelernt haben. Wenn Sie das Buch mit einer Gruppe durcharbeiten, können Sie Ihre Notizen als Erinnerung an Ihre Entdeckungen und Hindernisse zu den Diskussionssitzungen mitbringen. Das Notizbuch auf dem Schreibtisch oder dem Nachttisch liegen zu haben, hilft zudem, sich daran zu erinnern, die Übung der Woche zu praktizieren.

      Immer weitermachen

      Haben Sie eines der Achtsamkeitswerkzeuge einmal eine Woche lang angewendet, dann werden Sie es, wie wir hoffen, nicht mehr vergessen und es wird zu einem Bestandteil Ihrer sich ständig ausweitenden Fähigkeit zur Achtsamkeit werden. Da wir Menschen sind, fallen wir jedoch oft wieder in alte Verhaltensweisen und Gewohnheitsmuster zurück. Aus diesem Grund wenden wir diese Achtsamkeitsübungen in unserem Kloster seit zwei Jahrzehnten immer wieder an und haben neue Übungen erfunden. Dies ist einer der wundervollsten Aspekte des Pfads der Achtsamkeit und des Erwachens: Er hat kein Ende!

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      Die nichtdominante Hand benutzen

      DIE ÜBUNG: Benutzen Sie jeden Tag die nichtdominante Hand für einige gewöhnliche Verrichtungen, wie zum Beispiel das Zähneputzen oder das Haarekämmen, und essen Sie zumindest einen Teil jeder Mahlzeit mit der nichtdominanten Hand. Wenn Sie sich eine große Herausforderung wünschen, dann versuchen Sie, die nichtdominante Hand zum Schreiben oder zum Essen mit Essstäbchen zu benutzen.

      Gedächtnisstützen

      Eine Art und Weise, sich während des Tages an diese Aufgabe zu erinnern, besteht darin, sich ein Pflaster auf die dominante Hand zu kleben. Wenn es Ihnen auffällt, gehen Sie zur nichtdominanten Hand über und benutzen diese. Sie könnten auch einen kleinen Notizzettel an Ihren Badezimmerspiegel kleben, auf dem „Linke Hand“ steht (wenn Sie Rechtshänder sind). Oder Sie kleben eine aus Papier ausgeschnittene Hand auf Ihren Spiegel, Eisschrank oder Schreibtisch – an einen Platz, wo sie Ihnen auffällt.

      Eine andere Methode wäre, etwas am Griff Ihrer Zahnbürste zu befestigen, das Sie daran erinnert, sich die Zähne mit der nichtdominanten Hand zu putzen.

      Entdeckungen

      Wenn wir auf diese Weise darum ringen, die nichtdominante Hand zu benutzen, kann das unser Mitgefühl für Menschen wecken, die ungeschickt agieren, weil sie vielleicht eine Behinderung haben, verletzt sind oder einen Gehirnschlag erlitten haben. Auf einmal sehen wir, wie viele einfache Bewegungen wir für selbstverständlich halten, die andere Menschen nicht ausführen können. Essstäbchen mit der linken Hand zu benutzen, ist eine ernüchternde Erfahrung. Will man nicht mehr als eine Stunde zum Essen brauchen und den Tisch nicht total bekleckern, muss man dabei sehr aufmerksam sein.

      Vertiefung

      Diese Aufgabe zeigt uns, wie stark und wie unbewusst unsere Gewohnheiten sind und wie schwierig es ist, sie zu ändern, wenn man nicht sehr aufmerksam und entschlossen ist. Außerdem hilft sie uns, den Anfängergeist in sämtliche Aktivitäten – wie etwa das Essen – hineinzutragen, in Tätigkeiten, die wir mehrmals am Tag oft nur mit partieller Aufmerksamkeit ausführen.

      Die nichtdominante Hand zu benutzen zeigt uns auch, wie ungeduldig wir sind. Die Übung kann uns helfen, flexibler zu werden und herauszufinden, dass wir nie zu alt sind, um noch etwas Neues zu lernen. Üben wir oft, die nichtdominante Hand zu benutzen, dann können wir beobachten, wie unsere Geschicklichkeit