Der Nerd und sein Prinz. B.G. Thomas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B.G. Thomas
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958239203
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»Was?« Jemand war in das Haus hinter seinem eingezogen? Aber es hatte doch schon so lange leer gestanden. Mindestens zwei Jahre. Nach Kathy und Melissa, einem lesbischen Paar, mit dem er sich angefreundet hatte, hatte dort niemand mehr gewohnt. Sie hatten ihn mindestens einmal die Woche zum Kartenspielen, Filmeschauen und manchmal auch zum Grasrauchen eingeladen. Na ja, sie hatten geraucht, er nicht. Drogen waren ihm noch nie ganz geheuer gewesen. Er hatte sie zu viele Leute zugrunde richten sehen. Aber er hatte gern ein Bier mit seinen Nachbarinnen getrunken. Oder ein paar mehr.

      Aber dann hatten sie sich recht heftig gestritten und allen Ernstes versucht, sich gegenseitig umzubringen, und die Polizei war gekommen, weil eine von ihnen ins Gefängnis musste (wegen etwas völlig anderem). Die andere war weggezogen, hatte in einem Krankenhaus angefangen, war Medizinische Fachangestellte geworden und hatte einen Mann kennengelernt – einen Chirurgen sogar. Das Letzte, was Jason gehört hatte, war, dass sie geheiratet hatten.

      Es machte ihn traurig, dass es für seine Nachbarinnen kein Happy End gegeben hatte. Die Jahre, in denen sie zusammen gewesen waren, hatten ihn von etwas anderem träumen lassen als von alten Göttern oder der Möglichkeit, ein berühmter Autor zu werden. Ihre Liebe hatte ihm Hoffnung gegeben, dass auch er die Liebe mit einem Mann finden könnte. Ihr schrecklicher Streit und das zerstörerische Ende der Beziehung – das alle Nachbarn in einem Umkreis von mehreren Straßen miterlebt und verurteilt hatten – hatten diese Hoffnung fast gänzlich erstickt.

      Als wäre es verflucht, hatte das Haus seitdem leer gestanden.

      Mrs. Halliburton und ihre zwei Freunde sahen ihn über Teller voller Brötchen mit Soße und großen Tassen Kaffee mit echter Sahne und Rohrzucker hinweg an.

      »Ich – ich hab gar nichts davon gewusst.«

      Wie konnte er nichts davon wissen?

      »Ich habe gehört, dass, wer auch immer es ist, schon eingezogen ist«, sagte Mr. Ainsley, der Witwer von Mrs. Halliburtons bester Freundin, Ella Ainsley. Ein Gerücht besagte, dass Mr. Ainsley Mrs. Halliburton den Hof machte, aber Jason war sich nicht sicher.

      Er blickte Richtung Osten, als könne er durch die fensterlose Wand des Gastraums das kleine Häuschen hinter dem The Briar Patch sehen. Wie um alles in der Welt hatte er nicht mitbekommen können, dass dort jemand eingezogen war? Was gab es hier denn schon für ihn oder sonst jemanden zu sehen? Wurde er nicht gerade deswegen nach dem Haus gefragt? Es war immer eine Neuigkeit, wenn jemand nach Buckman zog, aber wenn jemand heimlich still und leise in ein lange leer stehendes Haus zog? Das war hier eine Sensation.

      Er wandte sich wieder seinen drei Gästen zu. »Ich… ich…« Er wurde rot und vermutete, dass er bestimmt recht dämlich aussah. »Ich habe nichts mitbekommen. Mein Schlafzimmer liegt in dieser Richtung, aber ich habe keine Lichter gesehen.«

      Mrs. Halliburton verdrehte demonstrativ die Augen. Als hielte sie ihn wirklich für dumm. Zumindest sahen ihn Mr. Ainsley und ihre Begleiterin, Ethaline Merton, die locker alt genug war, um die Mutter der anderen beiden zu sein, nur traurig und ohne Verurteilung an. Oder vielmehr: Mrs. Merton blickte in eine Ecke nahe der Zimmerdecke. Die Andeutung eines Lächelns lag auf ihren Lippen, als sähe sie etwas, das sonst niemand sehen konnte. Vielleicht tat sie das auch. Wer wusste das schon?

      »Hey, Jason«, rief jemand hinter ihm. Es war Sheriff Ryan – natürlich inklusive seines Cowboyhuts. »Kann ich noch Kaffee haben?«

      »Sicher, Sheriff. Sehr gerne.« Er wandte sich wieder dem Rentnertrio zu. »Ich halte die Augen offen und lasse Sie wissen, wenn ich etwas herausfinde. Kann ich Ihnen auch noch Kaffee bringen?«

      Sowohl Mrs. Halliburton als auch Mr. Ainsley schüttelten den Kopf. Mrs. Merton murmelte etwas, das nach sehen oder Szene klang, und lächelte glückselig. Jason wusste nicht, was er dazu sagen sollte und holte einfach den Kaffee aus der Küche.

      Er war zu beschäftigt, um lange darüber nachzudenken, wer in das kleine Haus gezogen war.

      Aber er wurde den Gedanken auch nicht los.

      Zum Glück ging das Aufräumen nach dem Mittagessen schnell. Fast alle hatten das Tagesgericht, den Hackbraten mit Käse und selbst gemachtem Kartoffelpüree, oder natürlich eine seiner Quiches gewollt. Bereits während des Kochens hatte er mit dem Abwasch begonnen, also hatte er nicht mehr viel Arbeit mit den Töpfen und Pfannen. Und er hatte eine Spülmaschine, deren Anschaffung sich nur für ihn nie gelohnt hätte, doch im Restaurant war sie ein Geschenk des Himmels. Sein Dad hatte sie ihm günstig bei einer der vielen Versteigerungen im Ort besorgt. Kaum zu glauben, dass so eine kleine Stadt so viel Zeug produzierte.

      Nachdem er zugesperrt hatte, ging er nach oben und nahm in seiner geliebten, altmodischen und ziemlich großen Wanne mit den Löwenfüßen ein langes Bad. Dabei las er den neuesten Liebesroman von Jude Parks. Er fragte sich, warum seine Großtante, die eine überaus zierliche Person gewesen war, so eine große Badewanne eingebaut hatte, doch er liebte sie, obwohl er selbst eher klein war.

      Timothy Jeske, der Highschool-Quarterback, hatte ihm – als niemand in der Nähe gewesen war – gesagt, dass er so schlank war wie Sally, Tims… Freundin? Jason hatte nie herausfinden können, wie Sally und Tim zueinander standen: Mal waren sie zusammen, dann wieder nicht. Er vermutete, dass Ersteres damit zu tun hatte, dass Sally so hübsch und Tim so heiß war und natürlich alle erwarteten, dass sie miteinander ausgingen. Aber wenn es Tim ernst mit ihr gewesen wäre, warum hatte er Jason dann gesagt, dass er so hübsch wie Sally war? Das hatte Jason sowohl erregt als auch beschämt.

      »Hübsch wie ein Mädchen«, hatte Tim immer wieder gesagt und ihn auf eine Weise angesehen, die Jason beinahe zum Schmelzen gebracht hätte. Tim hatte ihn auch entjungfert und sich dabei gar nicht mal so gut angestellt. Er hatte einfach nicht den richtigen Winkel gefunden und nicht verstanden, dass man dort hinten etwas vorsichtiger sein musste als bei der Anatomie, die er gewohnt war. Aber gegen Ende war Tim gerade gut genug geworden, dass Jason gewillt gewesen war, das Ganze zu wiederholen, als Tim erneut an seine Tür – die Eingangstür seines Elternhauses – geklopft hatte.

      Das zweite Mal war deutlich besser gewesen.

      Das galt auch für das fünfzigste Mal. Und die Male danach.

      Aber dann hatte Timmy (so nannte Jason ihn, wenn sie allein waren) ein Stipendium an der University of Alabama bekommen, was ihn in Buckman zu einem Helden machte – ein Junge aus der Kleinstadt, dem der große Wurf gelungen war. Zwei Jahre später, nach einer schlimmen Verletzung, die ihn seine Profikarriere kostete, war er jedoch wieder nach Hause zurückgekommen – mürrisch, wütend, ähnlich wie Mrs. Halliburton, die verbittert war (so sagte man), weil ihr Familienunternehmen Konkurs gemacht hatte.

      Und einmal, in einer der wenigen Bars der Stadt, die Jason in einem seltenen Verlangen nach Bier aufgesucht hatte, hatte Tim Jason vor seinen Freunden eine Schwuchtel genannt. Er trank nicht viel und ein Sixpack hätte im Kühlschrank nur Platz weggenommen, den er fürs Patch brauchte. Deshalb der Besuch in der abgelegenen Bar mit dem (so fand Jason) urkomischen Namen Duck Inn Bottoms. Duck Inn wegen… er hatte keine Ahnung. Und Bottom, weil die Bar sich an dem Ende der Stadt befand, das am tiefsten gelegen war und deswegen über die Jahre hinweg immer mal wieder überschwemmt wurde. Aber man konnte sich zu diesem Namen natürlich allerhand andere lustige Erklärungen ausdenken.

      Alle hatten gelacht.

      Natürlich hatte es wehgetan. Hatte ihn sogar wütend gemacht. Wie konnte der Junge, der sein Erster gewesen war – der ihn hunderte Male geküsst hatte, der ihm gesagt hatte, dass er so viel besser küsste als Sally, der ihn am Fluss unter den Sternen geliebt hatte – ihn eine Schwuchtel nennen?

      Also hatte er Tim, der bei seinen Eltern lebte, während er nach einem Haus suchte, angerufen und ihm gesagt, er solle das nie wieder tun.

      »Und wenn doch?«, kam die gelallte Antwort.

      »Tja, dann erzähle ich vielleicht Sally« – die mit Tim verlobt zu sein schien, jetzt, da er zurück in der Stadt war – »von diesem seltsamen Geräusch, das du machst, kurz bevor du kommst. Du weißt schon…« Er verzog das Gesicht, auch wenn Tim es nicht sehen konnte. »Ah! Ah-oh oh ah oh oh! Ah-oh oh oh oh – ih! Ih! – Ohhhhhh!«

      Am