Das Universum in Rätseln. Cumrun Vafa. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Cumrun Vafa
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Физика
Год издания: 0
isbn: 9783527835959
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wodurch ein Loch mit einer positiven Ladung desselben Betrags wie die Ladung des Elektrons zurückbliebe, das sich wie ein neues Teilchen mit einer Ladung entgegengesetzt zu der des Elektrons verhielte. Dirac versuchte zunächst, dieses neue Problem zu ignorieren, indem er behauptete, das neue Teilchen mit positiver Ladung sei nichts anderes als ein Proton. Andere Physiker wiesen jedoch bald darauf hin, dass das positiv geladene Teilchen nach der Dirac-Gleichung dieselbe Masse wie das Elektron haben müsse, das Proton aber etwa 2000-mal schwerer als das Elektron sei. Schließlich musste Dirac akzeptieren, dass seine Gleichung die Existenz eines positiv geladenen Teilchens mit der Masse eines Elektrons implizierte, das später als Antiteilchen des Elektrons bezeichnet wurde. Da von der Existenz eines solchen Teilchens nichts bekannt war, geriet Diracs Theorie ernsthaft in Zweifel. Selbst Dirac wurde im Hinblick auf diesen Aspekt seiner Gleichung immer schweigsamer. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Carl Anderson bei einer Untersuchung der kosmischen Strahlung in seiner Teilchenkammer experimentelle Beweise für dieses Teilchen entdeckte, das daraufhin als Positron bezeichnet wurde. Tatsächlich hatte das Positron bis auf das Vorzeichen seiner Ladung genau dieselben Eigenschaften wie das Elektron. Wieder führte mathematische Eleganz zur Vorhersage neuer physikalischer Erkenntnisse, die zunächst unglaublich erschienen, sich aber schließlich doch als zutreffend erwiesen.

      Die Quantenmechanik hatte anfangs nur einen begrenzten Anwendungsbereich. Er erforderte eine Neuformulierung, um sie in Einklang mit Maxwells Feldtheorie der elektrischen und magnetischen Kräfte zu bringen. Diese Neuformulierung war das Werk von Richard Feynman und anderen, die sich dabei an dem Ansatz orientierten, den schon Euler und Lagrange bei ihren Neuformulierungen der newtonschen Mechanik verfolgt hatten und dem wir nun ebenfalls folgen wollen.

      In der klassischen Mechanik folgen Teilchen wie beschrieben denjenigen Wegen, für die die Wirkung minimal wird. Die Quantenfeldtheorie präsentiert eine kompliziertere Sichtweise – hier folgt ein Teilchen nicht nur einem einzigen Weg, sondern es nimmt alle denkbaren Wege, wobei jedem dieser Wege eine Phase (eine komplexe Zahl mit dem Betrag eins) zugeordnet ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen von einem beliebigen Anfangspunkt zu einem beliebigen Endpunkt gelangt, ist proportional zur Summe der Phasen aller möglichen Wege. Im Folgenden werden wir dies etwas formeller ausdrücken. (Sie können diesen Abschnitt gerne auch überspringen.)

      Richard Feynmans Neuformulierung der Quantenmechanik mithilfe von Pfadintegralen postuliert, dass ein Teilchen zwischen den Punkten (x1, t1) und (x2, t2) verschiedenen Wegen folgt, die mit einem Exponentialterm mit der Wirkung im Exponenten gewichtet sind,

      Die mathematische Formulierung der Quantenmechanik anhand von Pfadintegralen enthält ein unendlichdimensionales Integral, da der Raum aller möglichen Wege unendlich viele Dimensionen hat. Dennoch lässt sich dies mathematisch prä- zise formulieren. Denselben Pfadintegralansatz wandte Feynman auch auf Maxwells Theorie des Elektromagnetismus an, indem er über alle elektrischen und magnetischen Felder integrierte. Hierzu war eine Integration über den unendlichdimensionalen Raum der Funktionen auf R4 erforderlich, was in seiner mathematischen Komplexität noch weit über die (ebenfalls nicht ganz triviale) Integration über den unendlichdimensionalen Raum der Wege hinausgeht.

      Dies ist ein zentrales Thema der Quantenfeldtheorie, deren mathematische Untermauerung rund 70 Jahre nach ihrer ursprünglichen Formulierung immer noch im Gang ist! Obwohl es immer noch keine mathematisch strenge Formulierung einer Quantenfeldtheorie gibt, haben Physiker eine Reihe von Rechenwerkzeugen (darunter verschiedene Näherungsverfahren) entwickelt, deren Ergebnisse mit fantastischer Genauigkeit mit den verfügbaren Experimenten übereinstimmen.

      Frühe Versuche, die allgemeine Relativitätstheorie aufbauend auf Feynmans Theorie mit der Quantenfeldtheorie zu einer vereinheitlichten Theorie der Quantengravitation zusammenzuführen, die die Gravitation auf der Ebene einzelner Teilchen beschreiben konnte, waren nicht von Erfolg gekrönt. Rechenverfahren, die für die Quantenfeldtheorie entwickelt worden waren, liefern für Wahrscheinlichkeitsamplituden, bei denen Quantenaspekte der Gravitation eine Rolle spielen – wie die Streuung zweier Quanten von Gravitationswellen (zweier ,,Gravitonen“), die aufeinandertreffen – unter bestimmten Umständen unendlich große Zahlen. Das ist ein ernstes Problem, denn eine Wahrscheinlichkeit, die größer als eins werden kann – geschweige denn unendlich groß –, ist als Konzept bedeutungslos.