Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › XI. Beendigung des Mietverhältnisses
1. Zeitablauf
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Mietverhältnisse sind Dauerschuldverhältnisse, die sich grundsätzlich nicht durch beiderseitige Erfüllung von selbst erledigen, sondern eines besonderen Beendigungsgrundes bedürfen. Die wichtigsten Beendigungsgründe sind neben dem jederzeit möglichen Aufhebungsvertrag (§ 311 Abs. 1) die Vereinbarung eines festen Endtermins (u. Rn 75) sowie die Kündigung (§ 542). Im Einzelnen hat man vor allem die ordentliche, grundsätzlich fristgebundene, und die außerordentliche, meistens fristlose Kündigung zu unterscheiden (Rn 76, 81 ff).
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Die Mietvertragsparteien können jederzeit einen Endtermin für das Mietverhältnis vereinbaren. Dann endet der Vertrag zu diesem Termin (§ 542 Abs. 2). Dies gilt grundsätzlich auch für Wohnraummietverträge, vorausgesetzt, dass die Fixierung eines Endtermins in Gestalt einer sogenannten Aufhebungsvereinbarung erst nachträglich, d. h. während des Laufs des Mietvertrages zustande kommt, während eine im Voraus schon bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarte Befristung heute grundsätzlich unzulässig ist, um Umgehungen des Mieterschutzes in Gestalt der Beschränkung der ordentlichen Kündigung auf wenige Kündigungsgründe (§ 573) zu verhindern (Rn 76). Ausnahmen gelten nur noch für sogenannte qualifizierte Zeitmietverträge unter den engen Voraussetzungen der §§ 575 f. Zulässig ist außerdem unter im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen[104] ein zeitlich befristeter Verzicht einer oder beider Parteien auf das ordentliche Kündigungsrecht. Der (wichtige) Unterschied zu den (grundsätzlich unzulässigen) Zeitmietverträgen besteht darin, dass der Mietvertrag nach Ablauf des befristeten Kündigungsverzichts (anders als bei der grundsätzlich unzulässigen Befristung des Vertrages) weiterläuft, sodass er vom Vermieter fortan nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 573 ff ordentlich gekündigt werden kann[105].
2. Ordentliche Kündigung
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Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so bedarf es einer Kündigung, um es zu beenden (§ 542 Abs. 1). Die wichtigste Kündigungsform ist die ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist (§§ 573, 580a). Diese Kündigung ist grundsätzlich an keine besonderen Gründe gebunden. Eine wichtige Ausnahme besteht indessen für Wohnraummietverhältnisse, bei denen die ordentliche Kündigung des Vermieters in aller Regel zusätzlich voraussetzt, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat (§ 573 Abs. 1 und Abs. 2, Rn 78 f). Die Kündigungsfristen richten sich in diesen Fällen nach § 573c. Bestimmte Mietverhältnisse sind jedoch in unterschiedlichem Ausmaß von dem Mieterschutz aufgrund des § 573 ausgenommen (s. im Einzelnen §§ 549 Abs. 2, 573a).
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Einer auf § 573 gestützten ordentlichen Kündigung des Vermieters kann der Mieter immer noch aufgrund der sogenannten Sozialklausel des § 574 widersprechen, wenn die Kündigung für ihn oder seine Angehörigen eine übermäßige Härte bedeutete (wegen der Einzelheiten s. die §§ 574a bis 574c.). Damit der Mieter die Einhaltung dieser Schutzvorschriften kontrollieren kann, muss die ordentliche Kündigung außerdem schriftlich erfolgen, begründet werden und einen Hinweis auf die §§ 574 bis 574b enthalten (§§ 568, 573 Abs. 3).
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Voraussetzung der ordentlichen Kündigung des Vermieters ist, dass er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 573 Abs. 1 S. 1), wozu erforderlich ist, dass er vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den Wunsch zur Inanspruchnahme der Wohnung anzuführen vermag, die in ihrem Gewicht mit den Regelbeispielen des § 573 Abs. 2 gleichwertig sind.[106] Ob dies der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen feststellen.[107] Das gilt auch, wenn der Vermieter der Wohnung für freiberufliche oder sonstige betriebliche Zwecke bedarf (so genannte Berufs- oder Betriebsbedarf)[108]. Um diese im Einzelfall sehr schwierige Prüfung zu vereinfachen, finden sich jedoch drei Beispielsfälle eines berechtigten Interesses in § 573 Abs. 2. In diesen Fällen ist stets ohne weiteres von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses des Vermieters im Sinne des § 573 Abs. 1 auszugehen.[109]
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Der wichtigste ordentliche Kündigungsgrund des Vermieters ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr 2 der sogenannte Eigenbedarf. Eine Kündigung ist nach dieser Vorschrift möglich, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, für seine Familienangehörigen, z. B. für seine Geschwister[110], oder für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen benötigt. Daraus wird überwiegend der Schluss gezogen, dass insbesondere der Wunsch des Eigentümers, sein Haus selbst zu nutzen, bei der Auslegung des § 573 Abs. 2 Nr 2 grundsätzlich respektiert werden muss, sofern der Vermieter für seinen Wunsch vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen kann[111]. Hinzu kommen muss lediglich, dass es sich um möglichst aktuelle, d. h. konkret vorliegende Gründe handelt; unzulässig ist dagegen eine so genannte Vorratskündigung aufgrund eines noch unbestimmten, bloß zukünftigen Wohnbedarfs.[112] Kündigt der Vermieter dagegen ohne solche Gründe, so stellt die Kündigung eine Pflichtverletzung iS des § 280 Abs. 1 dar, die den Vermieter zum Ersatz aller etwaigen Schäden des Mieters insbesondere infolge eines Wohnungswechsels aufgrund der unberechtigten Kündigung verpflichtet[113]. Die Pflichtverletzung wird vermutet, wenn der Vermieter die Wohnung nach Auszug des Mieters gar nicht selbst nutzt, sondern wieder anderweitig vermietet.[114]
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Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, das eine ordentliche Kündigung des Vermieters gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 zu rechtfertigen vermag, ist nach Abs. 2 Nr 1 der Vorschrift ferner anzunehmen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Darunter fallen im Grunde sämtliche Fälle, die gegebenenfalls auch eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr 2 und 3 sowie nach § 569 Abs. 3 zu rechtfertigen vermögen, so dass in der Praxis die Kündigung in derartigen Fällen vielfach auf alle genannten Vorschriften gleichzeitig gestützt wird. Der Vermieter kann daher insbesondere im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters nicht nur nach § 543 Abs. 2 Nr 3, sondern unabhängig davon auch nach § 573 Abs. 2 Nr 1 kündigen. vorausgesetzt, dass der Zahlungsrückstand eine Monatsmiete übersteigt und seit mindestens einem Monat besteht.[115] Das ist deshalb so wichtig, weil in diesem Fall, jedenfalls nach Meinung des BGH[116], kein Raum für die Anwendung der Mieterschutzvorschrift des § 569 Abs. 3 Nr 2 und Nr 3 ist (s. Rn 83).
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