|10|Die eschatologische Aussage des Credos »Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben« erörtern Christina Hoegen-Rohls und Henning Theißen. Nach einer informativen Problematisierung begrifflicher Aspekte, die sich aus den sprachlichen Veränderungen des Credos in seiner neueren Fassung ergeben, erschließt und interpretiert Christina Hoegen-Rohls auf profunde Weise die komplexen neutestamentlichen Befunde zum Thema »Tod« sowie zu den Topoi »Auferstehung des Fleisches« und »ewiges Leben«. Ihr geht es dabei insbesondere um eine Problematisierung und Differenzierung der Vorstellung vom Tod als Transitus aus biblischer Perspektive sowie um die Frage, wie sich die Aussage von der Auferstehung und ewigem Leben im Kontext des dritten Artikels verankern lassen. Besonderes Gewicht liegt dabei auf der johanneischen Vorstellung vom »ewigen Leben«. Aus dogmatischer Sicht legt Henning Theißen dar, »(w)as die christliche Gemeinde vom Tode bekennt«. Theißen nimmt einen Faden des exegetischen Beitrags auf und geht von der provozierenden These aus, dass der Tod kein Transitus sei. »Wäre er es, so wäre […] die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten vergeblich« (523f.). Vielmehr sei in Bezug auf den Tod systematisch einzuholen, dass dieser nach 1 Kor 15,26 als »letzter Feind« und damit als »Siegel unserer Endlichkeit« (523) verstanden werde. Theißen versteht es, in einer geradezu spannend zu lesenden Darstellung biblische Befunde mit dem dogmatisch notwendig zu Denkenden so zu verbinden, dass nicht nur ein plausibles Verstehen der eschatologischen Aussagen des Credos möglich wird, sondern auch die existentielle Einsicht, dass es tatsächlich Hoffnung geben kann.
Eine grundlegende systematisch-theologische Reflexion von Michael Beintker unter dem Thema »Was wir glauben sollen. Von der Zeitgemäßheit alter Bekenntnisse« schließt die thematischen Beiträge des Bandes ab. Angesichts der Erfahrung, dass Bekenntnistraditionen in der Praxis des Glaubens eine durchaus ambivalente Rolle spielen, bietet Beintker damit eine wichtige Richtungsweisung für den Umgang mit Bekenntnissen. Zugespitzt und mit einem Augenzwinkern formuliert er: »In den christlichen Kirchen glauben wenige viel und viele wenig« (553). Doch das »Was« des Glaubens stehe stets unter der Maßgabe, »Wem« geglaubt werden könne im Sinne eines Vertrauensaktes, der »das Zentrum und die tragende Achse des Glaubens« sei (555). Von hier aus erschließe sich konsequent die Bedeutung der expliziten Glaubenssätze des Bekenntnisses. Zugleich macht Beintker deutlich, wie sehr Glaube und Theologie in unserer Zeit |11|herausgefordert sind, die alten und allzu dichten Formulierungen mit dem anzureichern, was als theologisch in einer konkret zeitbezogen Weise geboten ist und zugleich als Bekenntnisinhalt intersubjektiv – im Sinne der communio sanctorum – diskutabel bleiben muss. Dies gilt auch und gerade im Hinblick auf »bestimmte Unverträglichkeiten mit den Aussagen des Glaubensbekenntnisses, vor denen man nicht einfach die Augen verschließen darf« (563).
Am Schluss des Bandes nehmen Anne Käfer und Jörg Frey diese von Beintker aufgeworfene Problematik in der Sache auf und blicken aus der Perspektive der Herausgeber noch einmal zurück auf das Gesamtprojekt. Mit einem exemplarischen und sehr anschaulichen Bezug auf eine recht komplexe Bekenntnissituation im Schweizer Kontext thematisiert Jörg Frey die Schwierigkeiten, mit denen sich Menschen heute im konkreten Umgang mit dem Bekenntnis konfrontiert sehen. Er stellt dabei die Verantwortung der Kirchen und ihrer ordinierten Theologinnen und Theologen heraus, mit »hermeneutischem Sachverstand« dazu beizutragen, dass das Bekenntnis in seiner für den Glauben integrativen Funktion vor dem Hintergrund gegenwärtiger Wirklichkeitserfahrung und -deutung verstehbar werde und darin die Freiheit des Evangeliums zur Geltung komme. Anne Käfer unterlegt diesen »Nutzen des Apostolikums« für das Glaubensleben mit systematischen Überlegungen unter der Perspektive des Taufgeschehens als einer Sünde und Tod überwindenden Wirklichkeit, die das Leben der Glaubenden nachhaltig bestimmen soll. Daher ist das Apostolikum gerade als Taufbekenntnis[3] auf die Verkündigung des Evangeliums als interpretierendes Geschehen angewiesen und kann – eingebunden in dieses Interpretationsgeschehen – zu einer Lektüre biblischer Texte anleiten, »die das Evangelium nicht mit lebensbeschränkenden Forderungen verwechselt, sondern als befreiend erlebt« (578).
Auch wenn in den beiden Konferenzen nicht alle denkbaren Aspekte behandelt werden konnten, so liegt nun mit den beiden »Credo-Bänden« eine durchaus ambitionierte, facettenreiche und vor allem konsequent interdisziplinäre Gesamtdeutung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses vor, das wohl schon aufgrund seines verbreiteten Gebrauchs das bekannteste und wichtigste Bekenntnis der Kirche sein dürfte. Die beiden Bände bringen sehr unterschiedliche Perspektiven auf die einzelnen Topoi miteinander in ein mitunter |12|recht kontroverses Gespräch und ermöglichen hoffentlich in einer breiten Rezeption eine neue Weise der Annäherung an alte Inhalte. Das gilt auch und wohl vor allem für diejenigen, die als Studierende der Theologie auf ihrem Weg ins Pfarramt auf die Bekenntnisse der Kirche ordiniert oder als Religionslehrerinnen und Religionslehrer mit der Vocatio durch die Landeskirchen doch zumindest auf diese Bekenntnisse vor ihrem Gewissen verpflichtet werden. Wer, wenn nicht sie, müsste sprachfähig werden, um darüber in den jeweiligen Berufsfeldern zeitgemäß Auskunft geben zu können! Und zwar so, dass Menschen in den Bekenntnissen nicht (nur) verstaubte Inhalte sehen, die man eben irgendwie glauben müsse, um Christ oder Christin sein zu können. Vielmehr geht es darum zu entdecken, welchen weiten Raum des Glaubens und des theologischen Denkens Bekenntnisse eröffnen, welche Möglichkeiten und Ermutigungen, den je eigenen Glauben zu formulieren und bewusst mit dem »Glauben der Alten« in einen kritischen und innovativen Dialog zu bringen. Die von Anne Käfer und Jörg Frey formulierten und jedem thematischen Teil vorangestellten Leittexte sowie die sich an die Themenbeiträge anschließenden Fragen zu weiterführender theologischer Arbeit sollen insbesondere Studierenden der Theologie Anregungen geben, den Weg eigener Entdeckungen mit dem Bekenntnis zu beschreiten.
Schließen möchte ich mit einer persönlichen Bemerkung. Als ich selbst mich vor mehr als dreißig Jahren auf das erste theologische Examen vorbereitete, ist mir ein Satz aus einer Vorlesung zu den lutherischen Bekenntnisschriften besonders in Erinnerung geblieben, dessen Bedeutung mir zwar zunächst verschlossen blieb, der aber für mein theologisches Arbeiten wie für meine Glaubensweise dann zunehmend wichtig geworden ist: Bekenntnisse seien dazu da, sich selbst überflüssig zu machen.[4] In jemandem, der »Theologie |13|durchaus studiert, mit heißem Bemühn«[5], regt sich natürlich sofort der Widerspruch: Bekenntnisse sind doch schließlich die Grundlage des Glaubens und der Kirche, auf die man ordiniert wird und damit eine bleibende Verbindlichkeit erlangen. Warum um alles in der Welt sollten sie sich selbst überflüssig machen? Vielleicht helfen ja die Beiträge der beiden »Credo-Bände«, gerade diese Dimension des Bekenntnisses zu entdecken und sie als Herausforderung anzunehmen. In seinem Beitrag zu diesem Band spricht Michael Beintker etwas ganz Ähnliches an, wenn er im Hinblick auf Theologinnen und Theologen von der lebenslangen Aufgabe des Glaubens spricht, nämlich zu lernen, was es mit dem Bekenntnis und den darin formulierten Verheißungen auf sich hat: »Die Beschäftigung mit dem Glaubensbekenntnis ist nicht das Privileg von Theologinnen und Theologen, aber gerade Theologinnen und Theologen sollten sich auf diesen lebenslangen Lernprozess einstellen. Weil sie durch ihr Studium und ihre Profession über gewisse Erkenntnisvorsprünge verfügen und ihnen beachtliche Theoriestrategien zur Verfügung stehen, können sie schneller übersehen, dass auch sie Lernende bleiben und mit dem Entdecken und Verstehenwollen