93 K.BERGER, Formgeschichte des Neuen Testaments, Heidelberg 1984, 345.
94 R.BRUCKER, ‚Christushymnus‘ oder ‚epideiktische Passagen‘?, 319f.330f.
95 N.WALTER, Der Philipperbrief, NTD 8/2, Göttingen 1998, 56–62.
96 Vgl. dazu S.VOLLENWEIDER, Der ‚Raub‘ der Gottgleichheit: Ein religionsgeschichtlicher Vorschlag zu Phil 2,6(-11), in: DERS., Horizonte neutestamentlicher Christologie, WUNT 144, Tübingen 2002, 263–284; DERS., Die Metamorphose des Gottessohnes, a.a.O., 285–306.
97 Zur paulinischen Interpretation des Hymnus Phil 2,6–11 s.u. 6.2.1.
98 Vgl. G.BORNKAMM, Zum Verständnis des Christus-Hymnus Phil 2,6–11, in: ders., Studien zu Antike und Urchristentum, BEvTh 28, München 1970, (177–187) 183.
99 Vgl. hierzu den Nachweis bei E.LOHSE, Die Briefe an die Kolosser und an Philemon, KEK IX/2, Göttingen 21977, 85–103.
100 Zum Nachweis des vorpaulinischen Charakters und zur Bestimmung der zahlreichen religionsgeschichtlichen Bezüge vgl. W.SCHRAGE, Der erste Brief an die Korinther, EKK VII/2, Neukirchen 1995, 216–225; ferner D.ZELLER, Der eine Gott und der eine Herr Jesus Christus, in: Th. Söding (Hg.), Der lebendige Gott (FS W.Thüsing), NTA 31, Münster 1996, 34–49.
101 Treffend W.THÜSING, Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus III, 371: „Trotz der unvorstellbar engen Einheit mit sich selbst, in die Gott den gekreuzigten Jesus durch seine Auferweckungstat hineingestellt hat, bleiben die spezifischen Relationen erhalten; mehr noch: Erst durch diese Relationen wird die Einheit grundlegend strukturiert und dadurch wiederum konstituiert. Nur ein Mittler, der in Einheit mit Gott lebt, kann ‚Mittler zur Gottunmittelbarkeit‘ sein.“
102 Einen kritischen Forschungsüberblick mit umfassender Literaturverarbeitung bietet F.NEIRYNCK, Paul and the Sayings of Jesus, in: ders., Evangelica II, BETL 99, Leuven 1991, 511–568.
103 Vgl. zur Analyse U.SCHNELLE, Gerechtigkeit und Christusgegenwart, GTA 24, Göttingen 21986, 33–88.175–215.
104 Vgl. hierzu G.STRECKER, Literaturgeschichte des Neuen Testaments (s.o. 4), 95–111; W.POPKES, Paränese und Neues Testament, SBS 168, Stuttgart 1996.
5.Die zweite Transformation: Frühe beschneidungsfreie Mission
M.HENGEL, Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, Stuttgart 1973; W.SCHNEEMELCHER, Das Urchristentum, Stuttgart 1981; K.M. FISCHER, Das Urchristentum, KGE I/1, Berlin 1985; J.BECKER (Hg.), Die Anfänge des Christentums. Alte Welt und neue Hoffnung, Stuttgart 1987; DERS., Das Urchristentum als gegliederte Epoche, SBS 155, Stuttgart 1993; U.LUZ, Unterwegs zur Einheit: Gemeinschaft der Kirche im neuen Testament, in: Chr.Link/U.Luz/L.Vischer, Sie aber hielten fest an der Gemeinschaft …, Zürich 1988, 43–183; L.SCHENKE, Die Urgemeinde. Geschichtliche und theologische Entwicklung, Stuttgart 1990; F.VOUGA, Geschichte des frühen Christentums, UTB 1733, Tübingen 1994; R.RIESNER, Die Frühzeit des Apostels Paulus, WUNT 71, Tübingen 1994; E.STEGEMANN/W.STEGEMANN, Urchristliche Sozialgeschichte. Die Anfänge im Judentum und die Christusgemeinden in der mediterranen Welt, Stuttgart 1995; M.HENGEL/A.M. SCHWEMER, Paulus zwischen Damaskus und Antiochien, WUNT 108, Tübingen 1998; M.HENGEL/C.K. BARRETT, Conflicts and Challenges in Early Christianity, Harrisburg PA 1999; W.KRAUS, Zwischen Jerusalem und Antiochia, SBS 179, Stuttgart 1999; P.BARNETT, Jesus and the Rise of Early Christianity, Downers Grove Il 1999; G.LÜDEMANN, Das Urchristentum, ThR 65 (2000), 121–179.285–349; D.ZELLER, Die Entstehung des Christentums, in: ders., (Hg.), Christentum I, Stuttgart 2002, 15–222; E.J. SCHNABEL, Urchristliche Mission, Gießen 2002; A.J.M. WEDDERBURN, A History of the First Christians, London/New York 2004; D.-A. KOCH, Geschichte des Urchristentums, Göttingen 22014; U. SCHNELLE, Die ersten 100 Jahre des Christentums, Göttingen 22016.
Das Evangelium vom gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus wurde zunächst in und um Jerusalem herum verkündigt und war eine Variante jüdischer Identität neben anderen. Dies änderte sich mit Konflikten in der Urgemeinde, die zu einer eigenständigen Mission führender griechischsprachiger Angehöriger der Urgemeinde außerhalb von Jerusalem führte.
Lukas schildert die Anfangszeit der Urgemeinde als Epoche der Einheit im Gebet, in der Eucharistie, in der Lehre, im Leben und im Handeln (vgl. nur Apg 2,34.44). Auch die Darstellungen der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Urgemeinde stehen unter dem Motiv der Einheit, wie die Summarien Apg 2,42–46; 4,32–35 nachdrücklich zeigen1. Das anfängliche Bild der Einheit erhält in Apg 6,1–6 Risse2, wo Lukas völlig unvermittelt zwei Leitungsgremien erwähnt: den Zwölfer- und Siebenerkreis. Beim Zwölferkreis handelt es sich wahrscheinlich um eine von Jesus selbst eingesetzte Gruppe, die symbolisch die Gesamtheit der Zwölf Stämme Israels repräsentiert (s.o. 3.8.3). Auch der Siebenerkreis war im frühen Christentum ein fester Begriff, da Philippus in Apg 21,8 „einer von den Sieben“ genannt wird3. Die Bildung des Siebenerkreises verbindet Lukas mit einem Konflikt innerhalb der Jerusalemer Gemeinde: Die Witwen der Hellenisten fühlten sich beim innergemeindlichen Bedarfsausgleich übersehen bzw. benachteiligt, was zu einem Konflikt zwischen den ‚Hellenisten‘ und ‚Hebräern‘ führte. Die Begriffe Ἑβραῖοι („Hebräer“) und Ἑλληνισταί („Hellenisten/Griechen“) weisen darauf hin, dass der Konflikt vor allem sprachliche und kulturelle Ursachen hatte. Die Ἑβραῖοι sind aramäisch sprechende, die Ἑλληνισταί hingegen aus der Diaspora stammende griechisch sprechende jüdische Jesusanhänger4. Wahrscheinlich führten die sprachlichen Unterschiede zur Ausbildung jeweils eigenständiger Gottesdienste und die liturgisch-kultische Trennung zog dann auch eine Trennung in der Diakonie nach sich, wie sie Apg 6,1ff schildert. Auffallend ist, dass der Siebenerkreis ausschließlich aus Männern mit griechischen Namen besteht, seine diakonische Aufgabe überhaupt nicht ausübt und Stephanus als herausragende Gestalt dieser Gruppe alles andere als ein Versorgungsorganisator ist. Er wird in Apg 6,8–15 als Pneumatiker und Charismatiker, vornehmlich aber als Exponent einer gesetzes- und tempelkritischen Richtung innerhalb der Urgemeinde dargestellt (vgl. Apg 6,13f). Wahrscheinlich wurde die erfolgreiche Missionstätigkeit des Stephanus innerhalb der hellenistischen Synagogen Jerusalems und vor allem seine Kritik am bestehenden Tempelkult als Provokation empfunden, die in einem Akt der Lynchjustiz mit der Steinigung des Stephanus endete (vgl. Apg 7,54–60)5. Bei dem Konflikt zwischen Hebräern und Hellenisten spielten offensichtlich auch unterschiedliche theologische Konzepte eine Rolle, die sich wiederum aus der Herkunft beider Gruppen erklären. Die griechischsprachigen Diasporajuden fühlten sich dem Tempel und einer strengen Toraauslegung nicht so verpflichtet wie die aramäisch sprechenden Mitglieder der Urgemeinde. Dies könnte erklären, warum nach der Steinigung des Stephanus nur die hellenistischen jüdischen Jesusanhänger, nicht aber die Apostel verfolgt wurden (vgl. Apg 8,1–3). Man wird vermuten dürfen, dass die Hellenisten besonders in Samaria sowie in den hellenisierten Städten Galiläas, des syrisch-palästinischen Grenzlandes und der Küste missionierten (vgl. Apg 8,4–40). Auch nach Damaskus kamen die Hellenisten, wo der bekehrte Paulus in eine Gemeinde aufgenommen wurde (vgl. Apg 9,10ff). Wahrscheinlich wirkten die Hellenisten auch in Alexandria, denn der alexandrinische Missionar Apollos trat zu Beginn der 50er Jahre in Korinth auf (vgl. 1Kor 3,4ff; Apg 18,24–28); möglicherweise wurde sogar die Gemeinde in Rom von Hellenisten gegründet.
Die Hellenisten entwickelten theologische und christologische Ansätze und Vorstellungen, die das sich formierende Christentum für eine Mission auch unter Menschen griechisch-römischer Religiosität öffneten. Sie waren wahrscheinlich die ersten, die spontane Gaben des Heiligen Geistes auch an Nichtjuden (vgl. Apg 2,9–11; 8,17.39; 10) theologisch bedachten. Schon früh wurden Jesusüberlieferungen von ihnen ins Griechische übertragen und damit die Jesusbotschaft für die griechischsprachige Welt geöffnet. Dabei