Problematisierungsraster
In die Darstellungsform des folgenden Planungsschemas werden die Grundannahmen bzw. die benannten sieben Fragedimensionen Klafkis übernommen. Einige Aspekte der didaktischen Analyse nach Klafki werden bereits in der Auseinandersetzung mit dem Inhalt und den Lernvoraussetzungen deutlich. Die Fragen Klafkis nach der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung werden im Rahmen unserer Planung an zwei Stellen thematisiert, sowohl zur begründeten Eingrenzung der Lerninhalte als auch zur Spezifikation der Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Ziel unseres Rasters ist es, Bausteine vorzustellen, die in einer Unterrichtsplanung notwendig sind. Die Abfolge in der Bearbeitung oder Darstellung dieser Bausteine kann variieren. Für die schriftliche Unterrichtsplanung sind unterschiedliche Schrittfolgen denkbar.
Ausgangspunkt unseres Planungsvorgehens stellt die Wechselwirkung zwischen der Auswahl und Eingrenzung des Bildungsinhaltes mit dem Wissen um die Lernerfahrungen und Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler dar. Zwar findet die Bedingungsanalyse auch bei Klafki Berücksichtigung. Sie steht jedoch dort im Bezug zur gesamten Lerngruppe. Bezüglich der Heterogenität der Lerngruppe – im Kontext von Behinderung – halten wir es für unerlässlich, die individuellen Lernvoraussetzungen detailliert zu beobachten und jeweils aktuell den Blick darauf zu richten. Konsequent werden dann daraus individualisierte Lernchancen zum gemeinsamen oder unterschiedlichen Lerngegenstand hergeleitet und formuliert, die in einem begründeten methodischen Vorgehen münden. Abbildung 2 fasst die wesentlichen Elemente einer Unterrichtsplanung zusammen.
Abb. 2: Elemente einer Unterrichtsplanung (Planungsraster)
Theoretische Grundlagen und Ausgangspunkte
Als Ausgangspunkt der Planung und Gestaltung von Unterricht gilt es, die Sichtweise auf Behinderung zu reflektieren, da diese in besonderem Maße die Haltung einer Lehrperson prägt (→ Kap. 2). Die „International Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF) zeigt auf, inwiefern in Unterrichtssituationen Barrieren der Aktivität und der Partizipation in den Fokus genommen und abgebaut werden können.
Verschiedene Lernorte
Dem Förderbedarf in der geistigen Entwicklung kann an verschiedenen Lernorten (allgemeine Schule (Einzelintegration, Integrationsklasse, Kooperationsklasse), Sonderschule) entsprochen werden. Die unterrichtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich jedoch und müssen daher bei der Planung beachtet werden. Sowohl Strömungen der allgemeinen Didaktik als auch spezielles sonderpädagogisches Wissen und Leitlinien der Bildung und Erziehung müssen in die Unterrichtsplanung einfließen.
Die grundlegenden Ziele des Unterrichts werden durch das jeweilige Verständnis der Lehrperson von Bildung und Lernen bestimmt. In der Theorie lassen sich dazu verschiedene Bezugspunkte finden, die jeweils unterschiedliche Vorstellungen für das Vorgehen bei der Planung und Durchführung von Unterricht mit sich bringen. Diese gilt es bewusst auszuwählen und begründet anzuwenden.
Bildungsinhalt
Unterrichtsplanung kann mit der begründeten Auswahl des Inhaltes, der in Bezug zum Bildungsplan bzw. in integrativen / kooperativen Gruppen zu den verschiedenen Curricula stehen sollte und in einem bestimmten Unterrichtsfach angesiedelt ist (→ Kap. 3), beginnen. Auch die Beachtung einer mittelfristigen Unterrichtsplanung bzw. eines Stoffverteilungsplanes ist hierbei relevant.
Sachinhalt
Über diesen Sachinhalt muss zuerst ein grober thematischer Überblick erarbeitet werden, sodass der Inhalt anschließend sinnvoll eingegrenzt und angeboten werden kann. Bei der Auswahl des Bildungsinhaltes steht der Curriculumsbezug an erster Stelle: Welcher Bildungsinhalt aus dem Curriculum steht im Hinblick auf die Lerngruppe im Mittelpunkt der Stunde? Bei der Auswahl und der Eingrenzung des Themas ist sowohl entscheidend, welches kulturell und anthropologisch bedeutsame Wissen zur Aneignung angeboten wird als auch die Frage, welcher individuelle Kompetenzerwerb damit verbunden werden kann. Ebenso kann ein individueller Förderbedarf, der sich aus der Einschätzung und Beschreibung der Lernvoraussetzungen ergibt, zum Inhalt des Bildungsprozesses werden. Materiale und formale Bildungsinhalte haben gleichermaßen Bedeutung.
Sachanalyse
Es folgt die fachwissenschaftliche Sachanalyse, in der die Kerngedanken und Grundstrukturen des Bildungsinhaltes herausgearbeitet werden. Zudem werden die erarbeiteten inhaltlichen Teilaspekte gewichtet: Gibt es Aspekte, deren Verständnis erst den Zugang zu weiteren Teilaspekten ermöglicht? Auch hier ist die Erarbeitung des Bildungsinhalts nicht ohne Blick auf die Lerngruppe sinnvoll unterrichtsbezogen zu leisten. Die fachwissenschaftliche Sachanalyse dient der Information der Lehrperson, um den Schülerinnen und Schülern den Inhalt fundiert anbieten zu können. Der Inhalt wird in seiner Breite und Tiefe angeschaut, um zu erkennen, welche Teilaspekte für die Schülerinnen und Schüler relevant sind und welche Präsentationsmöglichkeiten (→ Kap. 4.5) diese anbieten. Hierzu wird im Kontext der Elementarisierung der Inhalt auf seine Struktur hin geprüft, die Teilelemente und ihre notwendige Reihenfolge werden erkannt, und dadurch eine Auswahl im Hinblick auf die Schülervoraussetzungen getroffen.
Lernvoraussetzungen
individuelle Erfahrungen
Gleichbedeutend zur Auseinandersetzung mit dem Bildungsinhalt stellt sich die Frage, welche Lernvoraussetzungen (→ Kap. 4) sich nach eingehender Beobachtung der Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Kognition, Emotion, Kommunikation, Sozialität und Motorik zeigen:
● Welche Bedeutung hat der Bildungsinhalt in der aktuellen und zukünftigen Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler (Gegenwarts- und Zukunftsbezug)?
● Über welche Erfahrungen und Vorkenntnisse im Hinblick auf den Bildungsinhalt verfügen sie (Vergangenheitsbezug)?
● Welche Arbeitsmethoden und Sozialformen sind ihnen bekannt und für den Einsatz in der gesamten Lerngruppe sinnvoll?
● Welcher Unterstützungsbedarf liegt aufgrund der individuellen Handlungskompetenz bei ihnen vor (medial und personell)?
● Inwiefern ergeben sich aus den individuellen Entwicklungsvoraussetzungen Förderaspekte, die für einzelne zum Bildungsinhalt werden sollten?
● Welche Aneignungsmöglichkeiten nutzen sie vorwiegend?
Lernchancen
individuelle Aneignung
Unter dem Begriff Lernchancen (→ Kap. 5.1.4) versammelt sich die Auswahl einzelner Grundaussagen oder Teilaspekte des Bildungsinhaltes für einzelne Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund ihrer je individuellen Lernerfahrungen und Aneignungsmöglichkeiten. Der Entscheidungsprozess wer lernt was? stellt eine Schlüsselposition in der Unterrichtsplanung dar. Die Lehrperson steht damit vor der Herausforderung, folgende Fragen zu berücksichtigen:
● Welche Lernchancen sollen im Rahmen der Unterrichtsreihe der gesamten Lerngruppe eröffnet werden?
● Welche differenzierten Lernchancen sollen im Rahmen der Unterrichtsstunde den einzelnen Schülerinnen und Schülern eröffnet werden?
Dabei gilt es, bezogen auf einzelne Entwicklungsbereiche, Schwerpunkte zu setzen.
Methodische