»Und du bist nach der ersten heftigen Nummer nicht skeptisch geworden?«, mischte Steffen sich wieder dazwischen.
»Nein. Es war vorher nie so heftig.«
»Die Wunden an deinen Fußsohlen sind nicht alle so frisch wie die an deinem Rücken.«
Das hatte Kai erkannt? Mist. Nach außen hin behielt ich meine Maske auf.
»Die sind vom gleichen Tag«, behauptete ich.
Jetzt donnerte Kai mit der Faust auf den Tisch, sodass ich tatsächlich zusammenzuckte. Steffen hatte wohl Erfahrung mit Kais Art, denn er hatte sich keinen Millimeter gerührt.
»Ich bin Polizist, verkauf mich nicht für blöd, Renko«, warnte er gefährlich leise.
»Ich verkauf dich nicht für blöd. Im Übrigen bin ich das auch. Polizist.«
»Deswegen ist das hier ja gerade so spannend. Mal sehen, wer den längeren Atem hat«, erwiderte Kai trocken. »Die Wunden an deinen Füßen waren älter als die an deinem Oberkörper.«
»Das mag wohl daran liegen, dass ich auf den Füßen laufe. Sie sind stärker belastet.«
»Aber wie kommt es, dass die weniger schlimmen Stellen an deinen Füßen bereits verheilt waren und am Oberkörper hingegen nicht?«
»Was weiß ich? Vielleicht heilt die Haut an den Füßen besser.«
»Vielleicht, vielleicht«, wiederholte Kai, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Merkst du eigentlich, wie du dich gerade um Kopf und Kragen redest?«
Noch ehe ich darauf etwas Schlagfertiges sagen konnte, sprach Steffen.
»Olaf Häuser.«
Mehr sagte er nicht, aber das brauchte er auch nicht. Meine Maske verschwand nur für eine Sekunde, aber das genügte den beiden. Sie waren nun mal Polizisten und im Verhören genauso gut geschult wie ich. Und ja, ich musste mir eingestehen, dass ich auf der Seite desjenigen, der verhört wurde, nicht das beste Bild abgab. Auf der Seite des Polizisten hatte ich definitiv mehr Übung.
»Jep, du hast recht«, stimmte Kai in Steffens Vermutung mit ein. »Also wohl doch nicht online.«
»Der war von Beginn an mein Verdächtiger, seit ich die Wunden gesehen habe.«
Überrascht sah ich Steffen ins Gesicht. Er erwiderte meinen Blick.
»Du fragst dich, warum? Nun, nenn es siebten Sinn, keine Ahnung. Verhärtet hat sich der Verdacht tatsächlich erst, bei diesem Gespräch. Ich habe dich nämlich nicht das erste Mal vor mir. Das hat mir die Sache ungemein erleichtert. An dem Tag, an dem wir dich zum Mittagessen mitgenommen haben, da kam Olaf zu seinem Schreibtisch, als ich dich gefragt habe, ob du uns begleiten möchtest. Du hast ihm Blicke zugeworfen, von denen ich jetzt weiß, dass es ängstliche waren. Du wusstest, dass er dir das nicht gestatten würde, wenn er dich auf der Dienststelle offen als Sub behandeln könnte. Hab ich recht?«
»Sklave«, korrigierte ich krächzend. Für Olaf hatte ich von Anfang an Sklave sein müssen. Als Sub reichte ich ihm nicht.
»Wie dem auch sei. Eben habe ich gemerkt, dass du uns gegenüber viel lauter bist, mehr in Konfrontation gehst. Das hat dich letztendlich verraten. Vor ihm kuschst du, vor uns nicht.«
»Ich kusche nicht vor ihm.«
»Nein, deswegen hast du ja auch diese Verletzungen«, entgegnete Steffen.
Kai
»Ihr versteht das nicht!«, brauste er plötzlich auf; wahrscheinlich durch Steffens schonungslose Worte verursacht.
»Dann klär uns auf«, forderte ich.
»Was gibt es da aufzuklären?! Ich stehe auf Schmerzen. Er hat es halt diesmal etwas übertrieben, mehr aber auch nicht!«, spie er.
»Du willst also sagen, dass es normalerweise einvernehmlich ist, ihm nur diesmal ein Ausrutscher passiert ist?«, wollte ich es genauer wissen.
»Ja!«
»Ich glaube dir nicht. Vor allem, da du vieles bist, aber sicherlich nicht masochistisch.«
»Warum?! Wenn es doch nun mal so ist!«
»Ich glaube es dir nicht«, sprach ich und beobachtete ihn in Ruhe.
Ich konnte innerlich von drei runterzählen, so stark konnte man ihm die bevorstehende Explosion ansehen. Bei eins sprang er von seinem Stuhl auf. Ich war leicht erstaunt, dass er so gar keinen Schmerz zeigte, obwohl seine Fußsohlen bei der Belastung brennen mussten.
»Wisst ihr was?! Ist mir egal, was ihr denkt! Es ist einvernehmlich! Glaubt das oder lasst es bleiben! Ich gehe jetzt!«
»Du setzt dich wieder!«, donnerte ich mit meiner Dom-Stimme durch die Küche, was ihn in seiner Bewegung einfrieren ließ.
Die Zeit nutzte Steffen, um sich in aller Ruhe in der Küchentür zu positionieren, sodass seine Fluchtmöglichkeit gleich null lag. Es dauerte fünf Sekunden, bis er wieder zum Leben erwachte. Wütend funkelte er mich an.
»Du hast mir nichts zu sagen! Wenn ich gehen will, gehe ich!«, begehrte er erneut auf.
»Renko, wen willst du mit dieser Aktion schützen?«, fragte ich ruhig in seine Wut hinein.
Er funkelte mich weiter an, aber er verriet sich. Mit einem winzigen Zucken der Unterlippe. Ich hatte ins Schwarze getroffen. Das war alles, was ich hatte erreichen wollen. Zu wissen, dass meine Gedanken auf dem richtigen Weg waren. Bevor er etwas sagen oder seine Flucht planen konnte, winkte ich ihn mit einer Hand zu mir.
»Komm mal her«, bat ich ihn mit sanften Worten. Nun war ich wieder komplett ich selbst und nicht der Polizist.
»Nein! Ich …«, stammelte er.
Ich seufzte, stand auf und überbrückte den Abstand zwischen uns und zog ich ihn in meine Arme. Er sträubte sich einen Moment, dann fiel die Anspannung allerdings ab und ich spürte, wie die Schluchzer seinen Körper zum Beben brachten. Mit einer Hand an seinem Hinterkopf drückte ich ihn an mich. Die andere lag vorsichtig auf seinem Rücken, bemüht, keine zusätzlichen Schmerzen auszulösen.
»Ist ja okay. Wir sind jetzt für dich da«, redete ich beruhigend auf ihn ein.
Ich sah zu Steffen, der auch sichtlich erleichtert war, dass der Teil des Gesprächs vorbei war.
»Ihr seid gemein, dass ihr meine Gefühle so aufhetzt«, beschwerte er sich.
Ich lachte leise. »Noch nie was von Verhörtechniken gehört?«
»Doch, klar, aber nicht auf der Seite der Person, die dabei durch die Mangel gedreht wird«, klagte er.
»Du hättest es einfacher haben können. Dir muss doch klar gewesen sein, dass wir nicht lockerlassen.«
»Mhm.«
»Und was den Teil angeht, den du jetzt immer noch nicht verraten hast, lass dir gesagt sein, auch das finden wir noch heraus«, teilte ich ihm offen mit.
»Ich habe nichts …«, setzte er an, aber ich ließ ihn nicht ausreden.
»Doch hast du. Versuch erst gar nicht, aus dem Netz wieder herauszukommen, das klappt nicht.«
Jetzt schwieg er und blieb still in meinen Armen stehen. Er akzeptierte hoffentlich, dass wir ihn nicht in Ruhe ließen.
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