344 Zur Antwort gab da Sigfrid: »So wie es steht mit mir,gibst du mir deine Schwester, so will ich helfen dir,die schöne Kriemhilde, die Königstochter hehr;keinen Lohn begehr ich für meine Hilfe dann mehr.«
345 »Das gelobe ich«, sprach Gunther, »Sigfrid, dir in die Hand.Kommt die schöne Brünhild her in dieses Land,so will ich dir zum Weibe meine Schwester geben,so magst du mit der Schönen immerdar in Freuden leben.«
346 Sie schwuren darauf Eide, die beiden Recken hehr.Doch schuf es ihnen Mühe bei weitem noch mehr,ehe sie die Wohlgezierte brachten an den Rhein.Drum mussten die Vielkühnen noch in starker Sorge sein.
347 Von manchem wilden Zwergen habe ich hören sagen,es sei in hohlen Bergen und zum Schirm zu tragen,was Tarnkappe heißet, von wunderbarer Art:wer sie hat an seinem Körper, der solle sein gar wohlbewahrt
348 vor Hieben und vor Stichen. Ihn könne auch niemand sehn,wenn er darein gehüllet. Aber hören und spähnkönne er nach seinem Willen, obwohl ihn niemand sieht.Er sei auch viel stärker, teilt uns dies Abenteuer mit.
349 Mit sich führte Sigfrid die Tarnkappe dann,die der kühne Degen mit großer Mühe gewanneinst von einem Zwerge; der hieß Alberich.Da rüsteten die kühnen Recken zu der Ausfahrt sich.
350 Wenn der kühne Sigfrid die Tarnkappe trug,dann hat er in der Hülle Kräfte genug:zwölf Männer Stärke zu seinem eignen Leib.Er gewann mit großen Listen das gar herrliche Weib.
351 Auch war diese Tarnhaut also getan,dass in ihr wirken konnte ein jeglicher Mann,was er selbst begehrte, so dass ihn niemand sah.So gewann er Brünhild, wodurch ihm Leides einst geschah.
352 »Du sollst mir sagen, Sigfrid, eh unsere Fahrt ergeh,wie wir mit vollen Ehren kommen über See.Sollen wir Ritter führen in Brünhildes Land?Zweitausend Degen, danach wird leicht nun ausgesandt.«
353 »So viel«, sprach Sigfrid, »an Volk wir führen hin,die Königin heget so grimmigen Sinn,die müssten alle sterben durch ihren Übermut.Ich will Euch besser raten, Degen tapfer und gut.
354 Wir müssen in Reckenweise fahren hinab den Rhein;die will ich Euch nennen, die bei uns sollen sein:mit uns zwein noch zweie, sonst keiner auf See.So gewinnen wir die Fraue, wie es auch danach ergeh.
355 Der Gefährten seid Ihr einer, der andre will ich sein,Hagen sei der dritte – so mögen wir wohl gedeihn.Dankwart sei der vierte, der vielkühne Mann;so mögen wohl zweitausend im Kampf uns nimmer greifen an.«
356 »Die Kunde wüsst ich gerne«, der König sprach also,»eh wir von hinnen scheiden; darüber wär ich froh,was für Kleidung wir sollen vor Brünhilde tragen,die uns da wohl gezieme, das müsst Ihr mir alsbald nun sagen.«
357 »Die besten Gewande, die man jemals fand,trägt man zu allen Zeiten in Brünhildes Land.Drum müssen wir reiche Kleidung vor der Fraue tragen,die uns nicht Schande mache, hört man davon die Nachricht sagen.«
358 Da sprach der gute Degen: »Ausgehe selbst ich dannzu meiner lieben Mutter, ob ich erreichen kann,dass ihre schönen Mägde uns rüsten unser Kleid,das wir mit Ehren tragen vor der herrlichen Maid.«
359 Hagen von Tronje sagte mit herrlichen Sitten:»Was wollt Ihr Eure Mutter um solche Dienste bitten?Lasst Eure Schwester hören, worauf geht unser Mut!So kunstreich ist die Schöne, dass die Kleider werden gut.«
360 Da entbot er seine Schwester, dass er sie wollte sehn,und auch der Herr Sigfrid. Eh dass dies geschehn,legte an die Schöne ein gar schmuckes Kleid;dass sie sie sehen wollten, war sie froh und gern bereit.
361 Geschmückt war ihr Gesinde, wie ihr zu es kam.Die Fürsten kamen beide. Da sie das vernahm,erhob sie sich vom Sitze. In Züchten sie da ging,als sie den edlen Fremdling und ihren Bruder auch empfing.
362 »Willkommen sei, mein Bruder, und der Gefährte dein!Die Kunde wüsst ich gerne«, sprach das Mägdelein,»was Ihr wollt erreichen, da Ihr zu Hofe kommt.Das lasst mich beide hören, was Euch Hochgemuten frommt!«
363 Da sprach der reiche König: »Frau, ich will Euch sagen:wir müssen große Sorge bei hohem Mute tragen;wir wollen zu Hofe reiten fern in fremdes Land.Wir müssen zu der Reise haben prächtiges Gewand.«
364 »Nun setzt Euch, lieber Bruder«, sprach das Königskind,»lasst mich die Kunde hören, wer die Frauen sind,die Ihr begehrt zur Minne in anderer Fürsten Land!«Die Auserwählten beide nahm die Maid da bei der Hand.
365 Da ging sie mit den Degen, wo sie selber saß.Prächtige Polster – ihr sollt glauben das –bei ihr allenthalben auf dem Boden lagen.Bei der Fraue konnte es den Helden wohl behagen.
366 Gar liebliche Blicke und minnigliches Sehn,das mochte zwischen beiden da gar viel geschehn:er trug sie in dem Herzen, sie war ihm Leben und Leib.Durch treuen Dienst erwarb ers, dass sie doch später ward sein Weib.
367 Da sprach der König Gunther: »Vieledle Schwester mein,ohne deine Hilfe könnte es nimmer sein:wir wollen zu Wettspielen ziehn in Brünhilds Land.Da brauchen wir zum Tragen vor den Frauen herrliches Gewand.«
368 Da sprach die Königstochter: »Viellieber Bruder mein,was ich von meiner Seite Euch kann zur Hilfe sein,des sollt Ihr innewerden, dass ich dazu bereit;versagt es Euch eine andre, das wäre Kriemhilden leid.
369 Ihr sollt mich, edle Ritter, nicht in Sorgen bitten;Ihr könnt mir gebieten mit hochgemuten Sitten:was Euch gefalle, dazu bin ich bereitund tu es guten Willens«, sprach die herrliche Maid.
370 »Wir wollen, liebe Schwester, tragen ein gut Gewand.Das soll bereiten helfen Eure weiße Hand.Das fertigen Eure Mägde, dass es uns prächtig steht,da mich für diese Reise niemand anders sonst berät.«
371 Die Jungfrau da sagte: »Ich will Euch gern es sagen,ich habe da Seide. Nun lasset her uns tragenGestein auf den Schilden! So machen wir jedes Kleid,dass Ihr es tragt mit Ehren vor der herrlichen Maid.«
372 »Wer sind die Gefährten«, sprach die Königin,»die mit Euch gekleidet zu Hofe sollen ziehn?«»Das bin ich und Sigfrid und meiner Degen zwei,Dankwart und Hagen; die sind auf dieser Fahrt dabei.
373 Nun merket, liebe Schwester, recht, was wir sagen:dass wir vier Gefährten tragen an vier Tagenje zweierlei Kleider und also gut Gewand,dass wir ohne Schande verlassen können Brünhilds Land.«
374 Das gelobte sie den Recken. Die Herren schieden dann.Da rief von ihren Jungfraun dreißig Maide heranaus ihrer Kemenate Kriemhild, die Königin.Die Wohlgeschickten hatten für die Kunst einen rechten Sinn.
375 Allerhand Seide und weiß wie der Schneeaus Zazamank, dem Lande, grün wie der Klee,da hinein legten sie Steine. Es ward manch gutes Kleid.Zu schnitt es Kriemhild, die gar minnigliche Maid.
376 Von fremder Fische Häuten Bezüge wohlgetan,zu schauen wert den Leuten, so viel man deren gewann,die deckte man mit Seide, Gold war aufgetragen.Man konnte große Wunder von der glänzenden Kleidung sagen.
377 Aus dem Land Marokko und auch aus Libiadie allerbeste Seide, die man jemals sahKönigssippen tragen, die hatte sie genug.Die Frau ließ wohl erkennen, dass Hulde sie im Herzen trug.
378 Weil zu der Hofreise sie hatten so begehrt,die Hermelinpelze dünkten sie wenig wert;Seide lag da oben, gar schwarz anzusehn,wie sie schnellen Degen mag zu Festlichkeiten stehn.
379 Aus arabischer Seide glänzte mancher Stein.Die Mühe der Frauen, die war nimmer klein.In sechs Wochen fertig war dann jedes Kleid.Da waren auch die Waffen für die guten Recken bereit.
380 Als sie gerüstet waren, war ihnen auf dem Rheinfleißig auch gezimmert ein starkes Schifflein,das sie tragen sollte nieder auf die See.Den schönen Jungfrauen schuf da ihre Arbeit Weh.
381 Da sagte man den Recken, ihnen sei gemacht,die sie da tragen