Besondere Erlebnisse
Ein sehr einprägsames Erlebnis war eine Begegnung mit einem Mann namens W. Mitchell. Er hat eine sehr spannende Biografie hinter sich: Bei einem Motorrad-unfall, den er äußerst knapp überlebte, hat er stärkste Verbrennungen erlitten. Über 80 Prozent seiner Haut waren betroffen. Letztendlich hat er überlebt und es irgendwie geschafft, wieder auf die Beine zu kommen – psychisch und physisch. Im Laufe der Monate durchlief er lange Reha-Maßnahmen, um dann später eine neue Karriere zu starten. Mit den veränderten optischen Voraussetzungen (um es sehr diplomatisch auszudrücken) hat er es geschafft, Bürgermeister einer kleinen Stadt zu werden. Vier Jahre nach diesem Unfall saß er als Pilot in einem Kleinflugzeug, das beim Start einen Unfall hatte. Alle anderen Insassen konnten mit nur leichten Verletzungen aufstehen. Mitchell nicht. Seitdem ist er querschnittsgelähmt. Spätestens nach diesem zweiten Schicksalsschlag hätten fast alle Menschen aufgegeben. Mitchell nicht. Seit einiger Zeit schafft er es sogar auf die Bühne und ist mittlerweile ein international sehr gefragter Referent. Er scheint sein Leben auch sonst relativ gut auf die Reihe zu bekommen, trotz dieses Handicaps, das die Mehrzahl der Menschheit nicht hat. Er hätte für vieles eine sehr gute Ausrede. Das nächste Mal, wenn Sie sich bei einer Ausrede ertappen: Stellen Sie sich die Frage, was Mitchell wohl dazu sagen würde.
Natürlich gibt es unter meinen Begegnungen wesentlich mehr Geschichten, die deutlich weniger spektakulär sind. Geschichten von Menschen wie Sie und ich, die einen ganz normalen Alltag haben, aber auch ganz alltägliche Probleme – zum Beispiel mit Kindern, die nicht schlafen wollen, wenn Eltern es wollen. Was ich einfach nur zum Ausdruck bringen will ist: Es gibt gewisse Gemeinsamkeiten, die wir Menschen fast alle haben. Es gibt bestimmte Herausforderungen, für die es in sehr vielen Fällen auch sehr gute Lösungen bei anderen Menschen gibt, die ähnliche Herausforderungen hatten. Davon werden Sie im Laufe dieses Buchs profitieren und somit in einigen Bereichen von den „Besten“ lernen. Damit meine ich ausdrücklich nicht meine Person. Ich fühle mich eher wie bei einem übersetzten Sprichwort, das lautet: Auf den Schultern eines Riesen kann ich sehr weit sehen. Es gab mittlerweile sehr viele Riesen, auf die ich mich „stellen“ konnte, von denen aus ich möglicherweise eine etwas andere Perspektive habe als viele andere Menschen.
Lernen von den Besten
Zum Thema „Lernen von den Besten“ gebe ich Ihnen zwei Beispiele: Brian Tracy ist ein sehr erfolgreicher Redner. Nebenbei schafft er es seit einigen Jahren, vier Bücher jährlich zu publizieren, welche fast alle Bestseller werden. Er hat rund 100 Trainings- und Vortragseinsätze im Jahr, hat immer eine Unzahl von Projekten parallel laufen und dennoch über 100 Tage im Jahr frei. Das ist für mich, vor allem als jemand, der sich in derselben Branche bewegt, ein sehr gutes Beispiel für gelebte Effektivität. Verallgemeinert und auf gut Deutsch ausgedrückt: Beruflich weit überdurchschnittliche Dinge hinbekommen und gleichzeitig ein sehr gesundes Maß an Freizeit zu haben – das ist für mich wirkliche Effektivität.
Mit „Lernen von den Besten“ meine ich aber auch das Erlernen sehr spezifischer, nützlicher Fähigkeiten, die Zeit sparen. Sehr intensiv habe ich eine Dame namens Anne Jones analysiert. Sie hat sechs Jahre hintereinander die Schnelllese-Weltmeisterschaften gewonnen. So etwas gibt es wirklich. Da trifft sich ein Haufen Verrückter, die ihr Lesetempo und ihr Textverständnis messen lassen. Ersteres wird dann ausgedrückt in Wörtern pro Minute. Das sind quasi die km/h, mit denen man liest. Letzteres wird gemessen im Anteil der richtig beantworteten Fragen zum Text. Diese beiden Zahlenwerte werden miteinander multipliziert. Wer in der Multiplikation den besten Wert hat, ist dann der Weltmeister im Schnelllesen. Bei einem öffentlichen Auftritt hat Anne Jones einen Harry-Potter-Band mit knapp 800 Seiten in 47 Minuten geschafft und hat anschließend über 70 % aller Fragen zum Text richtig beantworten können. Kurz vor dem Schreiben dieser Zeilen habe ich den aktuellen Weltmeister im Namenmerken interviewt (erhältlich als Audio-CD), Boris Nikolai Konrad. Es ist spannend und lehrreich zugleich, von solchen Menschen zu lernen.
Vor mittlerweile vielen Jahren habe ich mir die Frage gestellt, ob es sein kann, dass solche Menschen nicht einfach nur Glück hatten mit ihrem Talent und ihrer Genetik. Vielleicht gibt es vielmehr bestimmte Muster, Gründe und Verhaltensweisen, die zu hervorragenden Ergebnissen in verschiedenen größeren und kleineren Lebensbereichen führen. Ich bin der Meinung, dass es das Gesetz von Ursache und Wirkung in vielen Bereichen gibt. Wo es eine Wirkung gibt (bspw. so schnell lesen zu können oder sich 201 Namen in 15 Minuten merken zu können), gibt es in der Regel auch eine oder mehrere Ursachen, die zu dieser Wirkung führen.
Möglichst effektiv wollen wir sein. Was heißt überhaupt Effektivität? Es gibt viele verschiedene Definitionen. Für mich ist Effektivität dann gegeben, wenn Erfolg einerseits und Zufriedenheit andererseits zusammentreffen. Das Eine ist ohne das Andere nicht viel wert. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Erfolg ohne Zufriedenheit (im Sinne von Erfüllung) kein Erfolg ist.
Ein paar Begrifflichkeiten
„Ich wusste es wurde Zeit, unsere Organisation zu vereinfachen, als wir anfingen unsere Abkürzungen abzukürzen.“
Oft werde ich gefragt: „Herr Davis, was ist denn überhaupt der Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz?“ Angenommen, Sie leben in München und wollen geschäftlich nach Moskau. Wenn Sie einen Kompass haben, diesen korrekt bedienen und somit in die richtige Richtung marschieren, dann sind Sie zwar effektiv (Sie kommen irgendwann an), aber nicht effizient (dauert lange). Wenn Sie einen Direktflug von München nach Moskau nehmen, dann sind Sie sowohl effektiv als auch effizient. Wenn Sie sich in einen Flieger nach Südafrika setzen, dann sind Sie nicht effektiv. Ihr Ziel war ja ein anderes, nämlich Moskau. Immerhin sind Sie effizient, da das Verkehrsmittel (zumindest zeitlich betrachtet) eine gute Relation zwischen Input (Ihr Zeiteinsatz) und dem Output hat (ans Ziel kommen). Diese hohe Effizienz bringt Ihnen aber nichts. Es ist wie mit der besten Leiter der Welt, die an der falschen Mauer steht. Hoffentlich handelt es sich hierbei nicht um Ihre Karriereleiter. Preisfrage: Welche Kombination haben Sie, wenn Sie zu Fuß in Richtung Südafrika loslaufen? Effektiv? Effizient? Es ist die Kombination: Ihnen ist nicht zu helfen.
Eine zweite definitorische Frage: Was ist der Unterschied zwischen wichtig und dringend? Dingend ist eine rein (!) zeitliche Komponente. Wenn Sie noch viel Zeit bis zu einer Deadline haben, dann ist die Sache nicht dringend. Übrigens ist Deadline ein spannendes Wort. Dead-Line: die Todes-Linie. Dieses Wort bringt ein anderes Gefühl mit sich als das Wort Abgabetermin. Egal. Wenn Sie bis zur Deadline nicht mehr viel Zeit haben, dann ist die Angelegenheit dringend. Schon jetzt sei angemerkt, dass die Dringlichkeit nichts mit der Wichtigkeit zu tun hat. Bei der Wichtigkeit geht es um die Auswirkung. Hat etwas eine starke Auswirkung (in einem relevanten Bereich), dann ist die Sache wichtig. Wenn die Auswirkung geringer ist, dann ist auch die Wichtigkeit niedriger. Eine große Gefahr für unser Zeitmanagement besteht darin, Wichtigkeit und Dringlichkeit zu verwechseln. Aber dazu später mehr.
Im Folgenden lernen Sie zweierlei kennen: zum einen Denkprinzipien hocheffektiver Menschen, damit Sie in Planungssituationen, bei Entscheidungen und im Eifer des Gefechtes den sprichwörtlichen „Wald vor lauter Bäumen“ weiterhin sehen, also nicht die Übersicht und somit Ihre Zeitintelligenz und Zeitsouveränität verlieren. Zum anderen erhalten Sie eine ganze Menge Einzeltipps, um an verschiedenen Stellen hier und da Zeit zu sparen, was in der Summe eine ganze Menge ausmachen wird. Genau genommen werden Sie in Summe 40 Einzeltipps erhalten, aus den unterschiedlichsten Bereichen. Diese sind primär beruflicher Natur, aber manche