Westend 17. Martin Arz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin Arz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783940839343
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mehr! Ihr habt mir alles weggenommen, ihr …«

      »Haben wir was gesagt?« Boro zückte ein Klappmesser und öffnete es. Mit der Spitze pulte er Dreck unter seinen Fingernägeln hervor. »Allerdings, wenn ich es mir recht überlege, dann könntest du dir noch ein bisschen Geld besorgen, oder? Schlechte Wohngegend hier! Da kommen die seltsamsten Gestalten vorbei, und am Ende wirst du noch überfallen.« Boro riss affektiert besorgt die Augen auf.

      »Schlechte Wohngegend«, echote Voitl und gackerte. Er hielt ein Stück Schnur zwischen den Händen, verknotete es, ohne hinzusehen, zu einem abenteuerlichen Gebilde und entknotete es wieder, um dann ein neues Gebilde zu knoten.

      »Was wollt ihr?«, fragte Arslan verzweifelt. Dann ärgerte er sich, dass man die Verzweiflung hören konnte. Er hatte sich geschworen, nicht mehr so leicht angreifbar zu sein.

      »Na, so, wie es hier aussieht, wollen wir dir unseren Schutz anbieten«, sagte Boro. »Wir würden uns wirklich große Vorwürfe machen, wenn dir hier was passieren würde. Darum passen wir auf dich auf. Für … sagen wir …« Er legte den linken Zeigefinger an die Lippen und sah nachdenklich in die Sterne. »… sagen wir zweitausend Euro. Du kannst natürlich auch heim zu Mami rennen und dich dort ausheulen.«

      »Hihihi«, jaulte Voitl los. »Zu Mami rennen! Das war neulich auch so bei dem Dings, weißt schon, der von Berlin – Tag & Nacht, der ist auch zu seiner Mami, weil …«

      »Hoit die Bappn, Oasch!«, sagte Boro ärgerlich. »Also, junger Mann. Wir geben dir eine ganze Woche Zeit. Eine ganze Woche! Dann ist das Geld da. Verstanden? Ich mach mir bloß ein wenig Gedanken, dass du uns nicht ernst nimmst und am Ende vergisst. Oder auf so dumme Gedanken kommst wie zum Beispiel Untertauchen. Wir finden dich, Bürscherl. Verlass dich drauf, wir finden dich immer und überall.«

      Boro ließ sein Messer dicht vor Arslans Augen tanzen. Dann setzte er die Spitze vorsichtig unter Arslans linkes Auge und fuhr mit dem Messer zart über seine Wange. Voitl gackerte. Boros Messer kam an Arslans Kinn zum Stillstand. Dann machte Boro eine schnelle Handbewegung, und sein Messer schlitzte Arslan die Wange auf.

      »Kleine Erinnerungshilfe«, sagte Boro und stand auf, während Arslan keuchend zusammensackte und mit beiden Händen versuchte, das Blut zu stoppen.

      »Valentin, ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du keinen solchen Schmarrn labern sollst, wenn wir arbeiten«, giftete Boro wütend, während er und Voitl langsam zwischen den Büschen im Dunkeln verschwanden. »Das ist unprofessionell. Du bist einfach nur blöd, du Oasch. Und wie oft soll ich dir eigentlich noch sagen, dass diese Scheiß-Serie keine Doku ist, sondern ein Fake. Das ist nicht das echte Leben. Das müsste selbst ein hirnamputierter Volloasch wie du kapieren.«

      »Ist es doch«, antwortete Voitl trotzig.

      »Nein, du Oasch! Und jetzt tu endlich diese bescheuerte Schnur da weg.« Boro riss Voitl die verknotete Schnur aus der Hand und warf sie ins Dickicht.

      »Mann!«, rief Voitl sauer. »Außerdem bin ich mir absolut sicher, dass wir hier schon mal waren!«

      »Blitzmerker!« Boro seufzte gequält.

      »Doch«, sagte Voitl, »weißt nimmer, als wir die Illegalen dort aus dem Häuschen vertreiben mussten, warum auch immer? Das war doch erst die Woche, oder? Da hast du dem einen die Hand gebrochen …«

      »Ich sag doch: Blitzmerker. Du bist so ein dämlicher Oasch.«

      »Das tut mir fei schon weh, wenn du mich immer so beschimpfst, als wäre ich blöd.«

      »Du bist blöd …«

      Die Stimmen verloren sich langsam in der Nacht. Arslan presste sein T-Shirt gegen die blutende Wunde und rappelte sich auf. Er begann zu heulen, weniger vor Schmerzen als vor Wut und Selbstmitleid. Er tastete nach seinem Handy, um Tayfun anzurufen. Doch seine Hand bekam nur ein paar Stofffetzen zu greifen. Seine beiden Hosentaschen waren aufgeschlitzt. Er war so abgelenkt gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie Boro ihm die Taschen aufgeschnitten und das Handy sowie den Geldbeutel herausgeholt hatte. Jetzt war für Arslan endgültig Schluss. Finito. Nie wieder Opfer sein. Arslan zog den Rotz die Nase hoch und wischte sich die Tränen weg.

      »Fuck!«, wollte Arslan schreien, doch der Schmerz in der Wange ließ nur ein undeutliches Gurgeln zu. ›Bis zur Klinik am Sendlinger Tor schaffe ich es‹, sagte Arslan zu sich selbst und taumelte los.

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